Die Comtessa
dass du langsam alt wirst«, ließ die
cosiniera
in spitzem Ton vernehmen. »Wir alle werden alt. Was ist daran so schlimm?« Erhobenen Hauptes verließ sie den Raum.
»Befrei mich einer von Weibern, die einen nichts als gängeln und bevormunden wollen. Sie und ihre Tochter Maria. Nicht auszuhalten.«
Auch wenn er es nicht gerne zugab, aber die
Domna Cosiniera
herrschte in der Burg, als sei sie die Herrin, und es war nicht gut, ihr in die Quere zu kommen. Dass sie Jaufré mehr als eine Dienstbotin war, wussten alle.
»Hör auf, dich zu beklagen«, brummte Raol, sein Sohn. »Du hast es doch ganz gern.«
Raol war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Doch wo der eine im Alter sehnig und mager geworden war, schlohweißes Haar hatte und ein Gesicht wie gegerbtes Leder, da war der Sohn noch im besten Mannesalter, dunkelhaarig, kräftig und von beeindruckender Statur. Er hinkte ein wenig. Andenken an eine Kriegsverletzung im Heiligen Land.
»Jaja«, murrte Jaufré. »Sie meint es gut, ich weiß.«
»Reden wir besser über Arnaut«, sagte Raol. »Die Sache macht mir Sorgen.«
»Was willst du? Er hat sich doch wacker geschlagen. Ein Teufelskerl, wenn du mich fragst. Geschieht nicht alle Tage, dass man eine Fürstin rettet, noch dazu aus ihrem eigenen Palast.«
Jaufré liebte seinen Enkel. Adela war die Einzige von seinen drei Kindern, die ihm Nachwuchs beschert hatte. Raol und Martin waren die gemeinsamen Söhne seiner lieben, angetrauten Berta, leider schon vor vielen Jahren verstorben. Auch Martin war früh bei einem Scharmützel ums Leben gekommen. Und Raol? Nun, Raol war nicht wie jedermann. Er hatte zwanzig Jahre im Heiligen Land gedient und war als ein in sich gekehrter Einzelgänger zurückgekommen, der weder Weib noch Kinder wollte. Wer weiß, was Raol dort erlebt hatte, er sprach nur selten über diese Zeit. Und Jaufré, der die Greuel des Krieges in Outremer zur Genüge kannte, dem blutete das Herz für seinen Sohn.
»Er bringt uns in eine schwierige Lage«, sagte Raol.
»Da hast du recht.«
So herzlich sie Ermengarda zugetan waren, und besonders Jaufré konnte ihr kaum widerstehen, so beunruhigend war die Tatsache, dass sie hier auf Rocafort die entflohene Braut ihres Lehnsherrn beherbergten. Schlimmer noch, denn einer aus ihrem Klan hatte das Mädel selbst entführt. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn diese Kunde Tolosa erreichte. Was sollten sie tun?
»Verdammt noch mal«, polterte Jaufré, nachdem ihm mit einem Mal die ganze Tragweite bewusst geworden war, denn in den vergangenen Wochen war er solchen Überlegungen eher ausgewichen. »Der Junge hat zu viel vom Blut seines nichtsnutzigen Vaters geerbt. Er denkt nicht nach, ist in allem zu stürmisch.«
Hamid begann zu lachen. »Erst lobst du ihn in den Himmel … Und wenn wir schon von Blut sprechen, mein Lieber, dann erinnere dich gefälligst an deine eigenen Jugendsünden. Da könnte ich so manche aufzählen.«
Jaufré starrte ihn an. Dann musste er lachen. »Also schön. Es liegt wohl in der Familie. Aber was tun wir jetzt, um dem Bengel zu helfen?«
»Es hat auch sein Gutes«, sagte Raol mit Bedacht. »Vielleicht ist dies die Gelegenheit, unsere Gefolgschaft zu verlagern und neue Bindungen einzugehen.«
Jaufré sah ihn erstaunt an. »Was meinst du damit?«
»Unsere Nachbarn sind alle mit Narbona oder mit den Katalanen verbündet«, sprang Hamid bei. »Nur wir halten weiter zu Tolosa. Wir stehen allein in der Region.«
»Meint ihr, das weiß ich nicht?«, fragte Jaufré. »Warum wohl hat Adela diesen Kerl von Peirapertusa geheiratet? Warum ist Robert, Arnauts Bruder, dort jetzt als Knappe in der Ausbildung?«
»Um uns durch solche Bündnisse zu schützen, ich weiß«, erwiderte Raol. »Aber noch besser, wenn wir uns Narbona selbst annähern. Ich zähle auf Barcelona in diesem Streit um die Vermählung. Ramon Berenguer wird Narbona nicht fallen lassen. Außerdem hätte Bruder Aimar Ermengarda nicht ermuntert, nach Süden zu reiten, wenn es nicht so wäre. Ihm hast du immer vertraut, Vater.«
Jaufré brummte etwas Unverständliches. Jede Erwähnung des Mönchs schmerzte ihn.
»Und was die Menerbas betrifft«, fuhr Raol fort, »die sind mächtige Leute in der Vizegrafschaft Narbona. Wir sollten uns gut mit ihnen stellen.«
»Hast du deshalb dem jungen Felipe den Gaul geschenkt?«
Raol nickte. »Was wir für ihn und Ermengarda tun, kann uns nur nützen. Sie werden sich daran erinnern. Und falls Alfons die Sache verliert,
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