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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Dinge wieder, wie sie sind. Die zwanzigtausend toten Ungarn, die zweihunderttausend, die aus ihrer Heimat geflohen sind – und das war erst unser Anfangsgebot. Wir erhöhen den Einsatz. Wir schicken noch mehr Leute los, um für uns zu sterben.« Er kaute auf der Unterlippe, dann stieß er Ebby leicht gegen die Schulter. »Du hast es versaut, Kumpel. Du hast sie nicht aufgehalten. Was ist falsch gelaufen?«
    »Sagen Sie’s mir.«
    »Das werde ich. Falsch gelaufen ist, dass keiner, mich eingeschlossen, die Sache richtig durchdacht hatte –«
    Das Glas fiel Wisner aus der Hand und klirrte zu Boden, zerbrach aber nicht. Er stieß es mit dem Fuß unter den Tisch. »Aus den Augen, aus dem Sinn«, sagte er. Sein Mund bewegte sich weiter, brachte aber keine Worte mehr hervor. Mit dem Zeigefinger wild gestikulierend, debattierte er leise mit sich selbst. Die Menschen im Saal wandten sich verlegen ab.
    Einigen Mitarbeitern gelang es, Wisner in eine Ecke zu manövrieren, und Dulles beeilte sich, die Zeremonie hinter sich zu bringen. Seine Ansprache war kurz und prägnant: E. Winstrom Ebbitt II. erhielt wegen seines außerordentlich tapferen und mutigen Einsatzes den zweithöchsten Orden der CIA, die Distinguished Intelligence Medal. Er habe seinem Land und der CIA alle Ehre gemacht. Dulles schob noch einige humorige Bemerkungen darüber nach, wo Ebbitt den Orden wohl tragen könnte. Da CIA-Orden naturgemäß geheim waren, nannte man sie auch Unterhosendekoration. Im ganzen Saal wurden die Gläser gehoben, und man bat Ebby, ein paar Worte zu sagen. Er trat vor, blieb einen Moment stehen und blickte auf den Orden in seiner Hand. Dann atmete er einmal tief durch und sah sich um.
    »Vergesst Ungarn nicht, bitte.« Er fing Elizabets Blick auf. Mit der Faust wischte sie sich eine Träne weg und nickte kaum merklich. »Vergesst um Gottes willen nie, was wir falsch gemacht haben, damit wir nicht noch einmal einen solchen Fehler begehen.«
    Als Ebby anschließend mit Elizabet im Flur auf den Aufzug wartete, war er leichenblass. Nachdem sie eingestiegen waren, schoss Leo Kritzky im letzten Moment herein und drückte den Knopf des Erdgeschosses. Auf der Fahrt nach unten schielte Leo zu Ebby hinüber.
    »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen«, sagte er. »Geht’s dir gut?«
    Ebby schüttelte den Kopf. »Nein, mir geht’s nicht gut. Ich bin zu schnell wieder hochgekommen.«
    Leo verstand ihn nicht. »Hochgekommen? Von wo denn?«
    Ebby musste an den graubärtigen Priester mit dem wilden Blick denken, der ihm, Árpád und Elizabet die Tür am Ende des Tunnels zur Kilian-Kaserne geöffnet hatte. »Aus der Hölle«, sagte er zu Leo.
     
     

III
    Teufelskreise
    Irgendetwas stimmte nicht mit dem Wasser,
    so schien ihr, denn ab und zu blieben die Ruder
    ganz fest darin stecken und ließen
    sich kaum mehr herausziehen.
     
    LEWIS CARROLL, Alice hinter den Spiegeln
     
     
    Foto: Eine Amateuraufnahme, auf See von der Brücke eines amerikanischen Zerstörers aus geschossen, zeigt Matrosen, die einen Mann in Khakiuniform aus einem Schlauchboot retten. Da das Bild unscharf und die Männergestalt bärtig ist, erhob das Pentagon keine Einwände gegen den Abdruck des Fotos in der Zeitschrift Time Ende April 1961. Einzige Bedingung war, dass der Gerettete nicht als amerikanischer Staatsbürger identifiziert werden konnte.
     

1 Washington, D.C.,
Freitag, 9. September 1960

    W
    enn Sie das in einem Ihrer Bücher bringen würden«, ereiferte sich Dick Bissell gegenüber E. Howard Hunt, einem politischen CIA-Mitarbeiter und Gelegenheitsverfasser von Spionagethrillern, »würde Ihnen das kein Mensch abkaufen.« Bissell, ein großer, schlanker, leicht cholerischer Mann, der Nachfolger des als manisch-depressiv diagnostizierten Wisner geworden war, tigerte auf und ab, Hände auf dem Rücken, Schultern gebeugt. Hunt, ein eleganter Mann, der nach Miami geschickt worden war, um die rund siebenhundert Anti-Castro-Splittergruppen so lange zu bearbeiten, bis sie eine einigermaßen passable Exilregierung gebildet hatten, nickte eifrig. »Jemand, der hier ungenannt bleiben soll«, fuhr Bissell fort, »hat die haarsträubende Idee gehabt, dass eines unserer U-Boote nachts vor der kubanischen Küste auftauchen und Feuerwerkskörper abschießen sollte, damit die Kubaner meinen, die Wiederkunft Christi stehe unmittelbar bevor, woraufhin die kubanischen Katholiken in Castro den Antichrist erkennen und ihn in die Wüste schicken würden.«
    »Elimination

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