Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Abenteuer, eine melodramatische Flucht aus den »Klostermauern« eines Whitman Delahunt?
    Ich durfte nicht damit rechnen, dass sie über meinen Anblick erfreut war. Aber ich würde sie aus diesem Albtraum befreien… wenn es sein musste, mit brutaler Gewalt. Ich konnte Kaitlin nicht zwingen, mich zu mögen, aber ich konnte ihr das Leben retten. Und das reichte fürs Erste.
    Die Nacht zog sich hin. Der Lärm von Portillo ebbte ab und schwoll an in jenem eigenwilligen stochastischen Rhythmus, mit dem Wellen an den Strand rollen. Im wilden Salbei östlich des Vans saß eine Grille und leistete ihren unverwechselbaren Beitrag zu dieser Kakophonie. Ich trank von Ashlees Kaffee und stieg kurz aus, um mich zu erleichtern, ging um eine verrostete Achse mit Antriebsstrang herum, die wie eine Tierfalle im hohen Unkraut lauerte. Ashlee regte sich und murmelte im Schlaf, als ich die Tür ins Schloss zog.
    Auf der Straße war nur wenig Verkehr, hauptsächlich Hadschisten, die eine Spritztour machten und aus den Wagenfenstern johlten. Niemand sah uns; niemand hielt. Ich begann schon einzunicken, als Ashlee mir auf die Schulter tippte. Das Armaturenbrett zeigte 2:30 Uhr.
    »Ablösung«, sagte sie.
    Ich diskutierte nicht lange, zeigte ihr, wo die Pistole war, und streckte mich auf der Rückbank aus. Die Decke war noch wohlig warm. Kaum hatte ich die Augen zu, übermannte mich der Schlaf.
     
    »Scott?«
    Sie rüttelte mich sanft, aber mit Nachdruck.
    »Scott!«
    Ich fuhr auf – Ashlee lehnte aus dem Fahrersitz und schaukelte meine Schulter. Sie flüsterte: »Draußen sind Leute. Hörst du?«
    Sie drehte sich ab und ließ sich nach unten rutschen, bis ihr Kopf außer Sicht war. Die Dunkelheit war nicht vollkommen. Ein Halbmond war aufgegangen. Eine Zeit lang herrschte absolute Stille. Dann, nicht sehr weit weg, das erschrockene Stöhnen einer Frau, gefolgt von ersticktem Lachen.
    Ich sagte: »Ashlee …«
    »Sie sind vor einer Minute gekommen. Ein Auto auf der Straße. Sie wurden langsamer, haben gehalten, und dann hörte man… äh… ein bisschen Schreien. Und dann – sehen konnte ich erst was, als ich den Seitenspiegel verstellt hab und dann war immer noch der Baum im Weg, aber es sah aus, als wär jemand aus dem Wagen gestürzt und weggerannt. Eine Frau, glaube ich. Und zwei Burschen sind hinter ihr her.«
    Ich überlegte. »Wie spät ist es jetzt?«
    »Knapp vier.«
    »Gib mir die Pistole, Ash.«
    Sie zögerte. »Was tun wir?«
    »Ich nehme die Pistole und steige aus. Wenn ich dir ein Zeichen gebe, schaltest du das Fernlicht ein und startest den Motor. Ich versuche, in Sichtweite zu bleiben.«
    »Und wenn dir was passiert?«
    »Dann gibst du Gas und machst dich aus dem Staub. Wenn mir was passiert, haben die nämlich die Waffe. Trödel also hier nicht rum, verstanden?«
    »Und wo soll ich hin?«
    Gute Frage. In die Höhle des Löwen? Zurück zu den Versorgungszelten, zur Straßenblockade? Was sollte ich ihr sagen?
    Doch dann schrie die Frau wieder, und mir war einen Augenblick, als hörte ich Kaitlin schreien. Kaitlin hörte sich anders an, aber sie war noch verdammt klein gewesen, als ich sie das letzte Mal hatte schreien hören.
    Ich sagte Ashlee, ich würde schon auf mich aufpassen, aber wenn irgendwas schief gehe, solle sie auf jeden Fall von hier verschwinden – den Van womöglich etwas weiter in Richtung Portillo verstecken und gegen Morgen nach Hitch Ausschau halten.
    Ich stieg aus und drückte die Tür behutsam ins Schloss. Als ich ein paar Schritt entfernt war, gab ich ihr das Zeichen, die Scheinwerfer einzuschalten.
    Das Fernlicht stand den Suchscheinwerfern einer Flugabwehrbatterie in nichts nach, als es aus der sternklaren Nacht sprang, und der Motor brüllte wie eine Vorzeitbestie. Knapp zehn Meter entfernt erstarrten die Frau und die beiden Männer in der grellen Lichtflut.
    Alle drei waren jung, vielleicht in Adams Alter. Was die Männer vorhatten, hieß juristisch »erzwungener Beischlaf«. Die Frau lag rücklings im Gras, der eine drückte ihr die Schultern an den Boden, der andere zwang ihr die Beine auseinander. Sie hatte das Gesicht aus dem Licht gedreht, während die Männer die Köpfe gehoben hatten wie Präriehunde, die ein Raubtier wittern.
    Im Gegensatz zu mir schienen sie nicht bewaffnet zu sein, was mich ein bisschen leichtsinnig machte.
    Ich hob die Waffe gegen ihre verblüfften Gesichter. Ich wollte ihnen befehlen, von ihr zu lassen und sich zu entfernen – das hatte ich vorgehabt –, aber ich

Weitere Kostenlose Bücher