Die Company
nicht bereuen. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass das Schicksal von Gorbatschow und der demokratischen Reform davon abhängen könnte, dass du dir anhörst, was ich zu sagen habe.«
Asalia Isanowa nickte misstrauisch. »Also auf.«
An einem kleinen Tisch am Fenster eines Cafés nicht weit von der Lomonosow-Universität dachte Asa darüber nach, was Jewgeni ihr eben erzählt hatte. Es war nach Mitternacht, aber draußen auf der Straße herrschte noch dichter Verkehr, und das Rauschen der vorbeifahrenden Autos hörte sich an, als würde die Stadt stöhnen. »Und du bist wirklich sicher, dass Jasow dabei war?«, fragte Asa. »Das wäre ein richtiger Dolchstoß – er war ein Niemand, bevor Gorbatschow ihn zum Verteidigungsminister gemacht hat.«
»Ich bin absolut sicher – ich hatte ihn schon von Fotos in der Zeitung erkannt, bevor jemand ihn mit Minister ansprach.«
»Und Oleg Baklanow, Vizechef des sowjetischen Verteidigungsrates? Und Oleg Schenin vom Politbüro?«
»Baklanow hat sich mir in der Datscha persönlich vorgestellt, bevor wir alle in den Garten gingen. Er hat mir gezeigt, wer Schenin ist.«
Asa las die Liste mit Namen, die sie auf der Rückseite eines Briefumschlags notiert hatte, noch einmal durch. »Das ist schrecklich beängstigend. Wir wussten natürlich, dass irgendwas im Busch ist. Krjutschkow und seine KGB-Freunde haben keinen Hehl daraus gemacht, was sie von Gorbatschow halten. Aber wir hätten nie gedacht, dass sich so viele mächtige Leute an einem Komplott beteiligen würden.« Sie blickte auf und musterte Jewgeni, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. »Sie waren ganz sicher, dass sie dich für ihre Sache gewinnen würden –«
»Ich habe für den KGB im Ausland gearbeitet. Sie gehen davon aus, dass jeder, der sich um den KGB verdient gemacht hat, gegen Reformen und für die Wiederherstellung der alten Ordnung ist. Außerdem sind so gut wie alle, die eine Privatbank aufgemacht haben, Gangster, die keine politische Orientierung haben und sich nur von Gier leiten lassen. Die Verschwörer brauchen jemanden, dem sie vertrauen können und der das Geld zurückführt, das sie in Deutschland gehortet haben. Und man hat mich empfohlen –«
»Wer?«
»Jemand, der in KGB-Kreisen eine Legende ist, aber dir nichts sagen würde.«
»Es ist sehr mutig von dir, dass du zu mir gekommen bist. Wenn sie dahinterkommen –«
»Deshalb möchte ich, dass niemand erfährt, auch nicht Boris Jelzin, von wem du die Informationen hast.«
»Aber dann sind sie nicht so glaubwürdig.«
»Sag nur, dein Informant ist jemand, den du sehr lange kennst und dem du vertraust.« Jewgeni lächelte. »Nachdem ich dich so enttäuscht habe, vertraust du mir, Asa?«
Sie dachte über die Frage nach. Dann nickte sie fast widerwillig. »Am Anfang hast du in mir Hoffnungen geweckt – und dann hast du sie zerstört. Ich habe Angst, wieder zu hoffen. Und doch –«
»Und doch?«
»Kennst du das Buch von Nadeshda Mandelstam über ihren Mann Ossip? Es ist voller Hoffnung. Auch ich brauche die Hoffnung wie die Luft zum Atmen.«
Jewgeni blickte auf die Rechnung und legte das Geld auf den Tisch. »Ich bringe dich nicht nach Hause – wir dürfen nicht riskieren, dass man uns zusammen sieht. Ich melde mich bei dir, wie wir es verabredet haben. Weißt du noch, wie?«
»Du rufst mich zu Hause oder bei der Arbeit an und sagst, du möchtest Soundso sprechen, und nennst einen Namen mit Z. Ich sage, dass es unter dieser Nummer niemanden mit dem Namen gibt. Du entschuldigst dich und legst auf. Genau eine Stunde und fünfzehn Minuten nach deinem Anruf gehe ich an der Nordseite des Novi Arbat entlang in westlicher Richtung. Irgendwann hält ein Taxi neben mir, der Fahrer kurbelt die Scheibe runter und fragt, ob er mich irgendwo hinfahren kann. Wir feilschen kurz über den Preis. Dann steige ich hinten ein. Der Fahrer des Taxis bist du.«
»Jedes Mal, wenn wir uns treffen, verabreden wir etwas Neues für das nächste Treffen. Wir müssen höllisch aufpassen.«
»Du hast offenbar Erfahrung in solchen Sachen.«
»Ich bin ein Meister auf dem Gebiet.«
Asa sagte: »Es gibt noch vieles an dir zu entdecken, Jewgeni Alexandrowitsch.« Sie spürte, dass das Gespräch zu ernst geworden war, und bemühte sich um einen heiteren Ton. »Ich wette, du hast den Mädchen den Kopf verdreht, als du jung warst.«
»Ich hatte in der Kindheit keine Freundin, wenn du das meinst.«
»Ich hatte nie eine Kindheit.«
»Vielleicht, wenn das
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