Die Company
Torriti einen Slalom zwischen Aschenbechern hindurch, die vor allem Möglichen außer Asche überquollen. »Ich suche jemanden«, sagte er zu der platinblonden Frau, die Passnummern in ein Hauptbuch übertrug.
Einige Männer saßen verstreut in der Hotelhalle herum. Sie waren alle identisch gekleidet: knöchellange Ledermäntel mit Gürtel, schwarze Schuhe mit dicker Sohle und dunkle Filzhüte mit schmaler Krempe. Sie sahen aus, als wären sie zu einem Casting von Torritis Lieblingsfilm Der öffentliche Feind mit James Cagney aus dem Jahre 1931 bestellt worden. »Spricht hier jemand Englisch?«, rief Torriti.
Die platinblonde Frau an der Rezeption antwortete. »Nicht.«
»Wie soll ich jemanden um Auskunft bitten, wenn niemand Englisch spricht?«, fragte der Zauberer entnervt.
»Lernen Sie Russisch«, schlug sie vor. »Könnte in Russland nützlich sein.«
»Aber Sie sprechen doch Englisch!«
»Nicht.«
»Wieso hab ich bloß das Gefühl, ich falle durch den Spiegel in Alice’ Wunderland?«, sagte Torriti zu niemand Speziellem. »Ich suche jemanden«, sagte er dann zu der Frau.
Sie hob die dick geschminkten Augen. »Egal wen Sie suchen«, erwiderte sie, »er ist nicht hier.«
Dem Zauberer fiel ein, dass man in einer Irrenanstalt am besten geduldig auf die Insassen einging. »Ich suche jemanden namens Rappaport. Endel Rappaport«, erklärte er.
» Job twoju mat «, rief einer von hinten.
Die Platinblonde übersetzte. »Er sagt, fick deine Mutter. «
Die anderen im Raum lachten. Torriti begriff, dass man ihn reizen wollte, und wenn er sich reizen ließ, würde er niemals zu Endel Rappaport kommen, also zähmte er seine Wut und zwang sich, mit zu lachen.
»Rappaport ist ein jüdischer Name«, meldete sich eine andere Stimme in der Lobby.
Torriti vollführte auf einem Absatz eine Pirouette und sah sich nach dem Sprecher um. »Ach ja?«, fragte er unschuldig.
Der Mann, ein dunkelhaariger Riese mit asiatischen Augen, kam über den abgewetzten Teppich auf ihn zu. »Wer schickt Sie zu Endel Rappaport?«
»Wir haben einen gemeinsamen Freund. Ein Rabbi, obwohl er seine Brötchen schon lange nicht mehr als Rabbi verdient.«
»Name?«,, wollte der Mann wissen.
»Ezra.«
»Ist Ezra sein Vor- oder Nachname?«
Torriti behielt eine ausdruckslose Miene. »Sowohl als auch.«
»Vierte Etage«, sagte der Mann und deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung zu dem altersschwachen Aufzug neben der altersschwachen Treppe.
»Welches Zimmer?«
»Alle Zimmer«, sagte die Blondine. »Er hat die Etage gemietet.«
Torriti ging zu dem Aufzug, öffnete die Gittertür, trat ein und drückte den Elfenbeinknopf mit der Nummer vier. Irgendwo in den Tiefen des Gebäudes sprang ein Motor ächzend an. Der Aufzug ruckte mehrmals, ohne dass etwas geschah, und fuhr dann unendlich langsam nach oben. Zwei Männer warteten im vierten Stock. Einer von ihnen öffnete die Gittertür. Der andere tastete den Zauberer ausgesprochen professionell ab, bevor er seinem Partner zunickte, der daraufhin einen Schlüssel aus der Tasche zog und eine gepanzerte Tür öffnete.
Torriti betrat einen geräumigen, hell erleuchteten Raum, der mit finnischen Importen eingerichtet war; Stahlstühle waren um einen Stahltisch gruppiert. Zwei schlanke Männer mit wachsamen asiatischen Augen lehnten an einer Wand. Ein kleiner, elegant gekleideter Mann mit feinem weißen Haar sprang von einem der Stühle auf und verbeugte sich tief vor Torriti. Seine Augen, nur halb geöffnet, blickten den Besucher eindringlich an. »Ihre Legende eilt Ihnen voraus, Mr. Torriti«, sagte er. »Ben Ezra hat mir erzählt, wer Sie früher waren. Leute wie meinesgleichen begegnen Leuten wie Ihresgleichen nicht alle Tage. Bitte nehmen Sie Platz«, sagte er, mit einem Nicken auf einen Stuhl deutend.
»Womit kann ich Ihnen eine Freude machen?« Torriti ließ sich schwerfällig auf einen der finnischen Stühle nieder und stellte fest, dass er überraschend bequem war. »Mit einem Glas«, sagte er.
Endel Rappaport, der wohl auf die achtzig zuging, sagte etwas in einer seltsamen Sprache und zeigte mit einem kleinen Finger auf einen Schrank; es war der einzige Finger, der ihm an der rechten Hand geblieben war, wie Torriti bemerkte. Einer der Männer an der Wand öffnete den Schrank, der voll mit Spirituosenflaschen und Gläsern war. Er brachte ein Kelchglas. Der Zauberer zog seinen Flachmann aus einer Innentasche und goss sich einen kleinen Scotch ein. Rappaport, der seine verstümmelte Hand
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