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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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übersetzte sie jetzt ins Russische. Der Vorsitzende sagte: »Fürs Protokoll: Der Amerikaner bestreitet, ein Agent der CIA zu sein.« Er nickte dem Staatsanwalt zu. »Sie können Ihr Schlussplädoyer halten.«
    Der Staatsanwalt erhob sich. »Ich ersuche das hohe Gericht, den Angeklagten schuldig zu sprechen, und beantrage die Todesstrafe. An dem Verräter Kukuschkin muss ein Exempel statuiert werden. Das Grab dieses verabscheuungswürdigen Verräters wird von Unkraut überwuchert werden. Doch auf uns und unser vom Glück gesegnetes Land wird weiter die Sonne scheinen. Wir werden weiter den Weg des Kommunismus beschreiten, der von allen schmutzigen Überbleibseln der Vergangenheit gesäubert wurde.«
    Kukuschkins Verteidiger stand auf und wandte sich an die Richter. »Hohes Gericht, in Anbetracht des Geständnisses des Angeklagten Kukuschkin kann ich mich den Worten meines Kollegen im Großen und Ganzen nur anschließen. Ich bitte das Gericht jedoch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte, wenn auch verspätet, ein volles Geständnis abgelegt hat, und zu einem gerechten Urteil zu gelangen.«
    Fünfundzwanzig Minuten später kehrten die drei Richter in den Gerichtssaal zurück. Der Vorsitzende wies den Angeklagten an, sich zu erheben. »Möchten Sie noch etwas sagen, bevor ich das Urteil verkünde?«
    Kukuschkin sagte mechanisch: »Mein persönliches Schicksal ist ohne Bedeutung. Was zählt, ist einzig und allein die Sowjetunion.«
    Der Richter nahm seine rote Mütze ab und setzte sich eine schwarze auf. »Sergei Semjonowitsch Kukuschkin«, intonierte er, »für Renegaten wie Sie haben die Menschen in der Sowjetunion nur tiefe Abscheu und Verachtung übrig. Tröstlich ist, dass Sie in unserer Gesellschaft ein vorübergehendes Phänomen darstellen. Sie sind allerdings ein deutliches Beispiel dafür, welche Gefahren nach wie vor in den Überbleibseln der Vergangenheit lauern und zu was sie sich auswachsen könnten, wenn wir sie nicht entschlossen und vorbehaltlos mit den Wurzeln ausreißen. Ich befinde Sie schuldig in allen gegen Sie erhobenen Anklagepunkten und verurteile Sie zum Tode durch Erschießen. Die Sitzung ist geschlossen.«
    Die Zuschauer auf den Bänken beklatschten das Urteil begeistert. Kukuschkins ausdrucksloser Blick schweifte durch den Saal und ruhte einen flüchtigen Augenblick lang auf Manny. Der Hauch eines ironischen Lächelns umspielte seinen Mund. Einer der Wachleute tippte ihm auf den Arm. Kukuschkin drehte sich um, streckte die Hände vor, und Handschellen schnappten zu. Mit kleinen Schritten wegen der Fußfesseln schlurfte er aus der Anklagebank und verschwand durch die Tür.
     
    Irgendwann in der frühmorgendlichen Stille wurde Manny aus einem unruhigen Schlaf gerissen, als sich eine Metalltür auf dem Korridor scheppernd schloss und Schritte vor seiner Zelle zu hören waren. Das Deckenlicht ging an. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und Kukuschkin erschien an der Tür. Manny setzte sich auf der Pritsche auf und zog sich die Wolldecke unters Kinn. Noch immer an den Knöcheln gefesselt, betrat Kukuschkin langsam die Zelle und setzte sich ans Fußende der Pritsche. »Hallo, Manny«, krächzte er.
    Manny wusste, dass das Gespräch abgehört, vielleicht sogar gefilmt wurde. Er wählte seine Worte mit Bedacht. »Wie ich höre, ist es nicht gut für Sie gelaufen. Ich möchte, dass Sie wissen …« Seine Stimme brach ab.
    Kukuschkins massige Schultern sackten nach unten. »Im Morgengrauen werde ich hingerichtet«, sagte er.
    Die Nachricht traf Manny wie ein Faustschlag. »Ich wünschte … ich könnte irgendwas tun …«
    »Das können Sie.«
    »Was?«
    »Nicht für mich. Für Elena und meine Tochter –«
    Manny sah die Qual in Sergeis Augen.
    »In Sowjetrussland werden auch die direkten Angehörigen von Feinden des Volkes nicht verschont. Ich habe es natürlich abgestritten, aber sie gehen davon aus, dass meine Frau, sogar meine Tochter, von meinen … Aktivitäten gewusst haben. Man will sie für fünfzehn Jahre in einen Gulag schicken. Mit ihrem kranken Herzen wird meine Frau das keine fünfzehn Tage überleben. Und meine Tochter wird den Verlust ihrer Mutter nicht überleben.«
    »Ich verstehe nicht –«
    »Hören Sie, Manny. Man hat mich hergeschickt, um Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen. Es ist wichtig für die, in Anbetracht der internationalen Meinung, dass Sie öffentlich zugeben, ein CIA-Offizier zu sein.«
    »Aber das bin ich nicht –«
    Kukuschkin hob eine Hand. »Wenn Sie

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