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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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beeindruckt. Sie war trotz der ersten grauen Strähnen in ihrem dunklen Haar immer noch eine außergewöhnliche Schönheit. Fast noch schöner als ihre eigene Mutter, hatte sie
Senher
Jaufré sagen hören.
    Adela war in den Jahren zu einer klugen und scharfsinnigen Frau herangereift, die auch mit deutlichen Worten nicht zurückhielt. Vielleicht hatte das ihren nichtsnutzigen Gemahl aus dem Haus und in die Arme seiner Saufkumpane und Huren getrieben. Doch trotz des Witwenstandes war sie ein fröhlicher Mensch, dem nicht viel entging. Sie hatte Ermengarda in aller Herzlichkeit aufgenommen und ihr das eigene Gemach in der Burg überlassen. Man hatte sie gebadet und gepflegt, auch einige hübsche Gewänder und Tuniken hatte Adela ihr geschenkt, einen pelzverbrämten Mantel, dazu Ohrringe und ein paar Armreifen. Damit du nicht so verwildert herumläufst, du armes Kind, hatte sie gesagt.
    »Die Sache mit Aimar hat sie schwer getroffen.«
    Arnaut nickte. »Ich weiß. Sie mochte ihn sehr.«
    Er erzählte, wie Aimar vor etwa elf Jahren, damals achtzehnjährig, in Rocafort aufgetaucht war. Blauäugig, barfuß und zerlumpt war er aus der Einsiedelei gekommen. Niemand wusste, wer seine Eltern waren, wahrscheinlich nicht einmal er selbst. Aber Latein konnte er und schreiben. Aufgeweckt war er gewesen und wissbegierig. Jaufré hatte ihn gleich ins Herz geschlossen, ihn in die
familia
aufgenommen und später zu den Brüdern in Fontfreda geschickt, um einen gelehrten Mann aus ihm zu machen. Vielleicht wird mal ein Abt aus ihm oder ein Bischof, hatte Jaufré immer gescherzt, dann kann er auch etwas für uns tun.
    »Ich weiß nicht, wen es schlimmer getroffen hat, meine Mutter oder Großvater. Er habe einen Sohn verloren, war alles, was er gesagt hat. Und dann hat er tagelang mit niemandem geredet.«
    »Ich weiß, wie sie sich fühlen. Es geht mir nicht anders.« Um sich von solch traurigen Gedanken abzulenken, fragte sie: »Wo ist Severin?«
    »Bei den Seinen. Da drüben in der neuen Rodung.« Er deutete auf einige Gehöfte unten im Tal, die um ein kleines Herrenhaus gruppiert lagen. »Das ist vor dreißig Jahren aus dem Wald geschlagen worden. Severins Vater, Gott hab ihn selig, hat mit Großvater im Heiligen Land gekämpft.«
    »Was für ein großartiges Geschenk für Felipe, das dein Onkel ihm gemacht hat. Der Hengst muss ein Vermögen wert sein.«
    »Ich habe mich auch gewundert.« Arnaut kannte seinen Onkel Raol eher als zurückhaltend, jemand, der wenig Unnötiges von sich gab und nur spärlich mit Geschenken und Freundschaftsbezeugungen um sich warf.
    »Felipe ist in letzter Zeit oft übel gelaunt«, sagte sie. »Ich hoffe, dies muntert ihn auf.«
    Und dann, ganz unerwartet, fasste sie nach seiner Hand und hielt sie fest in den ihren. »Wirst du mir immer treu bleiben, Arnaut?«, fragte sie zu seiner Überraschung.
    Er starrte in ihre unmöglich blauen Augen, die ihn nicht loslassen wollten. So blau wie das Meer am Strand von Narbona, dachte er, von wo die Schiffe bis nach Outremer fahren. Die Frage verwirrte ihn.
    »Natürlich«, sagte er. »Du weißt das.«
    »Ich will, dass du es mir beweist.«
    »Wie soll ich es dir denn beweisen?«
    Lachend sprang sie auf. »Knie vor mir nieder und schwöre mir
homagium,
wie es sich für einen Ritter, der seine
domna
liebt, gehört. Ich verlange Huldigung und Treueschwur.« Sie kicherte.
    »Aber …«, stotterte er. »Du hast Felipe. Er ist doch schon dein
champio.
«
    »Na und? Dann habe ich eben zwei treue Ritter. Wer will es mir verbieten?« Sie lachte ausgelassen. Das Spiel machte ihr Spaß. »Los, auf die Knie mit dir.«
    Arnaut tat wie ihm geheißen und hob ihr die gefalteten Hände entgegen, die sie mit den ihren umfing, wie es Brauch war.
    »Sprich den Treueschwur.«
    Arnaut grinste und hob in getragenem Tonfall die jahrhundertealte Eidformel vor, die jeder Vasall seinem Herrn schwört, in diesem Fall der
domina
seines Herzens.
    »Schwör, du wirst mir auf ewig dienen, mich beschützen und mir in allem zu Willen sein«, setzte sie noch hinzu.
    »Ich schwöre es«, sagte er feierlich.
    »Und nun der Kuss.«
    Verdammt, den Kuss hatte er vergessen. Am Ende der Huldigung küsste der Herr seinen Vasallen auf den Mund, um den Pakt zu besiegeln. Er erhob sich unsicher.
    »Wir müssen nicht …«
    »Ich bestehe darauf.« Sie nahm sein Gesicht zwischen beide Hände, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn voll auf den sprachlosen Mund. Als er ihre Lippen spürte, so weich, so

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