Die Clans von Stratos
hatte. Maia schauderte.
»Jetzt oder nie!« drängte Thalia und zog sie beide hinter sich her, während Kiel die Vorhut übernahm und in den Schatten nach Gefahr Ausschau hielt. Zuerst fiel es Maia schwer, mit ihnen Schritt zu halten, aber bald hatte sie sich an die Gangart gewöhnt, mit der sie an geisterhaft leeren Hallen vorübereilten, vereint von dem Wunsch, diesen Ort totgeborener Stille zu verlassen. Stimmt genau, dachte Maia. Erklärungen können warten. Für den Augenblick ließ sie die in ihr hochsteigende Freude alle anderen Gefühle verdrängen. Jetzt zählte nur noch die Freiheit!
Später. Später war früh genug, sich über dieses Rätsel den Kopf zu zerbrechen – daß ihre erste Liebe als Erwachsene sich als Abgesandter eines anderen Sterns entpuppt hatte.
ZWEITER
TEIL
Logbuch des Peripatetikers:
Mission Stratos
Ankunft plus 40.957 Megasekunden
Die Gründer dieser Kolonie haben einen exzellenten Ort gewählt, um ihr Utopia zu verbergen. Teilweise von Staubnebeln verborgen, in einem seltsamen Mehrfachsternsystem kreisend, in dem die meisten Forscher erst gar nicht nach bewohnbaren Welten suchen würden… so schien ihnen Stratos sicherlich ideal, um sich dort mit ihrer Nachkommenschaft vor den Streitereien und Unruhen abzukapseln, die anderswo in der Galaxie wüteten.
Doch schließlich hat der Feind sie gefunden. Und jetzt ich…
Es zeugt von ihrem unbezwingbaren Streben nach Unabhängigkeit, daß sie niemals versucht haben, um Hilfe zu rufen, als die Flotte des Feindes anrückte. Das Volk von Stratos hat den Feind bekämpft und besiegt. Die Kolonisten haben allen Grund, stolz zu sein. Ohne direkte Unterstützung vom Menschlichen Phylum haben sie einen Überraschungsangriff zurückgeschlagen und die Invasoren vernichtet. Ihr Sieg ist Stoff für zahlreiche Legenden geworden und hat die Sozialstruktur von Stratos verändert, obgleich er sie doch eigentlich zu bestätigen schien.
Sie behaupten, das sanktioniert ihre Abspaltung, da jede Allianz mit fernen Verwandten ja nun unnötig ist.
Bisher habe ich in meinen Gesprächen zwischen Raumschiff und Bodenstation unsere Geschichtsprotokolle unerwähnt gelassen, die von eben jenem Feindschiff sprechen: als Wrack auf der Flucht nach dem Kampf von Taranis, das sich zurückzog, um seine Wunden zu lecken oder zu sterben. Stratos hat den Terror, der die Sterne überzog, nie mit voller Wucht zu spüren bekommen. Auch ohne sein Wissen hat das stratoinische Volk vom Schutz des Phylum profitiert. Kein Teil eines Ganzen kann ohne die anderen überleben.
Ich fürchte, dieses Konzept wird nicht leicht zu vermitteln sein. Für manche Herlandia-Radikalen ist meine Ankunft offenbar traumatischer als der Überfall des Feindes vor so langer Zeit. Ein Affront, der nach Möglichkeit ignoriert werden soll.
Was befürchten die führenden Schichten von neuerlichem Kontakt mit fernen Verwandten?
Endlich sind die Verhandlungen über meine immer wieder aufgeschobene Landung beendet. Man versichert mir, daß Stratos über die notwendigen Vorrichtungen verfügt, um meine Kapsel nach Beendigung des Besuches wieder in die Umlaufbahn zu bringen. Also besteht keine Veranlassung, einen Asteroiden zu autominieren und eine unhandliche Allzweckmaschine zu bauen. Morgen werde ich landen, um die persönlichen Gespräche aufzunehmen.
Ich war vor einer Mission noch nie so nervös. Diese Subspezies hat eine Menge zu bieten. Ihr kühnes Experiment könnte die Menschheit bereichern. Schade, daß sie ausgerechnet von einem männlichen Wanderer entdeckt wurden.
Möglicherweise hätte ich als Frau bessere Aussichten.
Kapitel 13
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Schon bald hatte Maia völlig die Orientierung verloren. So schnell und vorsichtig wie möglich setzten sie ihre Flucht durch dunkle Korridore und über unbeleuchtete Treppen fort. Kiel, die sie anführte, eilte meist ein Stück voraus, aber wenn sie mit ihrer kleinen Taschenlampe eine handgefertigte Karte konsultieren mußte, hielt sie oft so unvermittelt an, daß sie jedesmal einen Zusammenstoß provozierte.
»Woher hast du das?« flüsterte Maia einmal und deutete auf das Pergament.
»Eine Freundin hat bei der Baukolonne gearbeitet. Still jetzt.«
Maia nahm es ihr nicht übel. Ein paar barsche Worte waren leicht zu verkraften, wenn sie sich klarmachte, was Kiel und Thalia für sie getan hatten. Maias Herz war zum Bersten voll von Dankbarkeit, daß ihre Freundinnen den ganzen gefährlichen Weg auf sich genommen hatten,
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