Die Clans des Alpha-Mondes: Roman
Zeit?«
»Aber Sie haben doch selbst gesagt«, schnurrte ein Journalist, »daß Sie gegenwärtig noch gar nichts über sie wissen. Sie könnte ebenso…«
MacRae sagte scharf in das Mikrofon: »Wenn sie irgendeine Art stabiler, lebensfähiger Kultur entwickelt haben, werden wir sie sich selbst überlassen. Doch diese Entscheidung obliegt Experten wie Dr. Rittersdorf; nicht Ihnen, mir oder der ame rikanischen Öffentlichkeit. Offen gesagt, wir haben das Gefühl, daß es nichts potentiell Explosiveres gibt als eine Gesellschaftsordnung, in der Psychopathen dominieren, die Wertbegriffe festlegen und die Kommunikationsmedien beherrschen. Daraus könnte beinahe alles entstehen, was man sich vorstellen kann – ein neuer fanatisch-religiöser Kult, ein paranoid-nationalistisches Staatswesen, oder barbarische Zerstörungswut manischer Art. Schon diese Möglichkeiten rechtfertigen unsere Erkundung von Alpha III M2. Das Projekt wird als Schutzmaßnahme unserer eigenen Wertvorstellungen und unserer Existenz durchgeführt.«
Die Journalisten schwiegen; sie waren offenbar überzeugt von dem, was MacRae gesagt hatte. Auch Mary stimmte ihm zu.
Später, als sie mit MacRae den Raum verlassen hatte, sagte sie: »Ist das tatsächlich der Grund?«
MacRae sah sie an und erwiderte: »Meinen Sie damit, ob wir nach Alpha III M2 gehen, weil wir die Konsequenzen fürchten, die eine geistig abnorme Gesellschaftsenklave auf uns ausüben könnte, weil eine abnorme Gesellschaft als solche dazu führt, daß wir uns unbehaglich fühlen? Ich glaube, jeder Grund ist zutreffend; zumindest sollten Sie es so sehen.«
»Soll das heißen, daß ich diese Frage nicht stellen darf?« Sie starrte den jungen TERPLAN-Mann an. »Soll das heißen, ich soll lediglich…«
»Sie sollen lediglich ihre therapeutische Aufgabe erfüllen, das ist alles. Ich schreibe Ihnen doch auch nicht vor, wie Sie Kranke zu heilen haben. Warum also sollten Sie mir vorschreiben dürfen, wie man in politischen Situationen verfährt?« MacRae musterte sie kühl. »Aber ich bin bereit, Ihnen noch ein weiteres Ziel des Unternehmens Fünfzig Minuten zu nennen, ein solches, an das Sie vielleicht noch nicht gedacht haben. – Man kann nicht ausschließen, daß eine aus Geisteskranken bestehende Gesellschaftsform innerhalb von fünfundzwanzig Jahren technische Ideen entwickelt hat, die wir verwenden könnten. Dies gilt besonders für die Manischen, die aktivste Klasse.« Er drückte den Aufzugknopf. »Ich habe gehört, sie sollen erfinderisch sein. Wie auch die Paranoiden.«
»Erklärt das, warum Terra nicht schon früher jemanden dorthin geschickt hat?« fragte Mary. »Wollte man erfahren, wie sich ihre Ideen entwickeln?«
MacRae wartete lächelnd auf den Lift. Er gab keine Antwort. Mary hatte den Eindruck, daß er sich seiner äußerst sicher war. Doch das war, nach allem, was sie über Psychopathen wußte, ein Fehler. Möglicherweise sogar ein ernst zu nehmender.
Fast eine Stunde später, als sie in ihr Haus in Marin County zurückgekehrt war, um das Packen ihrer Sachen wieder aufzunehmen, wurde ihr der Grundwiderspruch in der Position der Regierung klar. Sie sondierte die Kultur von Alpha III M2 erstens deswegen, weil sie befürchtete, sie könne sich als tödlich erweisen, und zweitens, um herauszukriegen, ob sie etwas entwickelt hatte, das ihr von Nutzen sein konnte. Vor einem Jahrhundert hatte Freud aufgezeigt, wie falsch eine solch doppelte Logik war. Tatsächlich schloß jede Behauptung die andere aus. Die Regierung konnte es ganz einfach nicht auf beide Weisen haben.
Die Psychoanalyse hatte es allgemein gezeigt: Wenn zwei sich widersprechende Motive für eine bestimmte Handlung herhalten mußten, war das darunterliegende wahre Motiv keins von beiden. In diesem Fall gab es ein drittes, dessen sich die Person – oder in diesem Fall die Körperschaft der Regierenden – nicht bewußt war.
Sie fragte sich, wie das echte Motiv aussah.
Auf jeden Fall erschien ihr das Projekt, dem sie ihre Dienste freiwillig zur Verfügung gestellt hatte, nicht mehr idealistisch, wenn es von ersteckten Zielen frei war.
Wie das tatsächliche Motiv der Regierung auch aussah, Mary hatte eine klare Eingebung: Es war ein gutes, hartes, egoistisches Motiv.
Und sie hatte noch eine Intuition.
Sie würde möglicherweise nie erfahren, wie es aussah.
Mary war gerade damit beschäftigt, eine Schublade voller Pullover zu verstauen, als ihr urplötzlich klar wurde, daß sie nicht mehr allein war. Zwei
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