Die Clans des Alpha-Mondes: Roman
Gandhitown. Mary würde dieser Sache natürlich keine Aufmerksamkeit zollen. Doch die leuchtende Schrift ließ ihn noch einen weiteren Faktor erkennen: Die Clans des Alpha-Mondes sahen in Mary einen Feind. Mary war auch seine Gegnerin. Er hatte versucht, sie umzubringen, und sie ihn. Also machte ihn die Logik zu einem Verbündeten der Clans. Doch seine Verbindung zur Erde machte ihn zu ihrem Gegner. Also gab es keine Möglichkeit, den Schluß der Gesamtkette seiner logischen Überlegungen zu ignorieren, auch wenn sie einen melancholisch stimmte. Er war sowohl ein Gegner als auch ein Verbündeter der Clans von Alpha III M2. Er war sowohl für als auch gegen sie.
An diesem Punkt gab er auf. Scheiß was auf die Logik. Er drehte sich wieder um und rannte weiter.
Das alte Sprichwort, das aus den Meditationen der hochintelligenten Kriegerkönige des alten Indien entstanden war und »der Feind meines Feindes ist mein Freund« lautet, hatte in seinem Fall nicht funktioniert. Man mußte sich damit abfinden.
Über seinem Kopf summte etwas dahin, und eine künstlich verstärkte Stimme heulte ihm zu: »Rittersdorf! Bleiben Sie stehen, oder wir killen Sie auf der Stelle!« Die Stimme donnerte und warf Echos. Der Boden warf sie zurück. Sie war mit voller Kraft auf ihn gerichtet und kam, soweit Chuck es beurteilen konnte, aus einem Boot, das über ihm schwebte. Sie hatten ihn, wie der Schimmelschleim es vorausgesagt hatte, aufgespürt.
Keuchend blieb er stehen.
Das Boot schwebte etwa drei Meter hoch in der Luft. Eine metallene Leiter faltete sich krachend auseinander, dann sagte die künstlich verstärkte Stimme: »Klettern Sie die Leiter rauf, Rittersdorf. Und zwar ohne Verzögerung und irgendwelche Mätzchen!« In der nächtlichen, nur von den hellen Buchstaben am Himmel beleuchteten Finsternis bebte die Magnesiumleiter leicht, als sei sie irgendwie mit dem Übernatürlichen verbunden.
Chuck Rittersdorf ergriff das Geländer und erklomm die Leiter mit bleierner, herzklopfender Zögerlichkeit. Kurz darauf hatte er sie hinter sich und fand sich im Kontrollraum des Bootes wieder. Zwei wildäugige Terraner mit Laserpistolen standen ihm gegenüber. Bezahlte Subjekte in Bunny Hentmans Diensten, dachte er. Einer von ihnen war Gerald Feld.
Die Leiter wurde eingezogen, dann jagte das Boot mit höchstmöglicher Geschwindigkeit zum Mutterschiff zurück.
»Wir haben Ihnen das Leben gerettet«, sagte Feld. »Dieses Weib – Ihre Ex-Frau – hätte Sie in zwei Hälften geschnitten, wenn Sie draußen geblieben wären.«
»Und jetzt?« fragte Chuck.
»Jetzt vergelten wir Böses mit Gutem. Was können Sie mehr verlangen? Sie werden Bunny weder wütend noch mürrisch vorfinden. Er ist ein zu großer Mann, um sich all dies zu Herzen zu nehmen. Schließlich kann er, so schlimm die Dinge auch stehen, immer noch ins alphanische Imperium emigrieren.« Feld produzierte ein Lächeln, als sei der Gedanke erfreulich für ihn. Von Hentmans Standpunkt aus gesehen, bedeutete dies wohl, daß die Lage gar nicht so übel war; es gab immer noch einen Ausweg.
Das Boot näherte sich dem Mutterschiff. Eine Röhrenöffnung klappte auf, das Boot paßte sich ein und glitt antriebslos durch einen runden Schacht zu seinem tief im Inneren des großen Schiffes gelegenen Landeplatz.
Als die Luke des Bootes offenstand, fand Chuck Rittersdorf sich Bunny Hentman gegenüber, der sich besorgt über die Stirn wischte und sagte: »Irgendein Irrer hat uns angegriffen. Seinem Verhalten nach zu urteilen ist es wahrscheinlich einer der hier ansässigen Psychopathen.« Das Schiff vibrierte. »Sehen Sie?« sagte Hentman aufgebracht. »Er schießt mit einer Handwaffe auf uns.« Er winkte Chuck heran und sagte: »Kommen Sie mit, Rittersdorf. Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten. Es hat einen Haufen Mißverständnisse zwischen Ihnen und mir gegeben, aber ich glaube, wir können sie klären, meinen Sie nicht auch?«
»Zwischen Ihnen und mir«, korrigierte Chuck automatisch.
Hentman ging durch einen engen Korridor voraus. Chuck folgte ihm. Obwohl ihn bisher noch niemand mit einer Waffe bedroht hatte, gehorchte er. Wahrscheinlich behielt man ihn im Auge; er war offenkundig immer noch ein Gefangener der Organisation.
Ein bis zur Taille nacktes Mädchen, das nur mit Shorts bekleidet war, schlenderte vor ihnen quer durch einen Gang und rauchte nachdenklich eine Zigarette. An ihr war irgend etwas, das Chuck vertraut vorkam. Dann, als sie hinter einer Tür verschwand, fiel ihm
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