Die Company
beiden den Joint Chiefs zugeteilten Colonels tauchten im Punktstrahler auf. Über den Brusttaschen ihrer gestärkten U niformen schimmerten endlose Reihen von Kampfauszeichnungen. In der Gerüchteküche der Company hieß es, sie hätten den ganzen Flug von Washington über ihre Schuhe mit Spucke gewienert, bis sie glänzten wie Spiegel. »Gentlemen«, begann der Colonel mit dem gestutzten Schnauzbart.
»Man merkt, dass er uns noch nicht gut kennt«, brummte Frank Wisner, die Hemdsärmel hochgekrempelt, in seinem unnachahmlichen Südstaatenakzent, und die in Hörweite sitzenden Offiziere, darunter auch Ebby, lachten leise.
Die Versammlung fand im Auditorium der Frankfurter Dienststelle statt, in dem riesigen, langweilig-modernen Komplex der I. G. Farben in Höchst, und es sollten die neuesten, düsteren Prognosen des Pentagons erörtert werden. Wisner, Allen Dulles’ rechte Hand, bereiste gerade wie ein Wirbelwind die europäischen Dienststellen der CIA und nahm deshalb an der Besprechung teil.
Mit einem Zeigestock auf eine große Karte klopfend, spulte der Colonel mit dem Schnauzbart die Namen der einsatzbereiten sowjetischen Divisionen in Ostdeutschland und Polen herunter und behauptete, dass der Kreml dreimal so viele Truppen zusammengezogen habe, als für Besatzungszwecke erforderlich seien. Ein Sergeant Major hängte eine neue Karte auf, und der Colonel setzte seine Zuhörer darüber ins Bild, dass die sowjetischen Panzer ihren Blitzkrieg von Norden her starten würden; binnen weniger Wochen würden sie den Ärmelkanal erreichen. Auf einer dritten Karte schließlich waren sowjetische Flugplätze in Polen und Ostdeutschland sowie in Böhmen zu sehen, von wo aus der Angriff aus der Luft unterstützt werden konnte. Der Colonel signalisierte, das Deckenlicht anzuschalten, trat an den Rand der Bühne und schaute auf Wisner, der in der dritten Reihe neben General Lucian Truscott IV, dem Deutschlandchef der Company, saß. »Die Joint Chiefs möchten«, sagte der Colonel mit leicht erhobenem Kinn und stählernem Blick, »dass Sie auf jeden dieser Flugplätze bis zum 1. Juli 1952 Agenten einschleusen, die den Feind sabotieren, falls er losschlagen will.«
Wisner zupfte an einem seiner Ohrläppchen. »Tja, Lucian, das dürfte für uns ja ein Kinderspiel sein«, sagte er bierernst zu Truscott. »Wie viele Flugplätze waren das noch mal, Colonel?«
»Etwa zweitausend«, erwiderte der Colonel wie aus der Pistole geschossen. »Manche haben befestigte Start- und Landebahnen, manche unbefestigte.«
Wisner nickte nachdenklich. »Zweitausend, manche befestigt, manche nicht«, wiederholte er, drehte sich auf seinem Sitz um und wandte sich an seinen Stellvertreter Dick Helms, der direkt hinter ihm saß. »Sag mal, Dick – wie kann ein A gent auf dem Boden eine Start- und Landebahn sabotieren?«
Helms sagte ausdruckslos: »Keine Ahnung, Frank.«
Wisner sah seine Leute an. »Hat hier jemand einen Schimmer, wie man eine Start- und Landebahn lahm legt?« Als niemand sich zu Wort meldete, wandte Wisner sich wieder an den Colonel. »Vielleicht können Sie uns das ja erklären, Colonel. Wie sabotiert man eine Start- und Landebahn?«
Die beiden Colonels tauschten Blicke. »Wir werden Ihnen die Antwort rechtzeitig übermitteln«, sagte einer von ihnen, woraufhin sie die Besprechung beendeten und den taktischen Rückzug antraten.
Wisner stand auf, stützte sich auf die Rücklehne des Stuhls vor sich und sagte herzhaft lachend zu seinen Leuten: »Ich würde mich schwer wundern, wenn wir jemals wieder was von denen hören. Mit einem Bombenteppich aus der Luft lässt sich ein Flugplatz für zwei, höchstens drei Stunden lahm legen. Was ein einzelner Agent vom Boden aus anrichten soll, ist mir schleierhaft. Aber jetzt zurück zum Ernst des Lebens –«
Schallendes Gelächter erhob sich.
»Damit wir uns richtig verstehen – das sowjetische Reich ist ein Kartenhaus, das zusammenbricht, wenn man an der richtigen Stelle zum richtigen Zeitpunkt kräftig dagegenbläst. Ich bin nicht an führender Position im Geheimdienst, um Flugplätze zu sabotieren oder den Kommunismus einzudämmen. Unsere Mission ist es, den Kommunismus zu schlagen und die unterdrückten Nationen Osteuropas zu befreien. Haben Sie verstanden, Gentlemen? Unsere Mission ist es, den Kommunismus und nicht Flugplätze zu zerstören.«
Ebby hatte, seit er im letzten November nach Deutschland gekommen war, bei Wisners Feldzug gegen den Kommunismus mitgewirkt. Sein erster
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