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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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neben einem lang gestreckten, flachen Gebäude und stiegen aus. Dr. Upmann holte einen Metallring mit einem halben Dutzend Schlüssel hervor, schaltete mit einem davon die Alarmanlage aus und öffnete mit einem anderen die beiden Schlösser an einer schweren Metalltür. Ebby folgte ihm in einen beleuchteten Korridor. »Wie lange sind Sie schon hier auf dem Gelände?«, fragte er.
    »Wir sind kurz nach dem Krieg hier eingezogen. Bis auf einige nachträglich hinzugefügte unterirdische Räume war das Gelände genau so, wie es heute ist. Es wurde ursprünglich für SS-Offiziere und ihre Familien gebaut und hat die Bombenangriffe wie durch ein Wunder unbeschadet überstanden.« Upmann ging mit Ebby in ein beleuchtetes Büro und schloss die Tür. Ebby sah sich um, registrierte die rustikalen Möbel und die mit zerquetschten Insekten übersäten grauen Wände. Er bemerkte ein Plakat, das an der Tür befestigt war. Darauf stand: »Aus sicherer Entfernung ist eine Atomexplosion einer der wunderschönsten Anblicke, die sich dem menschlichen Auge je dargeboten haben.«
    »Glauben Sie das wirklich?«, fragte Ebby seinen Gastgeber.
    Doktor Upmann blickte irritiert. »Das soll bloß ein Scherz sein.«
    »Ich hab gehört, wenn die Deutschen einen Scherz machen, bleibt einem das Lachen im Halse stecken«, murmelte Ebby.
    »Was meinen Sie?«
    »Nichts.«
    Upmann ging vor einem großen Safe in die Hocke, öffnete die Safetür, nahm einen Umschlag heraus und verschloss den Safe wieder gewissenhaft, bevor er zu einem Tisch ging, auf dem er den Inhalt des Umschlags ausbreitete. »Die Papiere hier hat die Abwehr in den letzten Kriegsmonaten gefälscht«, teilte Upmann seinem Besucher mit. »Es sind erstklassige Fälschungen, in mancher Hinsicht besser als das, was wir in den ersten Kriegsjahren zustande gebracht haben. Viele A genten, die wir hinter die bolschewistischen Linien geschleust haben, wurden exekutiert, weil wir den Fehler begangen haben, unsere eigenen, rostfreien Heftklammern zu benutzen statt der sowjetischen Fabrikate, die schon nach kurzer Zeit anfangen zu rosten. Daraus haben wir gelernt. Sehen Sie sich die Stempel an – es sind kleine Kunstwerke. Man muss schon ein Experte sein, um sie von echten unterscheiden zu können.« Er schob die Dokumente nacheinander über den Tisch. »Ein Pass für die Ukrainische Republik, ein Arbeitsbuch, ein Militärpass, ein Offiziersausweis, ein ukrainisches Bezugsscheinheft. Aber denken Sie beim Ausfüllen der Papiere an die russischen Gepflogenheiten; Arbeitsbücher zum Beispiel werden von den Fabrikleitern nur mit Initialen versehen, weil sie meistens gar nicht schreiben können. Und auch die Tinte sollte eine sein, die in der Sowjetunion verwendet wird. Aber das werden Ihre Experten in Frankfurt sicherlich wissen, Mr. Ebbitt.«
    Er holte eine Flasche Cognac und zwei Gläser aus einem Schrank und schenkte ein. »Prost«, sagte er mit einem vorsichtigen Lächeln und stieß mit Ebby an. »Auf den nächsten Krieg – diesmal machen wir sie zusammen fertig.«
    Ebby stellte das Glas, ohne zu trinken, auf den Tisch. »Eine Frage, Doktor Upmann«, sagte er mit vor Wut zitternder Stimme.
    »Ich höre.«
    »Haben Sie Bescheid gewusst?«
    »Worüber?«
    »Über die so genannte Endlösung.«
    Der Deutsche legte einen Finger an die Nase. »Natürlich nicht. Ich hatte mit der Judenfrage nichts zu tun. Ich habe immer nur das gemacht, was ich heute mache – die Bolschewisten bekämpft. Ich war ein Mitarbeiter von General Gehlen – dreieinhalb Jahre an der russischen Front. Der Bolschewismus ist der Feind, Mr. Ebbitt. Wenn Ihre und unsere Truppen sich früher zusammengetan hätten, hätten die Bolschewisten nicht Osteuropa und einen großen Teil von Deutschland schlucken können.«
    » Ihr habt doch Osteuropa vor den Bolschewisten geschluckt – Polen, das Sudetenland, Jugoslawien.«
    Upmann warf verächtlich den Kopf zurück. »Wir haben einen Puffer geschaffen zwischen dem christlichen Westen und den atheistischen Bolschewisten.« Er drehte sich zum Fenster und starrte auf die beleuchteten Straßen des Geländes hinaus. »Hitler«, flüsterte er mit dumpfer Stimme, »hat Deutschland verraten. Er war mehr an der Vernichtung der Juden als an der Vernichtung der Bolschewisten interessiert.« Abrupt wandte sich Upmann wieder seinem Besucher zu und sagte mit bewegter Stimme: »Ich bin Hitler einmal begegnet, als praktisch schon alles verloren war – ich sollte ihm im Auftrag von Gehlen eine

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