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Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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zu Rayem, der bisher vornübergebeugt dagestanden hatte, die Hände auf die Oberschenkel gestützt und nach Luft schnappend. »Vielleicht ist es besser, wenn du hier auf die anderen wartest«, schlug er vor.
    Rayem funkelte ihn wütend an. »Das könnte dir so passen«, zischte er.
    Rowarn zuckte gleichgültig die Achseln. »Ich meinte ja nur.« Er schloss zu Morwen auf, die gerade loslief, und Rayem blieb nichts anders übrig, als hastig hinterher zu keuchen.

    Je weiter sie vordrangen, desto düsterer wurde der Wald. Nadelgehölz übernahm die Herrschaft. Die Wege waren mit abgestorbenen Nadeln statt mit Blättern bedeckt, der Boden war weich und nachgiebig und weniger rutschig. Dafür sanken sie tiefer ein. Morwen entdeckte bald weitere verräterische Spuren. »Sie haben sich zusehends sicherer gefühlt und sind nachlässig geworden«, merkte sie Rowarn gegenüber an.
    »Mich wundert, dass sie ihre Spuren überhaupt so gut verwischen konnten«, versetzte er. »Hast du schon eine Vorstellung, um welche Bestien es sich handelt?«
    »Es gibt mehrere Möglichkeiten«, sagte Morwen ausweichend. »Und was denkst du?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gab er aufrichtig zu. »Solche Geschichten haben mir meine Muhmen nie erzählt. Ich wusste nicht einmal, dass es so etwas wie Bestien gibt.«
    »Unschuldiges, glückliches Kind, du«, murmelte sie, und er hörte Neid in ihrer Stimme.
    In diesem Moment vernahm Rowarn einen nur allzu vertrauten Laut und fasste Morwen am Arm. »Still!«, zischte er und bedeutete dem Rest der Gruppe, stehen zu bleiben. »Elenki!«
    Es war nur ein kurzer, dumpfer Ton gewesen, aber einem jungen Mann, der als unbedarftes Kind beinahe von dem Geweih eines Riesenhirsches aufgespießt worden wäre, nur zu beängstigend in Erinnerung.
    Ausnahmsweise begriff und akzeptierte Rayem sofort den Ernst der Lage und zückte sein Messer, während er rings um sich spähte.
    Die Fährtensucher und Morwen wirkten erstaunt, doch sie waren gut ausgebildet und stellten keine unnötigen Fragen, wenn eine Warnung ausgesprochen wurde.
    Und gleich darauf begriffen sie Rowarns Vorsicht.
    Um sie herum röhrten die Hirsche, dass es durch Mark und Bein ging, und dumpfes Trommeln auf dem weichen Waldboden, splitterndes Krachen, Prasseln und Bersten von Holz kündigten eine ganze Gruppe der Riesenhirsche an. Rowarn deutete nach rechts, wo die ersten braunen Leiber in einer wogenden Masse schon sichtbar wurden. Es war rätselhaft, wie sie es schafften, in der Enge eines Waldes mit den weit ausladenden Schaufelgeweihen so schnell und elegant durchs Unterholz zu springen.
    Unwillkürlich rückten die Menschen auf dem Weg zusammen, als links und rechts um sie die Elenki aus dem Unterholz hervorbrachen, um sie herumströmten und den Weg entlangdonnerten. Aus der entgegengesetzten Richtung erklang nur noch ein einziger, röhrender Schrei, der weit durch den Wald schallte.
    Dann tauchte der Herrscher des Waldes auf, der größte Elenki, den Rowarn je gesehen hatte, größer noch als seine Muhmen und mindestens genauso schwer. Er hatte einen langen grauen Bart; seine Halsmähne wallte an ihm herab, und das Rückenfell glänzte in einem silbernen Streifen. Er konnte sich nicht mehr schnell bewegen, nicht bei der Größe des gewaltigen Geweihs, mit dem er zehn nebeneinander stehende Männer gleichzeitig hätte angehen können. Aber er musste auch nicht schnell sein. Seine dunklen Augen glühten in einem wilden Feuer, als er auf den Weg trat, mit dem Körper fast dessen ganze Breite einnahm und sich selbstbewusst der Menschengruppe näherte.
    »Rayem, tu dein Messer weg, tritt dicht ans Dickicht beiseite und rühr dich nicht mehr!«, zischte Rowarn. »Das gilt für euch alle: Macht bloß keine Dummheiten!«
    Sie alle kamen umgehend der Aufforderung nach und stellten sich in einer Reihe auf, wie zu einer Parade. Langsam kam der alte Riesenhirsch heran. Sein Atem dampfte, als er ihn schnaubend aus den Nüstern blies. Rowarn schluckte und fühlte dieselbe Todesangst wie einst als Kind. 
    Er stellte sich dem Elenki entgegen und streckte die leere Hand aus. Die Augen zu Boden gerichtet, sang er leise eine Melodie, die er von seinen Muhmen gelernt hatte, um wild gewordene, zum Angriff entschlossene Hengste zu beruhigen. Eigentlich war es ein Schlaflied, das Mütter am Abend für ihre Kleinen sangen, doch es verfehlte seine Wirkung auch auf Tiere nicht.

    »Sei nur ruhig, mein kleiner Schatz,
    dein Vater kommt bald heim.
    Dunkel wird der Himmel

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