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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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gekämpft hatten und entkommen waren, zeigte keine Spur von einem Krater, kein seltsam glasiges Loch gähnte in ihrem Zentrum. Statt dessen erhaschte Maia einen kurzen Blick auf Gebäude, die im Morgenlicht schimmerten, kurz bevor die Insel am oberen Rand des Bilds verschwand. In der Mitte hob sich ihnen inzwischen eine große Gruppe felsiger Bergspitzen entgegen.
    Jellicoe.
    Und doch wieder nicht Jellicoe. Nicht das Jellicoe von heute. Was dort mit jeder Sekunde größer wurde, war makellos schön. Eine hohle Sternform, ein Werk von Natur und Menschenhand. Jeder Gipfel war geschmückt mit Bauwerken aus glänzendem Stein oder dem metallischen Glitzern von dort verankerten Luftschiffen. In der Lagune zählte Maia drei große Kreuzer, mit Segeln, die nicht aus grober Leinwand gefertigt waren, sondern aus einem schwarzen, hauchdünnen Material, das das Sonnenlicht aufzusaugen schien und nichts davon reflektierte.
    Alle drei Zuschauer zitterten, als einer der östlichen Gipfel Jellicoes auf sie zugeschossen kam. In atemberaubender Geschwindigkeit sausten Stein und Vegetation an ihnen vorbei, dann plötzlich war ringsum dunkler Fels, der wie Flüssigkeit vorbeirauschte. »Uff!« war Leies einziger Kommentar. Alle hielten den Atem an. Das ist wirklich eine verdammt gute Simulation, dachte Maia benommen.
    In diesem Moment rief jemand aus dem hinteren Teil des Saals. Es klang ziemlich aufgeregt, aber sie hatten nur Augen für die strömende Bewegung vor ihnen, die allmählich langsamer wurde.
    Mit einer Abruptheit, die sie alle zusammenzucken ließ, wurde es wieder hell, und alles kam zum Stillstand. Die drei jungen Leute starrten wie durch ein Fenster in einen Raum, der identisch mit ihrem Saal war. Allerdings eine jüngere, schönere Version. Rote Kissen lagen auf den Bänken, die Wände waren glatt und ohne Risse, blankpoliert und mit farbenfrohen Bannern geschmückt.
    »Das ist lange her«, sagte Maia. »So hat es hier früher einmal ausgesehen.« Sie hustete hinter vorgehaltener Hand und beugte sich über den Sextanten.
     
    PCRO – 1103.095 SIDERISCH.
     
    »Die vierte Koordinate.« Der Navigator räusperte sich. »Die Zeit muß der nächste Schritt sein.«
    »Wenn wir uns nach vorn bewegen, also in die Zukunft«, meinte Leie hastig, »wäre es dann möglich zu sehen, was jetzt im Moment draußen vorgeht?«
    »Könnte man sehen, was in der Zukunft geschieht?« fügte der junge Mann leise hinzu.
    Maias Gedanken drehten sich. Leies Frage setzte eine Maschine voraus, die Ereignisse speicherte und auch jetzt, während sie sprachen, alles beobachtete. Einen solchen Informationsspeicher anzuzapfen, wäre in ihrer gegenwärtigen Lage von unschätzbarem Wert. Doch sie bezweifelte, daß es sich um so etwas handelte. Was war mit all den Galaxien und so weiter? Maia konnte sich keine Maschine vorstellen, die in der Lage war, das Universum zu überwachen, ständig, über Jahrtausende.
    Die Idee des Navigators war noch verrückter. Doch seltsamerweise ergab sie mehr Sinn. Maia glaubte noch immer, daß es sich um eine Simulation handelte, um einen riesenhaften, gottähnlichen Verwandten des Spiels des Lebens. Falls es so war – falls diese Nachahmung wirklich jede Variable in Betracht zog – könnte sie dann fähig sein, mögliche Ereignisse in die Zukunft zu projizieren? Die Implikationen waren überwältigend und beeinflußten alles, von ihrer gegenwärtigen Zwangslage bis zu den religiösen Lehren über den freien Willen.
    »Versuchen wir, etwas mit der vierten Koordinate anzustellen«, schlug Maia vor und rieb sich die brennenden Augen.
    Der Navigator hustete und beugte sich vor. »Wir haben schon alle beweglichen Teile benutzt.« Sanft und vorsichtig berührte er den Sextanten, bis seine Hand an das Okular stieß, durch das man gewöhnlich blickte, um Messungen am Horizont und an den Sternen vorzunehmen. Das Bild vor ihnen wackelte leicht, und die Zahl auf dem Skalenfenster änderte sich geringfügig. »Natürlich«, sagte der junge Mann und hustete wieder. »Es ist die Einstellung der Tiefenschärfe. Macht mir bitte ein wenig Platz.«
    Maia trat zurück. Ihre Augen juckten und sie roch Rauch in der Luft. Genau im selben Moment mußten sie und Leie niesen. Sie blickten sich an, und zum ersten Mal seit mehreren Minuten sahen sie sich im Saal um. Die Luft war heiß und rauchig geworden.
    Hinter ihnen ertönten laute Rufe. Maia drehte sich um und sah den Kabinenjungen winkend den Gang herunterlaufen. Er preßte sich einen

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