Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
Vom Netzwerk:
zu und setzten ihre Patrouille fort.
    Vier junge Österreicher kamen aus dem Bauernhaus, um dem Flüchtlingstrupp über die letzten fünfzig Meter zu helfen. Drinnen brannte ein Feuer in einem Kanonenofen, und darauf köchelte eine Suppe. Die Geflüchteten massierten ihre steif gefrorenen Zehen und löffelten die wärmende Suppe. Kurz darauf kamen noch vier weitere Flüchtlinge ins Haus, dann zwei Ehepaare mit drei Kindern. Allmählich löste sich die Anspannung im Raum, und auf manchem Gesicht erschien ein müdes Lächeln. Stunden später, als ein feuriges Morgenrot den östlichen Himmel erglühen ließ, führte einer der Österreicher sie über einen Feldweg in das Dorf. Ebby, mit Nellie auf den Schultern und in einer Hand den Koffer des Puppenspielers, hatte gerade den Kirchturm ausgemacht, als er einige Gestalten auf einer Anhöhe stehen sah.
    Eine davon hob die Hand und winkte ihm zu. »Ebby!«, rief der Mann und kam auf ihn zugelaufen.
    »Jack!«, sagte Ebby. Die beiden Männer klopften sich gegenseitig auf den Rücken.
    »Wisner ist da oben –« Jack wandte sich um und rief: »Er ist es wirklich.« Dann sah er wieder Ebby an. »Frank nimmt das alles sehr persönlich«, sagte er und deutete mit dem Kinn auf die Flüchtlinge, die die Straße entlangstolperten. »Wir sind jeden Morgen hier gewesen und haben gehofft … verflucht, ich bin so froh, dich zu sehen.« Er nahm Ebby den Koffer ab. »Komm, ich helf dir – meine Güte, Ebby, was hast du denn da drin?«
    »Das glaubst du mir nie.«
    Jack lachte fröhlich. »Nun sag schon, Kumpel.«
    »Marionetten, Jack.« Ebby wandte sich um und blickte zurück nach Ungarn. »Marionetten.«

 
    12 Washington, D.C.,
Freitag, 23. November 1956

    D
    ie Abteilung Spionageabwehr der Company hatte unter der Leitung von James Jesus Angleton beträchtlich expandiert. Mittlerweile hüteten drei Vollzeitsekretärinnen die Tür zu seinem Büro, und allein in den letzten zwölf Monaten war Mothers Personalliste um fünfunddreißig CIA-Offiziere länger geworden. Aber noch immer war das Herzstück der Spionageabwehr Angletons stets halbdunkles Allerheiligstes (man munkelte, dass Mothers Jalousien zugeklebt worden waren) mit seiner Sammlung von rot markierten Karteikarten.
    »Nett von Ihnen, dass Sie so kurzfristig vorbeischauen konnten«, sagte Angleton zu Ebby und dirigierte ihn durch das Wirrwarr von Karteikästen zu dem einzigen halbwegs anständigen Sessel im Raum.
    »Bis auf die Veranstaltung mit Dulles heute Nachmittag habe ich keine dringenden Termine«, sagte Ebby.
    »Bourbon?«, fragte Angleton, ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder und musterte seinen Besucher im Licht der Tiffanylampe. Die letzten Ausläufer einer Migräne, die ihm fast die ganze Nacht den Schlaf geraubt hatte, lauerten dicht hinter seinem Stirnbein.
    »Da sag ich nicht Nein.«
    Angleton goss zwei doppelte Whiskey in Wassergläser und schob eines über den Schreibtisch. »Auf Sie und die Ihren«, sagte er und hob sein Glas.
    »Auf die Ungarn, die naiv genug waren, das ganze Gerede über das Zurückdrängen des Kommunismus zu glauben«, konterte Ebby mit gereizter Stimme und trank einen Schluck.
    »Sie klingen verbittert –«
    »Ach ja?«
    Angleton verstand sich nicht auf Smalltalk, unternahm aber dennoch einen Versuch. »Wie war Ihr Rückflug?«
    »Vor allem lang – siebenundzwanzig Stunden insgesamt, die anderthalb Tage in Deutschland nicht mitgerechnet, in denen die Air Force einen hustenden Propeller repariert hat.«
    »Ich habe gehört, dass Sie eine Frau mitgebracht haben …«
    »Eine Frau und ihre sechsjährige Tochter.«
    »Haben Sie sich inzwischen ein bisschen erholen können?«
    »Frank Wisner hat uns dreien zehn Tage in einem Gasthof bei Innsbruck spendiert. Lange Spaziergänge in den Bergen. Stille Abende am offenen Kamin. Während wir da waren, sind noch zwölftausend Ungarn über die Grenze geflohen.«
    Angleton zündete sich eine Zigarette an und verschwand für kurze Zeit in einer Rauchwolke. »Ich habe« – kurzes, trockenes Husten – »den Bericht von unseren Leuten in Wien gelesen, die Sie befragt haben …«
    »Das dachte ich mir.«
    »Interessant ist vor allem Ihr Verdacht, dass ein sowjetischer Maulwurf –«
    »Ich habe keinen Verdacht – ich bin sicher.«
    »Aha.«
    »Ich habe unseren Leuten schon so ziemlich alles erzählt, was ich weiß.«
    »Würden Sie das Ganze noch einmal mit mir durchgehen?«
    »Ich bin undercover nach Ungarn gefahren – meine alte

Weitere Kostenlose Bücher