Die Company
Restaurant nicht weit vom Trubnaja-Platz ein, und anschließend schlenderten sie Arm in Arm über den Zwetnoi-Boulevard im Herzen Moskaus. Spontan kaufte er für Asa an einem Blumenstand einen Strauß weißer Nelken. Später, als er sie nach Hause brachte, grub sie vor der Haustür ihre Nase in die Blumen und atmete den Duft ein. Dann schlang sie die Arme um Jewgenis Hals, küsste ihn leidenschaftlich auf die Lippen und verschwand durch die Haustür, bevor er ein Wort sagen konnte.
Am nächsten Morgen rief er sie an, bevor er zu seinem nächsten Treffen mit den Zwillingsschwestern musste. »Ich bin’s«, sagte er nur.
»Ich weiß«, erwiderte sie. »Ich erkenne dich schon am Klingeln des Telefons.«
»Asa, ich glaube, jedes Mal, wenn wir uns sehen, lasse ich ein wenig von mir bei dir.«
»Oh, ich hoffe, das stimmt nicht«, sagte sie sanft. »Denn wenn du mich zu oft siehst, ist irgendwann nichts mehr von dir übrig.«
Sie schwieg einen Moment; er konnte sie in die Sprechmuschel atmen hören. Schließlich sagte sie mit fester Stimme: »Nächsten Sonntag reist Natascha mit ihrem Vater auf die Krim. Dann bin ich allein in der Wohnung. Wir werden zusammen erkunden, ob deine Lust und mein Verlangen harmonieren.« Sie sagte noch etwas, das in einem plötzlichen Störrauschen unterging. Dann war die Verbindung unterbrochen.
Nach und nach wurde Jewgeni zu den Legenden, die die Schwestern für ihn ersonnen hatten – er kämmte sich die Haare in die Stirn, sprach so schnell, dass er häufig die Sätze nicht beendete, schritt dabei mit lauten, sicheren Schritten auf und ab, während er sein Leben in allen Einzelheiten herunterrasselte. Starik, der oft an den Sitzungen teilnahm, unterbrach ihn hin und wieder mit einer Frage. »Wo genau war der Drugstore, in dem du gearbeitet hast?«
»An der Kingston Avenue, einer Querstraße vom Eastern Parkway. Ich habe den Kindern Comics und Süßigkeiten verkauft.«
Die Schwestern waren von ihrem Schüler begeistert. »Damit wäre unsere Arbeit wohl beendet, wir müssen nur noch die ganzen Notizen vernichten«, sagte Agrippina.
»Aber das zweite Problem muss noch gelöst werden«, meldete sich Serafima zu Wort. Sie blickten Starik an, der nickte. Die Schwestern wechselten verlegene Blicke. »Du musst es ihm sagen«, sagte Serafima zu ihrer Schwester. »Du hast schließlich dran gedacht.«
Agrippina räusperte sich. »Die Legenden, die wir zusammengestellt haben«, sagte sie zu Jewgeni, »sind für junge Männer, die in den Vereinigten Staaten geboren wurden, was bedeutet, dass sie wie die Mehrheit der Amerikaner nach der Geburt beschnitten wurden. Tut mir Leid, dass ich die Frage stellen muss, aber ist unsere Vermutung richtig, dass du nicht beschnitten bist?«
Jewgeni verzog das Gesicht. »Ich ahne, worauf das hinausläuft.«
Starik sagte: »Wir haben einmal einen Agenten verloren, der sich als kanadischer Geschäftsmann getarnt hatte. Die kanadische Polizei fand seine ärztlichen Unterlagen und stellte fest, dass er beschnitten war. Unser Agent war es nicht.« Er zog einen Zettel hervor und las vor. »Die Operation findet morgen früh um neun in einer Privatklinik am Rande von Moskau statt.« Die Schwestern standen auf. Starik bedeutete Jewgeni, noch sitzen zu bleiben. Die zwei Frauen verabschiedeten sich von ihrem Schüler und verließen den Raum.
»Und da wäre noch etwas zu klären«, sagte Starik. »Es geht um diese junge Frau, Asalia Isanowa. Wir haben deine Telefonate abgehört. Wir wissen, dass du mit ihr geschlafen hast –«
Jewgeni reagierte heftig: »Sie ist vertrauenswürdig – sie wohnt mit der Tochter von Genosse Beria zusammen –«
Starik verzog das Gesicht: »Aber begreifst du denn nicht, sie ist zu alt für dich!«
Jewgeni war verdutzt. »Sie ist zwei Jahre älter als ich, na und?«
»Da ist noch was«, f uhr Starik fort. »Ihr Nachname ist Lebowitz. Ihr Vatersname Isanowa ist eine Abwandlung von Isaia. Sie ist eine shid! «
Das Wort traf Jewgeni wie ein Schlag ins Gesicht. »Aber Genosse Beria hat doch über sie Bescheid gewusst, als er sie mit seiner Tochter …«
Stariks Augen verengten sich gefährlich. »Natürlich weiß Beria Bescheid. Viele hohe Funktionäre umgeben sich bewusst mit dem einen oder anderen Juden, um die westliche Propaganda, wir wären Antisemiten, zu entkräften. Molotow ist zu weit gegangen – er hat eine Jüdin geheiratet. Für Stalin war das eine untragbare Situation – der Außenminister mit einer jüdischen Ehefrau
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