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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Erste-Klasse-Abteils, trank Kaffee aus der Thermoskanne und starrte nach draußen, wo Czikos, die ungarischen »Cowboys«, auf drahtigen Pferdchen ihre Rinderherden hüteten. Häuser und Scheunen glitten vorbei, kleine Gemüsegärten und umzäunte Höfe mit Scharen von Hühnern und Gänsen. Nach einiger Zeit kamen die ersten flachen Fabrikgebäude in Sicht. Als der Zug durch die Vororte von Buda rollte, wurde der Verkehr auf der parallel zu den Schienen verlaufenden Landstraße immer dichter, bis sich die klapprigen, alten Laster schließlich stauten. Minuten später hielt der Orientexpress im Westbahnhof hinter dem Burgberg.
    Ebby, eine dicke Aktentasche und einen Lederkoffer in den Händen, ging durch den von einer Glaskuppel gekrönten Bahnhof hinaus auf die Straße. Ein junger Mann, der wartend neben einem Ford gestanden hatte, sprach ihn an. »Sir, ich möchte wetten, Sie sind Mr. Ebbitt«, sagte er.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Nehmen Sie’s mir nicht übel, aber so edel, wie Ihr Gepäck aussieht, kann es nur einem New Yorker Anwalt gehören«, antwortete der junge Mann mit einem breiten Lächeln. Er nahm den Lederkoffer und wuchtete ihn in den Kofferraum. »Ich bin Jim Doolittle, Botschaftsrat«, erklärte er dann und reichte Ebby die Hand. »Willkommen in Budapest, Mr. Ebbitt.«
    »Elliott.«
    »Elliott, auch gut.« Er schob sich hinters Lenkrad, und Ebby machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem. Der junge Botschaftsrat steuerte den Wagen geschickt durch den Verkehr Richtung Donauufer. »Sie sind im Hotel Gelért untergebracht, genau wie die Delegation vom Außenministerium. Die sind gestern angekommen. Ich soll Ihnen vom Botschafter ausrichten, dass Sie sich sofort melden sollen, falls Sie irgendwelche Unterstützung brauchen. Der erste Verhandlungstermin ist um zehn Uhr morgen früh. Die Delegation wird in einem von unseren Minibussen zum Außenministerium gekarrt. Falls Sie mitfahren möchten, kein Problem. Waren Sie schon mal in Ungarn?«
    »Nein«, antwortete Ebby. »Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Dreiundzwanzig Monate.«
    »Haben Sie viel Kontakt mit den Einheimischen?«
    »Mit den Ungarn! Elliott, man merkt, dass Sie nicht viel über das Leben hinter dem Eisernen Vorhang wissen. Ungarn ist ein kommunistisches Land. Die einzigen Einheimischen, die wir hier kennen lernen, arbeiten für die Allamvédelmi Hatóság, die Geheimpolizei, kurz AVH. Alle anderen haben zu viel Angst. Dabei fällt mir ein, der Sicherheitsoffizier der Botschaft hat mich gebeten, Sie zu warnen …«
    »Wovor denn?«
    »Vor ungarischen Frauen, die allzu bereit und willig scheinen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Vor ungarischen Männern, die Sie liebend gern zu einem besonders schönen Nachtklub bringen würden, den sonst keiner kennt. Vor allen Dingen, tauschen Sie um Gottes willen kein Geld auf dem Schwarzmarkt. Und nehmen Sie keine Päckchen an, die Sie für irgendwelche Verwandten in Amerika mitnehmen sollen – da könnten nämlich Geheimdokumente drin sein. Und eh Sie sich’s versehen, landen Sie als Spion im Gefängnis.«
    »Danke für die Tipps«, sagte Ebby. »Dieser Spionagekram ist nicht gerade mein Fall.«
    Doolittle warf ihm einen amüsierten Seitenblick zu. »Hätte mich auch gewundert. Der kleine blaue Skoda hinter uns ist Ihnen wohl nicht aufgefallen, was?«
    Er war ihm allerdings aufgefallen, aber das sollte Jim Doolittle nicht wissen. Ebby drehte sich betont auffällig um. Der blaue Skoda, in dem zwei Personen saßen, hielt sich etwa zwei Wagenlängen hinter dem Ford. Doolittle lachte. »Wir von der Botschaft werden rund um die Uhr beschattet«, sagte er. »Man gewöhnt sich dran. Ich wäre schwer überrascht, wenn Sie nicht auch einen Aufpasser bekämen.«
    Als Doolittle den New Yorker Anwalt vor dem Jugendstil-Eingang des Gellért abgesetzt hatte und ihn durch die Drehtür ins Hotel verschwinden sah, schüttelte er den Kopf. »Noch so eine Unschuld vom Lande«, murmelte er. Dann gab er Gas und fuhr zurück zur Botschaft.
     
    Der kleine blaue Skoda mit der langen Peitschenantenne an der hinteren Stoßstange fuhr in die Einfahrt zum Schwimmbad des Gellért und parkte hinter der Hecke. Von hier aus hatte man den Haupteingang des Hotels im Blick. Der Ungar auf dem Beifahrersitz nahm ein kleines Mikrofon aus dem Handschuhfach und stöpselte es in das Funkgerät unter dem Armaturenbrett ein. Er betätigte den Schalter, wartete eine halbe Minute, bis die Vakuumröhren sich erwärmt hatten, und sprach

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