Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
zierlich aussehenden Hautflügel zu gewaltigen Schwingen aus, die einen regelrechten Sturm auslösten, als er einmal damit auf und abschlug.
»Aber sicher sehen wir uns wieder«, antwortete der Zauberer, und Rowarn sah seine Zähne durch die Dunkelheit leuchten, als er lachte. »Lebe wohl und in Frieden, Perlmond, junger König von Ardig Hall. Es war mir eine Ehre.«
Kurz darauf war der Drache mit seinem Reiter nur noch ein kleines fernes Licht in der Dunkelheit, ein Stern von vielen, der ruhig über den Himmel zog.
»Ganz meinerseits«, sagte Rowarn völlig verdattert, aber nur die fröhlich flackernden Flammen konnten ihn noch hören.
Rowarn aß und trank, dann legte er sich hin. Er fühlte sich tatsächlich sehr erschöpft und nicht in der Lage, gleich ins Freie Haus zu gehen. Eine Weile benötigte er für sich, um wieder ganz in die Welt der Lebendigen zurückzukehren. An seinen Tod hatte er keine Erinnerung mehr, er wusste nur noch, dass er in ein finsteres Loch gefallen und dann hier erwacht war. Vielleicht wäre es besser gewesen, in die Vergessenheit einzutauchen, und er war Halrid Falkon auch jetzt nicht dankbar, die Bitte der Èta Garon Marú erfüllt zu haben.
Trotz seiner Müdigkeit konnte er lange nicht schlafen. Stundenlang lag er wach und starrte zum finsteren Himmel hoch, dessen Sterne ihm heute keinen Trost bieten konnten. Seine Augen waren trocken, denn er gestattete sich nach wie vor keinen Kummer, obwohl sein gebrochenes Herz entsetzlich schmerzte. Erst, wenn der Kampf um das Tabernakel beendet war, durfte er sich Trauer erlauben. Jetzt brauchte er alle seine Kräfte, und es war besser, nicht darüber nachzudenken. Oder gar ihren Namen auszusprechen. Der Ring war noch immer bei ihm, obwohl er nur eine schmerzliche Erinnerung darstellte, die vermutlich nie verblassen würde. Aber Rowarn brachte es nicht über sich, ihn jetzt abzuziehen und wegzuwerfen. Später, vielleicht, wenn ... es vorüber war. Dann würde er alles beenden und entscheiden, wie es danach weitergehen sollte.
Rowarn wandte eine Übung der Tiefen Ruhe an, die ihm schließlich dabei half, alle Gedanken, die nichts mit Femris oder dem Tabernakel zu tun hatten, zu verbannen. Und als er endlich soweit war, schlief er ein.
Im frühen Morgengrauen erwachte er wieder, rieb sich mit dem Rest des Wassers Gesicht und Körper ab und zog sich an; es erschien ihm seltsam, nachdem er so lange nackt gewesen war. Er wäre lieber so geblieben, entblößt und leer, denn es gab nichts mehr zu verbergen oder zu offenbaren. Doch sein Körper war anderer Ansicht, denn er fror in der kalten Morgenluft.
Als Rowarn sich umsah, erblickte er eine vertraute Steppe und einen tiefhängenden, bewölkten Himmel, der an den unteren Rändern violett leuchtete. Er musste sich nahe der südlichen Grenze des Dämonenlandes und der östlichen Grenze von Warinland befinden, abseits aller Wege. Nicht einmal Tiere schienen sich hierher zu verirren, alles war still.
Der große alte Baum war versteinert. Vielleicht war er die letzte Erinnerung an den Wald, den es hier einst gegeben haben mochte.
Rowarn ging darauf zu und hoffte, dass Halrid Falkon ihn nicht genarrt hatte – und der Zugang sich inzwischen nicht geschlossen hatte. Aber als er den Stamm erreichte, sah er den eingeritzten Rahmen einer Tür und ein hervorstehendes Stück Borke, wie ein Knauf.
Als Rowarn die Borke berührte, glühte der geritzte Rahmen auf, Licht strömte heraus, dann löste sich der Baum innerhalb der Umrandung auf, und Rowarn erkannte undeutlich einen Tisch und Bänke in einem holzverkleideten Raum.
Mit schweren Schritten und gesenkten Hauptes, ohne sich noch einmal umzusehen, betrat er das Freie Haus.
Es war heller Tag, und das durchs Fenster hereinströmende Sonnenlicht blendete ihn. Rowarn blinzelte und beschattete seine Augen, doch mehr als dunkle Konturen und Schemen konnte er noch nicht erkennen.
Da hörte er eine weiche melodische Stimme. »Rowarn! Endlich. Ich hatte solche Angst ...«
Er sah dorthin, von wo er den Klang hörte, und da stand sie, seine Königin, lebendig und unversehrt. Sie lächelte leicht, doch sie war blass vor Sorge.
»Arlyn«, stieß Rowarn hervor.
Das war zu viel für ihn. Er verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war, und verlor das Bewusstsein.
Als Rowarn wieder zu sich kam, lag er im Bett des Gastzimmers, und Arlyn hielt ihn in ihren Armen. Er sah sie an und weinte. »Er ließ mich glauben, du seist tot ...« Er konnte
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