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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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fragt, ob Funkcodes bei den Terroristen gefunden wurden. Der Staatsanwalt sagt, die Terroristen hätten die Codes vor ihrer Ergreifung vernichten können. Er sagt weiter …«
    Die schrille Stimme des Staatsanwalts, gefolgt von der gedämpften Stimme der Dolmetscherin, leierte weiter. Spink zog Ebby ein Stück beiseite. »Machen Sie sich keine Vorwürfe«, flüsterte er. »Es ist ein dreckiges Spiel. So was passiert ständig.« Er klopfte ihm auf die Schulter, und sie wandten sich wieder dem Tonbandgerät zu.
    »… fragt, ob die Terroristen etwas zu sagen haben.«
    Wütendes Gebrüll von den Zuschauerrängen brandete auf. Dann atmete jemand schwer ins Mikrofon. Ein junger Mann fing an, mit roboterhafter Stimme zu sprechen. »Er sagt –« Die Dolmetscherin sog die Atemluft ein. Sie hob unbewusst eine Hand an die Brust und zwang sich fortzufahren. »Er sagt, sein Name ist Adil Azizi. Er sagt, er ist der Kommandoführer. Er sagt, er und seine Kameraden wurden von Agenten der amerikanischen Central Intelligence Agency auf einem geheimen Stützpunkt bei Heidelberg in Deutschland ausgebildet. Ihr Auftrag war es, an der Küste der Albanischen Demokratischen Republik zu landen, sich zur Hauptstadt Tirana durchzuschlagen und mit Hilfe terroristischer Zellen den amtierenden Ministerpräsidenten und Außenminister, Genosse Enver Hoxha, zu ermorden. Der Vorsitzende fragt den Terroristen Azizi, ob er mildernde Umstände geltend machen wolle, bevor das Gericht das Urteil fällt. Adil Azizi sagt, es gebe keine. Er sagt, er und seine beiden Mitangeklagten verdienten die Höchststrafe für den Verrat am Vaterland … Die Rufe, die Sie im Hintergrund hören, kommen von den Zuschauern, sie verlangen die Todesstrafe.«
    Der Techniker drückte die Vorlauftaste und hielt das Zählwerk im Auge. Als er die Zahl erreichte, die er auf einem Zettel notiert hatte, startete er das Band erneut. »Der Radiosender hat zwölf Minuten lang patriotische Musik gespielt, während sich die Richter beraten haben«, erklärte die Dolmetscherin. »Jetzt ist die Urteilsverkündung. Der Richter weist die drei Terroristen an, sich zu erheben. Er sagt, sie seien des Hochverrats und des Terrorismus gegen die Volksrepublik von Albanien und ihren höchsten politischen Führer, Enver Hoxha, überführt. Er sagt, das Gericht verurteilt die drei Terroristen zum Tode. Ich kann nicht mehr –«
    »Übersetzen Sie, verflucht noch mal«, schnauzte Ebby sie an.
    »Er sagt, bei Kapitalverbrechen sei eine Berufung ausgeschlossen. Er ordnet an, die Strafe unverzüglich zu vollstrecken.«
    »Wenn die sagen ›unverzüglich‹, dann meinen die auch ›unverzüglich‹«, warnte der Techniker. Einige der CIA-Offiziere wandten sich betont beiläufig vom Tisch ab und zündeten sich Zigaretten an. Ebby bemerkte, dass einem von ihnen die Hände zitterten.
    »Jetzt kommt die Stimme des Radiosprechers«, fuhr die Dolmetscherin leise fort. »Er schildert, dass die drei Terroristen vor Angst schlottern, als ihnen die Hände auf dem Rücken gefesselt werden und Soldaten sie aus dem Gerichtssaal führen. Er schildert –« Die Dolmetscherin biss sich auf die Lippe. »Er schildert, dass er ihnen zwei Treppen hinunter zur Hintertür des Gebäudes folgt, die auf den Parkplatz geht. Er sagt, dass auf dem Parkplatz heute keine Autos stehen, dass sich eine große Menschenmenge am Rand des Parkplatzes versammelt hat, dass von allen Fenstern über ihm Menschen zuschauen. Er schildert, dass die Terroristen an Eisenringe in der Wand gebunden werden. Er schildert, wie ein Mann in Zivil jedem der Terroristen einen Schluck Pfirsichschnaps gibt. Er sagt, dass das Exekutionskommando die Gewehre entsichert und einer der Terroristen um Gnade fleht.«
    Die Dolmetscherin konnte nicht weiterreden, sie schluchzte haltlos, stand auf und stolperte aus dem Raum.
    Vom Tonbandgerät ertönte das Krachen von Gewehrschüssen, dann knallte es dreimal aus kleinkalibrigen Waffen.
    »Revolver«, sagte Spink professionell. »Kaliber zweiundzwanzig, dem Geräusch nach.«
    »Das waren junge Burschen«, sagte Ebby gepresst. Seine rechte Hand tauchte in seine Jacketttasche und umfasste den Holzgriff des alten Webley-Revolvers, den die jungen Albaner ihm in Heidelberg geschenkt hatten. »Sie hatten keine Zeit mehr, Albanien zu befreien.«
    Spink zuckte fatalistisch die Achseln. »Jedenfalls haben sie es versucht. Gott segne sie dafür.«

 
    12 Frankfurt,
Mittwoch, 2. Mai 1951

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    i ne Air-Force-Maschine hatte Jack nach

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