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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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trotzig den Kopf in die Höhe, blieb dann aber ruhig stehen. Ein schönes Tier, dunkelbraun mit schwarzer Mähne, von hohem Wuchs und zu kräftig für einen Araber. Eine gelungene Kreuzung offensichtlich.
    »So ist es gut. Natürlich soll er Euch respektieren,
Senher,
aber auch lieben. Und vor allem muss er Euch blind vertrauen können. Und Ihr ihm, denn in der Schlacht hängt Euer Leben von ihm ab. Er muss schon spüren, was Ihr wollt, bevor Ihr es überhaupt denken könnt.«
    »Verstehe«, sagte Felipe. »Ich war zu ungeduldig.«
    »Aber Ihr sitzt gut im Sattel. Die Haltung kann ich nicht tadeln. Ihr solltet Euch jetzt beide ganz zwanglos aneinander gewöhnen, und dann machen wir ein paar Übungen.«
    Felipe nickte. Er gab ein wenig Fersendruck und ließ den Hengst im Schritt um die Koppel gehen. Arnaut und Ermengarda sahen zu.
    »So ist die Jugend, Arnaut. Immer in Eile.« Hamid lachte.
    Er besaß noch alle Zähne, und sie leuchteten weiß in seinem braunen Gesicht. Er war ein stattlicher Mann trotz seiner siebenundsechzig Jahre und saß im Sattel wie ein Junger. »Mit Geduld und Nachdenken kommt man meist schneller ans Ziel,
mon gartz.
«
    Arnaut grinste. »Das hast du mir schon oft gesagt, und ich wünschte, ich könnte es mir merken. Bin manchmal noch unbeherrschter als Felipe, wie du weißt.«
    Da könntest du recht haben, dachte Hamid still bei sich. Besonders, wenn man bedenkt, in welch gefährliches Abenteuer du dich mit dieser Erbin von Narbona gestürzt hast.
    Aber dann lachte er, schlug Arnaut auf die Schulter und sagte: »Na zum Glück macht ihr Jungen immer ein paar Dummheiten. Sonst brauchtet ihr uns Alten ja nicht mehr.«
    Hamid war Moslem, aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aus Damaskus. Die dunkle Hautfarbe hatte er von seiner Mutter, einer nubischen Sklavin. Wegen eines Fehltritts aus Leidenschaft in der Jugend war er schrecklich bestraft und aus der Gemeinschaft der Muslime ausgestoßen worden. Er und Großvater Jaufré waren sich bei den Kämpfen der
militia christi
begegnet, hatten sich angefreundet und waren unzertrennlich geworden. Im Krieg hatte jeder dem anderen öfter das Leben gerettet, als sie sich überhaupt erinnern konnten. Und als vor dreißig Jahren Großvater dann heimgekehrt war, hatte Hamid ihn begleitet. Sechs herrliche Araberpferde hatten sie mitgebracht und ein in der ganzen Region bekanntes Gestüt aufgebaut, das Hamid führte.
    »Wir machen einen Ausritt«, rief Ermengarda, als Felipe wieder bei ihnen angekommen war. »Kommst du mit, Raimon?«
    »Ich bleib hier und schau Felipe zu«, erwiderte der.
    »Dann sehen wir uns später.«
    Der ärgerliche Blick, den Felipe ihnen nachsandte, war voll Misstrauen, ja fast Feindseligkeit. Als er merkte, dass Hamid ihn beobachtete, nahm er sich zusammen und lächelte gezwungen.
    »Ein Herz und eine Seele, die beiden«, sagte er leichthin. Aber Hamid war zu weise, um sich täuschen zu lassen.
    »Nun, dann wollen mir mal, junger Herr«, sagte er und zog sich in den Sattel. »Ich zeige Euch jetzt ein paar Tricks.«
    Arnaut und Ermengarda ließen das Gestüt hinter sich und folgten einem vielgenutzten Pfad, der sich den Hang bis zum Bugarach hinaufzog. Ermengardas Wunde war zum Glück gut verheilt. Sie spürte sie kaum noch. Nach einem langen Anstieg ließen sie sich von den Pferden gleiten und setzten sich auf einen umgefallenen Baumstamm, um die Aussicht zu genießen.
    Es war ein angenehmer Tag, weiße Wolken segelten am Himmel, und die Luft fühlte sich an, als ob der Frühling nicht mehr fern wäre. Unter ihnen lag das Tal, an Stellen dichtbewaldet und in winterlichem Graubraun, vor allem wo Laubwald vorherrschte. Dazwischen die langen Felder in unterschiedlichen Schattierungen, je nach Brachland, Koppel oder Acker, und an den steinigen Hängen das Dunkelgrün von Buchsbaum und Steineichen. Auf den Höhen ragten weißgraue Felsen aus dem Gestrüpp von Baum und Strauch, und in der Ferne verlor sich das Auge in einer endlosen Reihe von Bergen und Hügeln, die, je weiter entfernt, immer blasser wurden, bis sich ihre Farben dem Himmel anglichen.
    »Sie sind so gut zu uns«, sagte sie.
    »Wer?«
    »Deine Familie. Und ich liebe deine Mutter.«
    »Alle lieben meine Mutter. Sie ist an einem glücklichen Tag geboren, am Tag der Befreiung Jerusalems, direkt vor den Toren der Stadt, stell dir vor. Meine Großmutter war eine armenische Christin, die später bei einem Türkenüberfall ums Leben gekommen ist.«
    Ermengarda war von
Domna
Adela

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