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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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was die Offiziere einer guten Besatzung beibringen müssen.«
    Maia klappte den Sextanten wieder zusammen. »So habe ich noch nie darüber nachgedacht. Wir lernen, daß Männer keine…« – sie suchte nach dem richtigen Wort –, »daß Männer keinen Begriff von Kontinuität haben. Die Seeoffiziersanwärter, die von den Segelmeistern aufgenommen werden, sind selten ihre eigenen Söhne, deshalb ist es ihnen nicht so wichtig, ob die Knaben langfristig Erfolg haben oder nicht. Aus deinem Mund klingt es aber fast so, wie es in den Clans ist. Persönliche Anweisung, Interesse an der Weiterentwicklung einer Sache, über einen langen Zeitraum hinweg, Überlieferung nicht nur rein handwerklicher Aspekte.«
    »Hmm. Weißt du, je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich, daß es so geplant war. Natürlich erledigt eine Familie von Klonen die Sache effizienter, indem eine Generation die nächste unterrichtet. Aber im Grund ist es nur die Variation eines alten Themas, des Meister-Schüler-Systems. Den größten Teil der Menschheitsgeschichte war dies die Regel. Fortschritt entstand durch Verbesserung althergebrachter Muster.«
    Auf einmal erinnerte sich Maia, wie sie und Leie als Kinder in die Werkstatt der Yeo-Lederverarbeiterinnen oder der Samesin-Uhrmacherinnen gespäht und beobachtet hatten, wie dort die älteren Schwestern und Mütter die jüngeren Klonmädchen darin unterwiesen, was sie selbst gelernt hatten. So wurden auch die jungen Lamai in das Export-Import-Geschäft eingewiesen. Maia konnte sich kaum vorstellen, daß ein solcher Prozeß auch unter Männern möglich sein sollte, bei denen niemals zwei exakt die gleichen Talente oder Neigungen hatten. Aber Renna deutete an, daß es weniger Unterschiede als Ähnlichkeiten gab. »Es ist ein traditionelles System, perfekt, um die Stabilität zu erhalten«, sagte er, legte einen aufgezogenen Spielstein zur Seite und griff zum nächsten. »Aber es hat seinen Preis. Wissen wächst akkumulativ und nur höchst selten geometrisch.«
    »Und manchmal überhaupt nicht?« fragte Maia, und plötzlich fühlte sie sich äußerst unbehaglich.
    »Genau. Das ist die Gefahr in Handwerksgesellschaften. Manchmal verläuft der Trend negativ.«
    Maia blickte zu Boden. Auf einmal spürte sie etwas wie Scham. »Wir haben soviel vergessen.«
    »Hmm.« Renna zog die dunklen Augenbrauen zusammen. »Vielleicht ist es gar nicht so viel. Ich habe eure Große Bibliothek gesehen und mit euren Savanten gesprochen. Ihr lebt nicht in finsterer Unwissenheit. Was du um dich herum siehst, ist das Ergebnis eines sorgfältig durchdachten Plans. Lysos und die Gründerinnen haben Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abgewogen. Da sie die wissenschaftliche Ära hautnah erlebt hatten, waren sie fest entschlossen, so etwas auf diesem Planeten zu verhindern.«
    »Aber…« Maia blinzelte. »Warum sollten Wissenschaftler die Wissenschaft aufhalten wollen?«
    Er schenkte ihr ein warmes Lächeln, aber etwas in Rennas Augen sagte Maia, daß das Thema für ihn mit persönlichem Leiden verbunden war.
    »Ihr Ziel war nicht, die Wissenschaft als solche aufzuhalten, sondern eine bestimmte Art Wissenschafts- fieber zu verhindern. Einen kulturellen Wahnsinn sozusagen. Eine Epoche, in der es schon fast als Akt religiöser Hingabe gilt, etwas in Frage zu stellen. In denen alle Sicherheiten des Lebens sich auflösen und die Menschen zwanghaft an alten Werten zweifeln, ungeachtet dessen, ob sie sich bewährt haben oder nicht. Egoismus und ›Selbstverwirklichung‹ haben Vorrang vor Mitmenschlichkeit und Tradition. In solchen Zeiten herrscht ein schrecklicher Aufruhr, Maia. Mit einem größeren Wissen wächst die ökologische Gefahr, aufgrund eines rasanten Bevölkerungswachstums und des Mißbrauchs der technischen Errungenschaften.«
    In Maias Kopf entstanden keine Bilder, die seine Worte veranschaulichten. Ihr Inhalt war für sie völlig abstrakt, ohne Zusammenhang mit irgend etwas, das sie kannte. Dennoch war sie entsetzt. »Wie du das sagst, klingt es… schrecklich.«
    Er seufzte. »Oh, das wissenschaftliche Zeitalter hat durchaus auch gute Seiten. Kunst und Kultur erblühen. Alte Unterdrückungsmechanismen zerbrechen, Aberglaube wird ausgemerzt. Neue Erkenntnisse erhellen unser permanentes Erbe und werden Teil von ihm. Eine Wiedergeburt ist eine sehr romantische und aufregende Zeit, aber nichts hält lange vor. Vor einiger Zeit, vor dem Phylum Diaspora, hat uns das erste wissenschaftliche Zeitalter noch

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