Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
mir und in Deckung.«
»Wie soll ich mich hinter dir dünnem Halm verstecken?«
Rowarn zog es vor, nichts darauf zu sagen. Als Gomwei durch den Knebel unterdrückte Laute ausstieß, versetzte er ihm einen Hieb mit dem Schwertgriff. Daraufhin verstummte der Mann erneut.
Als sie hinaustraten, herrschte immer noch Zwielicht, und Rowarn konnte den verdutzten Gesichtern der Wache ansehen, dass sie nicht begriffen, was vor sich ging. Ihr Anführer stand gefesselt und geknebelt da, und sie konnten niemanden sehen ... bis Rowarn das Zwielicht verließ und sein Schwert auf den Posten zu seiner Linken richtete. Sein rechter Arm lag nach wie vor um Gomweis Hals, die scharfe Schneide des Messer dicht an der Kehle des Mannes. Er durfte keine falsche Bewegung machen. Gleichzeitig trat Pyrfinn aus seiner Deckung und bedrohte den rechten Posten.
Blinzelnd kam nun auch Mirella aus den Schatten hervor. An den Handgelenken hatte sie stark gerötete Striemen und Abschürfungen, und sie sah im jungen Tageslicht sehr blass aus, aber der entschlossene Zug um ihren Mund hatte sich nicht verändert.
»Ein Laut, und er stirbt zuerst, und dann ihr«, warnte Rowarn, als die beiden Wachen sich zögernd ansahen. Pyrfinn ließ sie nicht zu einer Entscheidung kommen und schlug sie bewusstlos. Wie einst Morwen kannte auch der Zwerg genau die Nervenstellen, mit denen ein Gegner ohne besonderen Kraftaufwand ausgeschaltet werden konnte – wenn man denn nah genug an ihn herankam.
»Nimm ihnen die Waffen ab und wirf sie weg, bis auf die Speere«, ordnete Rowarn an.
Nun kam der kritische Moment – sie konnten nicht auf demselben Weg zurück, wie sie gekommen waren. Mirella war zu geschwächt und Gomwei gefesselt, zudem bot das Tageslicht keine Deckung. Also mussten sie auf direktem Wege ins Tal hinunter und dann durch die Schlucht, mit den Leuten der Siedlung und den Aalreitern im Genick.
»Pyrfinn, du gehst auf der Leiter voran, dann Gomwei, zuletzt Mirella. Gomwei, ich löse jetzt deine Handfesseln. Mach keine Dummheiten, ich bin schneller und besser ausgebildet als du. Ich werde dich bei der kleinsten falschen Bewegung so verletzen, dass du dir wünschst, tot zu sein – und trotzdem wirst du noch laufen können.«
Der Zwergenläufer war schon auf dem Weg nach unten, dabei ließ er den Gefangenen keinen Moment aus den Augen. Mirella hatte keine Schwierigkeiten zu folgen, obwohl ihr Gesicht schmerzverzerrt war und die Striemen an den Gelenken zu bluten anfingen.
Eine Frau, die soeben gähnend und sich streckend aus ihrer Höhle trat, entdeckte die seltsame Gesellschaft und schlug laut schreiend Alarm. Sofort waren oben die Aalreiter auf dem Posten, Rowarn zählte insgesamt acht, und wollten sich auf den Weg ins Tal machen.
»Zurück!«, brüllte Rowarn, und seine Stimme klang als vielfaches Echo bis zu ihnen hinauf. Er suchte einigermaßen Halt auf der Leiter und packte Gomwei, riss ihm den Kopf hoch und setzte ihm das Messer wieder an die Kehle. »Keine Bewegung, oder euer Anführer stirbt ... und eure Geisel ebenfalls! Ich schaffe das Mädchen hier raus, ob lebend oder tot. Wenn wir König Jokim den Leichnam seiner Tochter bringen und ihm mitteilen, dass ihr sie ermordet habt, wird er nicht erfreut sein – wie lange wird eure Siedlung dann wohl noch stehen? Und ihr seid führerlos!«
Mirella starrte Rowarn überrascht an, dann nickte sie anerkennend.
Die Wächter zögerten und hielten inne.
»Weg mit den Speeren!«, befahl Rowarn weiter. »Lasst sie fallen, alle! Sofort! « Um seiner Entschlossenheit Nachdruck zu verleihen, fügte er Gomwei eine Schnittwunde am linken Oberarm zu. Der Mann wand sich vor Schmerz und stieß unterdrückte Laute aus.
Die Wächter konnten an den Bewegungen und der Haltung des Anführers sehen, dass die Lage ernst war. Jeder musste für sich abschätzen, ob es das Risiko wert war, welche Chancen sie tatsächlich hatten. Als der erste Speer fiel, folgten die anderen rasch nach.
»Weiter!«, zischte Pyrfinn. »Ich habe dich genau im Auge, Gomwei.«
Die halbe Siedlung war bereits zusammengelaufen, als sie endlich den Talgrund erreichten. Nur wenige bewaffnete, zumeist ältere Männer waren darunter, hauptsächlich waren es Frauen, doch auch sie hatten nach Messern und Spitzstangen gegriffen. In diesem Augenblick stieg die Sonne über die Felsgrate und schickte einen strahlenden Tag herab ins Tal, vertrieb energisch die letzten Schatten und die nächtliche Kühle.
Rowarn packte Gomwei und hielt ihn vor
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