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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Lösung zu suchen, wie mit Frank Wisner weiter zu verfahren war.
    Wisners unberechenbares Verhalten gab immer häufiger Anlass zu Gerede. Der gescheiterte Ungarnaufstand hatte ihn offenbar schwer getroffen. Zunächst hatten die Mitarbeiter des DD/O die heftigen Stimmungsschwankungen ihres Chefs auf Stress und Erschöpfung zurückgeführt; sie hofften, er würde sich mit der Zeit schon wieder fangen. Dick Helms, Wisners Chief of Operations, vertrat seinen Boss immer häufiger, so dass sich die Mitarbeiter mit ihren Problemen und Projekten zunehmend an ihn wandten und Wisner einfach übergingen. Helms, ein geduldiger Bürokrat, der riskanten Operationen instinktiv misstraute, zog aus dem Debakel in Ungarn die nahe liegende Konsequenz und ordnete das Ende der Operation »Rollback« an. Die paramilitärischen Emigranteneinheiten in Deutschland wurden aufgelöst, geheime Waffenlager aufgegeben. »Radio Freies Europa« und »Radio Liberty« wurden an die kurze Leine genommen; es war nicht mehr nötig, dass sie weiterhin Anleitungen zum Bau von Molotow-Cocktails sendeten und die »unterdrückten Nationen« zum Aufstand aufriefen. Unter Helms zog die CIA den Kopf ein und konzentrierte sich auf die ermüdende Aufgabe, Geheiminformationen über den Hauptgegner, die Sowjetunion, zu sammeln und auszuwerten.
     
    Um halb sieben kam Dulles in Pantoffeln in den privaten Speisesaal des DCI geschlurft.
    »Sieh dir seine Füße an«, flüsterte Elizabet Ebby zu, als der DCI durch den Raum ging und hier und da mit Mitarbeitern plauderte, die an Kanapees knabberten und Champagner tranken.
    »Er hat Gicht«, erklärte Ebby. »Er trägt im Büro Pantoffeln, weil ihm sonst die Füße anschwellen.«
    »Gicht ist eine Krankheit der englischen Oberschicht«, sagte Elizabet mit unbewegter Miene. Sie nippte an ihrem Glas. »Dein Mr. Dulles ist Amerikaner. Da kann er unmöglich Gicht haben.«
    »Ich bin sicher, er wird erleichtert sein, das zu hören«, entgegnete Ebby. Dulles arbeitete sich zu Ebby durch und reichte ihm die Hand. »Seit unserem Treffen im Alibi Club ist viel Wasser die Donau runtergeflossen.«
    »Das war kein Wasser, Sir«, erwiderte Ebby. »Es war Blut. Darf ich Ihnen Elizabet Németh vorstellen?«
    Der DCI musterte Ebby einen Moment lang, versuchte, seine Bemerkung zu deuten. Als er sich der schlanken Frau an Ebbys Seite zuwandte, erhellte sich seine Miene schlagartig. »Ich habe einiges über Ihr tapferes Verhalten gelesen, junge Dame«, erklärte er in seiner dröhnenden Stimme und ergriff mit beiden Händen ihre Hand. »Wenn Sie für uns arbeiten würden, bekämen Sie heute auch einen Orden, so wie unser Ebbitt.«
    »Elliott hat den amerikanischen Interessen gedient und seinen Orden verdient«, sagte sie und entwand ihm ihre Hand. »Ich habe ungarischen Interessen gedient.« Ein verzerrtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Vielleicht wird sich eines Tages ein freies und demokratisches Ungarn seiner toten Söhne und Töchter erinnern.«
    »Da bin ich ganz sicher«, stimmte Dulles ihr enthusiastisch bei.
    Das leise Stimmengewirr im Raum verstummte, und angespannte Stille trat ein. Ebby sah, dass Frank Wisner, dessen emotionales Verhalten während des Ungarnaufstands sich inzwischen herumgesprochen hatte, in der Tür aufgetaucht war. Während Wisner durch den Raum ging und sich ein Glas Champagner vom Tisch nahm, schossen seine Augen wild umher. Er leerte sein Glas in einem einzigen Zug, griff sofort zum nächsten und kam dann auf Dulles und Ebby zugeschlingert.
    »Na, Frank, irgendwelche Neuigkeiten?«, fragte Dulles.
    »In Anerkennung meiner Verdienste für den Weltsozialismus«, verkündete Wisner mit gut nachgeahmtem russischen Akzent, »hat der Kreml mich zum Generaloberst des KGB befördert.« Er hob sein Glas, um dem DCI zuzuprosten. »Genosse Direktor, Sie und Ihre Leute haben die beste Tradition des russischen Surrealismus hochgehalten. Marx, Engels, die Nomenklatur, die in ihrem Namen regiert, alle sind stolz auf Sie. Ohne die Ermutigungen vonseiten der Company hätten sich die fehlgeleiteten Arbeiter und Bauern der ungarischen Bananenrepublik niemals gegen ihre Brüder in der Roten Armee erhoben. Wenn Sie und Ihre Genossen sie nicht im Stich gelassen hätten, wer weiß? Vielleicht hätte ihr antisozialistischer Wahn sogar Erfolg gehabt.«
    Dulles sah sich nervös um. »Sie haben zu viel getrunken, Frank«, raunte er.
    » Bingo «, gab Wisner zu. »Alkohol ist das Problem. Sobald ich nüchtern bin, sehe ich die

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