Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
kein Glück empfinden, dafür war der Schmerz zu groß, der Schock saß zu tief.
»Mir ist nichts geschehen«, wisperte sie und strich durch seine Haare. »Ich war die ganze Zeit hier. Aber ich konnte spüren, wie du dich verloren hast. Lange Zeit brauchte es, bis ich erkannte, dass du immer noch da warst. Doch dann versiegte deine Lebenskraft, und das Licht deiner Seele erlosch. Ich wollte dir folgen, aber ich konnte die Tür nicht öffnen. Ich befürchtete bereits, du seist ...«
Er wischte die Tränen ab und richtete sich leicht auf, hob die Hand zu ihrem Gesicht und betrachtete sie. »Du hast denselben Schmerz durchlitten«, erkannte er kummervoll. »Aber wie ist es möglich, dass du lebst? Ich kann das nicht geträumt haben ...«
»Erzähl es mir«, forderte sie ihn auf. »Was ist passiert?«
Und er berichtete ihr von dem Wächter an der Grenze zum Reich der Dämonenfrauen. »Es war so wirklich, und du hast Dinge gesagt, die nur wir beide wissen konnten ... ich roch dein Blut ... und ich spürte, wie du ...« Er konnte nicht zu Ende sprechen.
Arlyns schlanke Finger berührten seine Wange. »Rowarn, was dort geschehen ist ... war pure Magie. Sie ist der eigentliche Wächter. Sie ballt sich zusammen, sobald jemand die Grenze betritt, der keine Dämonenfrau ist, und dann ...« Sie zögerte, schien nicht zu wissen, wie sie fortfahren sollte.
»Bitte«, wisperte er. »Ich muss es verstehen.«
»Monuur«, sagte sie daraufhin langsam, »warst du .«
Ihm stockte der Atem. Für einen Moment wurde ihm schwindlig, alles drehte sich vor seinen Augen. »Aber ...«
»Die Magie holte deine größte Angst hervor«, fuhr Arlyn fort. »Sie erkannte, wovor du dich am meisten fürchtest und konfrontierte dich damit. Du hast dir selbst diese Prüfung auferlegt und dich ihr zugleich unterworfen. Du bist auf den Grund deines Selbst getaucht, und der darin lauernde Schrecken und deine größte Verletzlichkeit manifestierten sich in Monuur.«
Rowarn brach erneut in Tränen aus. »Was habe ich nur getan ... o Arlyn, verzeih mir, ich bin zu weit gegangen ...«
»Du redest Unsinn«, flüsterte sie. »Nun weißt du, wie weit du gehen kannst und notfalls wieder gehen wirst. Du bist weiter gegangen als jeder andere, weiter als dein Vater und, ja, ich möchte behaupten, als die meisten Götter. Du hast den letzten Pfad beschritten und Erkenntnis erlangt. Jetzt wirst du fähig sein, das Tabernakel zu heilen. Und Ardig Hall wird als Wahrzeichen des Friedens mächtiger denn je sein.« Sie küsste zart seine kalte Stirn.
Ganz zaghaft regte sich sein wiedergeborenes und gesundendes Herz. Rowarn spürte es schlagen, und je mehr es erstarkte, desto mehr wich der Schmerz. Er bettete den Kopf an Arlyns Brust, spürte dankbar ihre heilende Aura, die ihn schützend umhüllte, schloss die Augen und schlief ein.
Als er erwachte, war es bereits dunkel, und ein Nachtlicht spendete milden Trost. Arlyn öffnete die Augen, als Rowarn sich regte. Er richtete sich auf, berührte ihr Gesicht, tastete die feinen Linien und Konturen ab. Neigte den Kopf und berührte ihre Lippen mit seinen, schmeckte die unvergleichliche Süße, spürte ihre lebendige Wärme. Rowarn drehte sich auf die Seite, schloss seine Arme um Arlyn und zog sie an sich, hielt sie so fest, wie er nur konnte. Darüber schlief er wieder ein.
Beim dritten Erwachen dämmerte bereits ein neuer Morgen, und nun fand Rowarn die Kraft, Arlyn alles über seine Fahrt zu berichten; das dauerte, bis der Vormittag anbrach. Er zog den zweiten Splitter aus seiner Wamstasche und zeigte ihn ihr. Das Bruchstück des Artefaktes pulsierte heiß in seiner Hand, seine Macht durchströmte ihn, doch ohne ihn zu beeinflussen. Die Königin strich mit der Fingerkuppe darüber und nickte.
»Sehr genau hast du mich übrigens heute noch nicht angesehen«, lächelte Arlyn schließlich und zeigte ihm dann ihr entzückendes kleines Ohr. Das Ohrgehänge funkelte kostbar im ersten hereintastenden Sonnenstrahl.
»Oh, es ist ... wunderschön«, sagte Rowarn staunend. »So prächtig hatte ich es gar nicht in Erinnerung.«
»Ja, das ist wahre Zwergenmagie«, antwortete Arlyn mit strahlenden Augen. »Nicht jeder unscheinbare Schmuck ist tatsächlich nur hübscher Tand, sondern entfaltet seine Wirkung erst, wenn man ihn trägt. Du hast mir ein überaus seltenes, kostbares Geschenk gemacht. Allein das Schultertuch ... so manche Frau würde dafür einen Mord begehen. Mirella besitzt ein begnadetes Talent für dieses
Weitere Kostenlose Bücher