Die Comtessa
Gier nach ihrem Leib schier überwältigte. Keine seiner Huren hatte ihn je so verrückt gemacht, dessen war sie sich sicher. Dann wieder spielte sie die reuige Magdalena, die ehrbare und von ihm verführte
domna,
die sich ihrer Sünden schämte, in die Kirche ging und ihn tagelang zappeln ließ, bis er bettelnd zu ihr gekrochen kam und sie ihn seufzend erneut erhörte, ganz als könne sie nicht anders, als sei es stärker als sie selbst.
In Wahrheit hatte sie das Ganze satt, war seiner längst überdrüssig geworden, denn Alfons schien an nichts anderes mehr zu denken, als ihr am Rock zu hängen. Seinen Krieg überließ er manchmal wochenlang Joan de Berzi, der sich, wie man hörte, erfolgreich schlug. Eigentlich müsste sie Alfons warnen, dass ein Heer aus Barcelona drohte. Das Dumme war nur, dann hätte sie ihre Lügen aufdecken müssen.
Während Ermessenda sich mit solchen Gedanken quälte, verbrachte auch Tibaut, sonst eher besonnen und berechnend von Natur, unruhige Wochen voller Ungewissheit. Das Hohe Fest zu Ehren der Geburt unseres Herrn Jesu war längst vergangen, ohne dass sich sein Mann gemeldet hätte. Auch andere Männer, die er bis weit in den Süden geschickt hatte, waren ergebnislos zurückgekehrt. Weder Ermengarda noch sein Späher, das hässliche Wort Meuchelmörder mochte er nicht denken, waren aufzufinden gewesen. War dem Mann etwas zugestoßen?
Die Spur verlor sich in Castel Nou, dessen Burgherr, ein gewisser
Vescoms
Gausbert, angeblich nichts zur Erhellung dieses Rätsels hatte beitragen können. Man hatte Tibaut vom Verkauf der Ländereien in Fourques berichtet. Mittellos war sie nun also auch nicht mehr. Widerstrebend musste er dem gewitzten Mädel Bewunderung zollen, sie schien sich hervorragend zu helfen zu wissen. Wo aber mochte sie stecken? Wäre sie bis Barcelona gekommen, hätte man doch längst von den Katalanen gehört, schließlich lag ihre Flucht nun schon fast drei Monate zurück.
Und dann, vier Wochen nach dem Christfest, tauchte sein Mann spätabends auf, müde, verfroren und niedergeschlagen. Und was für eine seltsame Geschichte er zu erzählen hatte. Wer, zum Teufel, hatte je von Serrabona gehört? Dort hatten sie sich versteckt. Angeblich waren sie von Räubern überfallen worden. Doch warum waren sie dann nicht zu ihrem Schutz nach Castel Nou zurückgekehrt? Tibaut war zu gerissen und misstrauisch, um nicht zu ahnen, dass der gute Gausbert dahinterstecken musste. Aber auch dem waren sie entwischt. Ermengarda zu jagen war, als wollte man einen verdammten Aal packen, der einem immer wieder durch die Finger glitt.
Dass sein Späher sie aufs Neue verfehlt haben musste, war bitter, obwohl der Kerl schwor, dass sein Pfeil getroffen hatte. Am Tag nach dem Anschlag waren sie und ihre Gefährten verschwunden und nicht wiederaufgetaucht. Viele Wochen lang hatte sein Mann die Gegend noch einmal abgesucht und nichts gefunden. Vor Wut über diesen Misserfolg hätte Tibaut ihn am liebsten ohne Lohn zum Teufel geschickt. Aber der Bursche hatte ihm schon oft gute Dienste geleistet. Männer wie er waren selten und nützlich. Man musste sie entweder gut bezahlen oder umbringen, damit sie nicht redeten.
»Zwei Tage zum Ausruhen gebe ich dir, mehr nicht. Dann machst du dich wieder auf den Weg.«
»Ich wüsste nicht, wo ich jetzt noch suchen sollte.«
»Nun, auch ich habe Neues in Erfahrung gebracht. Bevor Menerbas Sohn verschwand, hatte er kurzzeitig Umgang mit einem unbekannten jungen Ritter. Die Wirtin der Herberge, wo der sich aufhielt, hat geplaudert, anscheinend besitzt seine Familie eine Burg, Rocafort mit Namen. Es könnte doch sein, dass sie sich dort verborgen halten. Es soll ganz im Süden der Corbieras beim Berg Bugarach liegen.«
»Ich kenne den Ort.«
»Wenn sie sich auf einer Burg aufhält, könnte sich die Sache als schwierig erweisen, aber ich kann dir keine Männer mitgeben. Du bist wie immer auf dich allein gestellt. Niemand darf von deinem Auftrag wissen.«
Der Mann nickte. »Ist schon klar, Herr. Ihr müsst es nicht ständig wiederholen.«
***
»Sachte,
Senher
Felipe, sachte«, sagte der alte Hamid. »Der Bursche ist ein ausgebildetes Schlachtross und kein Ackergaul. Zerrt nie an der Trense. Sie ist ein feines Instrument, und das Maul verträgt keine rohe Behandlung.«
Felipe runzelte wütend die Stirn, aber dann atmete er tief durch und lockerte die Zügel. Er zwang sich, dem Hengst über den Hals zu streichen, und redete ihm gut zu. Das Pferd warf noch einmal
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