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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Anwaltskanzlei in New York hätte mich gedeckt, falls jemand Erkundigungen eingezogen hätte. Die AVH-Leute haben mich festgenommen –«
    »Vor oder nach Ihrem Kontakt mit Árpád Zelk?«
    »Danach.«
    Angleton dachte laut. »Dann hätte auch jemand aus dem Kreis um Zelk Sie verraten können.«
    »Hätte, hat aber nicht. Der AVH-Generaloberst, der mich verhört hat, kannte meine Personalakte. Er wusste, dass ich Wisners Direktorat zugeteilt war; er wusste, dass ich in der Sowjetrusslandabteilung des DD/O war. Er wusste, dass ich in der Frankfurter Dienststelle für Agenten verantwortlich war, die in Polen, Russland und Albanien abgesetzt wurden.«
    Angletons Augen hinter der Rauchwolke waren nur noch schmale Schlitze der Konzentration.
    »Und sie wussten das mit Tony Spink«, sagte Ebby.
    »Von Spink steht nichts in Ihrem Bericht.«
    »Das ist mir erst auf einem meiner langen Spaziergänge in den Bergen wieder eingefallen – als ich die Verhöre noch mal im Kopf durchgegangen bin. Dieser Generaloberst wusste, dass Tony Spink in Frankfurt mein unmittelbarer Vorgesetzter war und ich seine Nachfolge angetreten habe, als Spink 1954 nach Washington versetzt wurde.«
    »Er wusste, in welchem Jahr?«
    »Allerdings.« Ebby schloss die Augen. »Kurz bevor Árpád Zelk ihn in den Kühlraum geschleift und an einen Haken gehängt hat, hat der Generaloberst noch geschrien, er hätte die Informationen über mich von der Zentrale erfahren …«
    Angleton beugte sich vor. »In der großen weiten Welt der Geheimdienste gibt es viele Zentralen.«
    »Er hat die Moskauer Zentrale gemeint.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Davon bin ich ausgegangen …« Ebby zuckte die Achseln.
    Angleton notierte etwas auf einer rot markierten Karteikarte. Eines der Telefone auf seinem Schreibtisch summte. Er klemmte sich den Hörer zwischen Schulter und Ohr und lauschte einen Moment lang. »Nein, das ist kein Gerücht«, sagte er. »Meine Cattleya -Kreuzung ist erblüht, und das achtzehn Monate früher, als ich es mir in meinen schönsten Träumen erhofft hatte. Und sie ist atemberaubend schön. Hör zu, Fred, ich bin im Gespräch. Ich ruf zurück.« Er legte den Hörer auf.
    »Was ist eine Cattleya -Kreuzung?«
    Angleton lächelte dünn. Auf Ebby, der ihn über den Schreibtisch hinweg musterte, machte der reizbare Chef der Gegenspionage einen fast glücklichen Eindruck. »Eine hybride Orchidee«, erklärte Angleton mit ungewohnter Verschämtheit. »Ich versuche seit Jahren, eine zu züchten. Am Wochenende hat das Prachtstück Blüten bekommen. Ich werde sie nach meiner Frau benennen – sie wird als Ciceley Angleton registriert werden.«
    »Gratuliere.«
    Angleton hörte den ironischen Unterton nicht. »Danke.« Er nickte. »Vielen Dank.« Er räusperte sich und warf einen Blick auf seine Karteikarte. Als er weitersprach, lag in seiner Stimme keine Spur mehr von Stolz auf seinen Erfolg. »Gibt es noch mehr, das Sie vergessen haben, unseren Leuten in Wien zu erzählen?«
    »Mir fällt noch eine Menge ein. Und das meiste, was mir einfällt, sind Fragen.«
    »Als da wären?«
    »Als da wären: Wieso sind sämtliche Versuche, Emigranten als Agenten abzusetzen, nach Juni 1951 gescheitert, also nachdem Maclean und Burgess nach Moskau abgehauen sind und Philby einkassiert wurde? Wieso haben wir vor zwei Jahren die Doppelagenten in Deutschland verloren? Woher wusste der KGB, welche von den Diplomaten in unserer Moskauer Botschaft für die Company arbeiteten? Die Liste ist lang. Wo sickern diese Informationen durch? Wieso wusste der ungarische Generaloberst so genau, dass ich für Frank Wisner arbeite? Woher wusste er, dass ich Spinks Nachfolger war? Wenn er das vom KGB erfahren hat, woher wussten es die Russen?«
    Angleton, die Schultern unter der Last von Geheimnissen gebeugt, stand auf und kam um den Schreibtisch herum. »Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben, Elliott. Ich bin froh, dass Sie wieder gesund und munter bei uns sind.«
    Ebby lachte gezwungen. »Gesund vielleicht. Aber munter bestimmt nicht.«
    Als Ebbitt gegangen war, sank Angleton in seinen Sessel und goss sich noch einen Bourbon ein. Natürlich hatte Ebbitt Recht: Die Russen hatten einen Maulwurf in der CIA, vielleicht sogar in der Sowjetrusslandabteilung. Angleton fischte Spinks Karteikarte aus einem Kasten und markierte sie rot. Spink interessierte ihn. Was nämlich Ebbitt und die anderen Mitarbeiter der Frankfurter Dienststelle nicht wussten, war, dass Spink 1954 von Angleton

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