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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Interesse sei. Legenden haben keine Bedeutung, behauptet man. Echte Männer haben nicht den Wunsch, etwas zu bauen, was sie nicht mit ihren eigenen Händen schaffen können.«
    Er hob seine vom Leben auf See vernarbten und schwieligen Hände, ebenso faltig wie die Haut um die Augen, die ein Leben lang in die Sonne, den Wind und die Gischt geblinzelt hatten. Es waren traurige Augen, bemerkte Maia. Tief in ihnen lag Einsamkeit.
    »Wer hat dir das gesagt?«
    Der Kommodore hob die Schultern. »Diejenigen, die unsere Mütter uns als geistige Führer anzuerkennen gelehrt haben.«
    »Oh.« Maia glaubte zu verstehen. Nur wenige Jungen wurden von alleinstehenden Vars oder in Mikroclans zur Welt gebracht. Für die meisten war die konservative Erziehung, die auch Maia mit Leie und Albert in Lamatia genossen hatte, die Norm. Dies war für den Plan der Gründerinnen ebenso wichtig wie die genetische Manipulation der männlichen Natur, und erklärte, warum Unternehmungen wie die Königsrevolte von vorneherein zum Scheitern verurteilt waren.
    »Es gibt noch mehr«, fuhr der Kommodore fort. »Obwohl es für unsere und die Verluste der Fliegenden Seeschwalben Entschädigungen gibt, sagt man uns, daß keine Blutschuld mit dem Untergang des sogenannten Dummimanns verbunden ist. Er gehörte keiner Gilde an, keinem Schiff, keinem Reservat. Wir schulden ihm kein Gedenken, keine Ehrerbietung. So sagt man.«
    Er meint Renna. Maias Freund hatte auf der Manitou den gemeinen Spitznamen erwähnt, den man ihm verpaßt hatte. Obwohl er die robuste, selbstsichere Kunstfertigkeit der Matrosen bewunderte, hatte Renna auch angedeutet, daß sie die Männer in ritueller Besessenheit gefangenhielt und ihren Ehrgeiz von vorneherein beschnitt.
    Wie viele Generationen haben die hohen Clans gebraucht, um dies zu erreichen, nachdem Jellicoe unter Zwang evakuiert worden war? Es kann nicht leicht gewesen sein. Bestimmt hat die Legende zurückgeschlagen, bestimmt war sie nicht totzukriegen, obwohl sie praktisch auf den Knien jeder Mutter unterdrückt wurde?
    Ob sie je die ganze Geschichte erfahren würde oder nicht – über einige Dinge war sich Maia bereits ganz sicher. Es hatte einmal eine große Verschwörung gegeben. Eine, die beinahe erfolgreich verlaufen wäre. Eine, die das Leben auf Stratos möglicherweise für immer verändert hätte.
    Als der Rat den Vorwand der Königsrevolte nutzte, um sich Jellicoe Beacon anzueignen und die alten ›Wächter‹, wie der Schiffsarzt der Manitou sie genannt hatte, zu vertreiben, hatte er nicht ohne Grund gehandelt. Diese alten Hüter der Wissenschaft hatten etwas viel Subversiveres, etwas für den Status quo weit Bedrohlicheres vorgehabt als den letztlich dummen Putsch der Könige. Die Existenz der orbitalen Startvorrichtung, die Renna benutzt hatte, machte das sonnenklar.
    Sie hatten geplant, erneut in den Weltraum vorzudringen. Und damit einen radikal neuen Weg einzuschlagen.
    Noch bemerkenswerter jedoch war, daß die Wächter das Versteck ihrer riesigen Fabrikanlage, ihres ›Formers‹ geheimhalten konnten. Der Rat konfiszierte die großen Verteidigungsmaschinen, ohne je zu ahnen, wie nahe ein geheimes Überbleibsel weiter an der Vervollständigung des Planes arbeitete. Über Generationen war es so weitergegangen. Männer und Frauen, die sich zum Jellicoe-Former hinein- und wieder hinausschlichen, gewissenhaft für ihre Nachfolge sorgten, aber mit jeder Weitergabe etwas von ihrem Können verloren, bis schließlich die unvermeidliche Logik der stratoinischen Gesellschaft ihre tapfere, zum Scheitern verurteilte Verschwörung auslöschte. Tausend Jahre später war es nur noch eine Legende, mehr nicht.
    Als Renna das Schiff und die Startvorrichtung gefunden hat, muß beides fast fertig gewesen sein. Er hat den Former benutzt, ihn aufgrund seiner Erfahrungen und seiner Kenntnisse programmiert, um die Teile herzustellen, die noch fehlten.
    Eine bemerkenswerte Leistung, und das in wenigen Tagen. Vielleicht hätte er es geschafft, wäre er nicht gezwungen gewesen, früher zu starten, weil sein Versteck entdeckt worden war.
    Wieder einmal waren die Schuldgefühle stärker als die Stimme der Vernunft. Aber Maia fühlte noch etwas ganz anderes – den Wunsch, sich zu rächen. Natürlich würde es vergeblich sein, vor allem auf lange Sicht. Doch hier war eine Chance, wenigstens einen kleinen Rachefeldzug zu starten.
    »Ich… ich kenne nicht die ganze Geschichte«, begann sie zögernd. Dann hielt sie inne, holte tief Luft

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