Die Company
Leo Kritzky ist SASHA.«
Angleton folgte dem Gespräch mit schweren Lidern. »Moment mal«, sagte er. »Jetzt begreife ich, worauf das hier hinausläuft. Die Antwort ist: nur über meine Leiche.«
Ebby wandte sich an Angleton. »Ich möchte Ihnen eine Frage stellen, Jim – haben Sie Leo kleingekriegt? Hat er zugegeben, dass er ein sowjetischer Agent ist?«
»Noch nicht.«
»Noch nicht«, wiederholte Jack mit Blick auf Colby. »Jim hat Leo seit über drei Monaten in der Mangel, Director. Ich habe ihn vor kurzem besucht, und ich versichere Ihnen, er ist nicht in einem Luxushotel. Er trinkt aus der Kloschüssel. Wenn er jetzt noch nicht zusammengebrochen ist, dann wird er es auch nicht mehr. Er wird seine Unschuld beteuern, bis er in Jims privatem Kerker verfault.«
»Ich sehe, Sie sind kein Fliegenfischer«, sagte Angleton träge. »Das überrascht mich nicht – Sie haben nicht die erforderliche Geduld. Verlassen Sie sich drauf, Kritzky wird zusammenbrechen. Am Ende brechen sie alle zusammen. Wenn es soweit ist, zapfe ich für die Gegenspionage eine Goldader an – dann erfahre ich, was er in all den Jahren verraten hat, die Identität des Führungsoffiziers, der als Starik bekannt ist, Einzelheiten der Operation mit dem Decknamen CHOLSTOMER –«
»Was machen Sie, wenn er nicht zusammenbricht?«, wollte Jack von Angleton wissen.
Ebby sagte: »Sie haben nicht viele Möglichkeiten, Jim. Sie können ihn vor Gericht bringen – aber ohne Geständnis und ohne Schuldbekenntnis müssten Zeugen aufgerufen und Company-Geheimnisse, preisgegeben werden. Natürlich könnten Sie ihn für den Rest seines Lebens hinter Schloss und Riegel behalten, was aber moralische und rechtliche Probleme aufwerfen würde. Stellen Sie sich bloß mal vor, was das für einen Wirbel gibt, wenn jemand im Kongress oder die Presse die Geschichte an die große Glocke hängt: ›CIA sperrt mutmaßlichen sowjetischen Maulwurf ohne fairen Prozess lebenslang ein.‹ Apropos Skandale, dagegen würde sich die Watergate-Affäre wie ein Verstoß wegen Falschparkens ausnehmen.« Ebby wandte sich an Colby. »Der KGB dagegen könnte die Gelegenheit beim Schopf packen und Manny gegen Kritzky austauschen wollen –«
Colby schüttelte bedächtig den Kopf. »Wenn wir Kritzky den Sowjets ausliefern würden, was sollte sie daran hindern, ihn einer Horde westlicher Journalisten vorzuführen, um propagandistisches Kapital aus ihm zu schlagen? Er könnte weiterhin abstreiten, für die Russen gearbeitet zu haben, er könnte weiterhin sagen, er wäre widerrechtlich drei Monate lang unter unmenschlichen Bedingungen in einem CIA-Gefängnis eingesperrt gewesen. Seine Verbitterung und sein Zorn wären verständlich und würden erklären, weshalb er den Russen nun Geheimnisse verrät, die ich dem Kongress bislang vorenthalten konnte – die Identität unserer Agenten, Einzelheiten unserer laufenden Operationen, ganz zu schweigen von den Operationen, an denen er in den letzten dreiundzwanzig Jahren beteiligt war – Iran, Guatemala, Kuba, um nur einige zu nennen.« Der Director sah in Ebbys angespanntes Gesicht. »Damit eins klar ist – ich bin nicht grundsätzlich gegen den Austausch einer ihrer Leute gegen einen von unseren. Aber Kritzky kommt dafür nicht in Frage.«
Ebby stand auf, ging zum Fenster und starrte nach draußen. Colby fing an, seine Papiere einzusammeln. Jack fixierte Angleton über den Tisch hinweg. »Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, murmelte er.
»Und die wäre?«, fragte Colby.
»Ich kenne noch jemanden, den wir gegen Manny austauschen könnten.«
Ein sehr dünner, schick gekleideter Mann Ende vierzig betrat die Herrentoilette in der Halle des Hotels Hay-Adams in der 16 th Street. Er urinierte, wusch sich gründlich die Hände und trocknete sie mit einem Papierhandtuch. Vor einem der Spiegel nahm er seine dicke Brille ab, reinigte sie mit einem Taschentuch und setzte sie gemächlich wieder auf. Er rückte seine Fliege gerade und machte sich dann daran, mit einem Fingernagel Essensreste zwischen den Zähnen zu entfernen. Der Puertoricaner, der den Boden gewischt hatte, war mit seiner Arbeit fertig und verschwand mit Mop und Eimer, so dass der Mann jetzt allein im Toilettenvorraum war. Er ging zur mittleren Kabine, stieg auf den Klodeckel, griff in den Spülkasten und holte ein in ein Kondom gehülltes Päckchen hervor. Auf dem Weg zur Tür warf er das Kondom in den Abfalleimer und steckte das Päckchen in die Jacketttasche. Als er die
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