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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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hinter Ihrem Tapferkeitsgetue ein Schuss gesunde Angst versteckt.«
    Ein muskulöser Mann mit Bürstenhaarschnitt, etwa Mitte zwanzig, kletterte auf den Hocker neben Jack und hob einen Finger, um die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu lenken. »Ein Bier«, sagte er. Als er Jacks Gesicht im Spiegel erblickte, rief er: »McAuliffe! Jacko McAuliffe!«
    Jack hob die Augen zum Spiegel. Er erkannte den jungen Mann neben sich und wedelte mit dem Finger vor dessen Spiegelbild, während er krampfhaft versuchte, einen Namen mit dem Gesicht in Verbindung zu bringen. Der junge Mann half ihm auf die Sprünge. »Weltmeisterschaft? München? Achtundvierzig? Ich war im russischen Vierer Steuermann. Wir beide haben uns Hals über Kopf in australische Zwillingsschwestern verliebt, aber die Romanze beendet, als die Sonne aufging.«
    Jack schlug sich gegen die Stirn, als ihm der Name einfiel. »Borisow!«, sagte er. »Wanka Borisow! Mensch, was machst du denn hier?«
    Der Barkeeper stellte das Glas Bier vor Borisow auf die Theke. Die beiden jungen Männer stießen an. »Ich arbeite für die sowjetische Import-Export-Kommission«, sagte der Russe. »Wir führen mit der Deutschen Demokratischen Republik Gespräche über Handelsgeschäfte. Und du, Jacko?«
    »Ich hab einen lauen Job im Pressebüro des State Department ergattert. Ich schreibe Verlautbarungen darüber, wie unsere Deutschen unter dem Kapitalismus gedeihen und wie schlecht es euren Deutschen unter dem Kommunismus geht.«
    »Als wir uns zuletzt gesehen haben, hattest du blutige Blasen an den Händen.«
    Jack zeigte dem Russen seine Handflächen, die mit dicken Schwielen bedeckt waren. »Als wir letztes Frühjahr Harvard geschlagen haben, habe ich mich so hart in die Riemen gelegt, dass ich dachte, mir würde die Rippe wieder brechen, die ich mir schon in München gebrochen hatte. Hat höllisch wehgetan.«
    »Was ist denn aus eurem Steuermann geworden? Leon oder so ähnlich?«
    Jack beschlich ein leicht ungutes Gefühl. »Leo Kritzky. Den hab ich aus den Augen verloren«, sagte er mit aufgesetztem Grinsen. Er fragte sich, ob der Russe wirklich im Import-Export-Geschäft war. »Wir hatten uns wegen einer Frau zerstritten.«
    »Du warst schon immer ein Schwerenöter«, sagte der Russe mit einem breiten Lächeln.
    Die beiden Männer plauderten eine Weile übers Rudern. Unvermittelt sagte der Russe mit einem Seitenblick: »Ich war noch nie in den Staaten. Sag mal, Jacko – was ist für amerikanische Verhältnisse eine Menge Geld?«
    Jacks ungutes Gefühl wurde stärker. »Kommt ganz drauf an«, erwiderte er gleichmütig.
    »Nur damit ich mir eine ungefähre Vorstellung machen kann«, hakte Borisow nach. »Fünfundzwanzigtausend Dollar? Fünfzigtausend? Hunderttausend?«
    Jack dachte jetzt, dass die Frage vielleicht doch harmlos war – jeder in Europa war neugierig, wie Amerikaner lebten. Er sagte, fünfundzwanzigtausend Dollar seien ein Haufen Geld, fünfzigtausend ein Vermögen. Borisow ließ die Antwort einen Moment lang auf sich wirken. Dann fragte er: »Wie viel verdienst du denn so im Jahr?«
    »Rund sechstausend.«
    Der Russe schob nachdenklich die Unterlippe vor. »Was würdest du sagen, wenn dir jemand – hier und jetzt – hundertfünfzigtausend Dollar bar auf die Hand bieten würde?«
    Jack schwirrte der Kopf. Er hörte sich fragen: »Was müsste ich dafür tun?«
    »Ab und an Informationen über einen gewissen Harvey Torriti liefern.«
    »Sollte ich jemanden namens Harvey Torriti kennen?«
    Borisow trank einen Schluck Bier und wischte sich über die Lippen. »Wenn hundertfünfzigtausend nicht genug sind, nenn eine Zahl.«
    Jack fragte sich, wie Wanka wohl vom KGB angeworben worden war, vermutlich so wie er von der CIA. »Nur aus Neugierde«, sagte Jack. »Wie viel ist ein Haufen Geld in der Sowjetunion?«
    Wanka rutschte unbehaglich auf seinem Hocker hin und her. »Würde ein Russe mit fünftausend US-Dollar auf einem Schweizer Nummernkonto als reich gelten? Nein? Wie wär’s mit fünfundzwanzigtausend? Immer noch nicht? Okay, sagen wir, irgendwer würde – hier und jetzt – zu dir kommen und die Nummer eines Schweizer Geheimkontos aufschreiben, auf dem hundertfünfzigtausend US-Dollar auf deinen Namen eingezahlt wurden.«
    Der Russe stieß ein beklommenes Lachen aus. »Und was müsste ich dafür tun?«
    »Ab und an Informationen über Karlshorst liefern – Import-Export-Daten, die Namen der Russen, die den Import und Export abwickeln.«
    Borisow rutschte

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