Die Company
alles hier vorüber ist –«
Sie errötete und hob die Hand, um ihn zu bremsen, bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte.
Er lächelte. »Wie du hoffe auch ich entgegen aller Hoffnung.« Boris Jelzin befand sich auf vertrautem Gebiet. Er gab gerne Interviews, weil er dann über sein Lieblingsthema sprechen konnte: sich selbst. Gerade erzählte er der britischen Journalistin ausführlich von seiner Kindheit in der Region Swerdlowsk, seinem Aufstieg zum leitenden Kommissar von Swerdlowsk und schließlich zum Vorsitzenden der Moskauer KP. Er schilderte sein Zerwürfnis mit Gorbatschow drei Jahre zuvor. »Ich hatte gerade einen Besuch in Amerika hinter mir«, sagte er. »Sie sind dort mit mir in einen Supermarkt gegangen, und ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich die endlosen Regale voll gestopft mit unzähligen Produkten sah. Mir sind die Tränen gekommen. Mir wurde bewusst, dass wir es mit all unserer Ideologie nicht geschafft hatten, unsere Regale zu füllen. Bedenken Sie, das war zu Beginn der perestroika, und unsere Kommunistische Partei war über jede Kritik erhaben. Aber auf einer Versammlung des Zentralkomitees bin ich aufgestanden und habe die Partei kritisiert; ich habe gesagt, wir hätten den falschen Weg eingeschlagen, ich habe Gorbatschows Reformen als unzureichend kritisiert, ich habe ihm nahe gelegt, zurückzutreten und die Macht dem Kollektiv der Republikführer zu übertragen. Gorbatschow ist blass vor Zorn geworden. Für mich war es der Anfang vom Ende der Zusammenarbeit mit ihm. Er ließ mich aus dem Zentralkomitee und dem Politbüro hinauswerfen. Alle meine Freunde wussten, was es geschlagen hatte, und ließen mich fallen. Ich war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Meine Rettung waren meine Frau und meine beiden Töchter Lena und Tanja, die mir Mut gemacht haben, für meine Überzeugung zu kämpfen. Gerettet hat mich auch, dass ich 1989 zum Mitglied des Obersten Sowjets und letztes Jahr zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde.«
Die Journalistin machte sich eifrig Notizen von dem, was Asa übersetzte. Jelzin, in Hemdsärmeln, warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Die Journalistin verstand den Wink, erhob sich und dankte Jelzin für seine kostbare Zeit. Asa brachte sie zur Tür und trat dann wieder an Jelzins Schreibtisch. »Boris Nikolajewitsch, ich würde gern mit Ihnen einen kleinen Spaziergang im Hof machen.«
Jelzin begriff, dass sie mit ihm über etwas Heikles sprechen wollte. Sein Büro wurde zwar einmal in der Woche nach Wanzen durchsucht, doch da diese Arbeit von KGB-Leuten erledigt wurde, hatten seine Mitarbeiter es sich zur Gewohnheit gemacht, wichtige Themen draußen im Hof des Weißen Hauses zu besprechen. Jelzin warf sich ein Jackett über die massigen Schultern und ging mit Asa durchs Treppenhaus nach unten ins Erdgeschoss, von wo sie in den Hof gelangten. Ein großes Thermometer zeigte an, dass der Winter sich endgültig verabschiedet hatte, doch nach mehreren Stunden in den überheizten Büros des Weißen Hauses fühlte sich die Luft noch ziemlich frisch an. Jelzin zog die Jacke enger um den dicken Hals, Asa schlang sich ihr usbekisches Schultertuch um den Kopf.
»Was ist so wichtig, dass Sie es mir nicht oben erzählen konnten?«
»Ich habe einen alten Bekannten, der viele Jahre für den KGB gearbeitet hat – im Ausland. Er ist heute ein erfolgreicher Unternehmer und hat eine von den Privatbanken eröffnet, die zurzeit in Moskau wie Pilze aus dem Boden schießen. Wegen seiner KGB-Vergangenheit und seiner Bank wurde er von der Frau des Pressebarons Uritzki zu einem geheimen Treffen in einer Datscha am Rand des Dorfes Perchuschowo eingeladen.«
Jelzin, der dafür bekannt war, sich Unmengen scheinbar nutzloser Informationen merken zu können, sagte: »Krjutschkow hat eine Datscha in Perchuschowo.«
Asa erzählte, was sie von Jewgeni über das Treffen erfahren hatte. Sie holte den Briefumschlag hervor, auf dem sie die Namen der Teilnehmer notiert hatte, und las die Liste vor. Sie erwähnte Krjutschkows Vorschlag, den Ausnahmezustand ausrufen zu lassen, und dass alle dafür gestimmt hätten.
Jelzin blieb abrupt stehen und betrachtete den Himmel, als könnte er den Wolkengebilden entnehmen, was die Zukunft bringen würde. »Und wer ist ihr alter Bekannter?«, fragte er Asa, die Augen noch immer auf den Himmel gerichtet.
»Ich musste ihm versprechen, seinen Namen nicht zu nennen. Und er möchte, dass Sie es für sich behalten, dass Sie die Informationen von mir
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