Die Comtessa
sagte sie und sah ihn scharf an. »Ist das so eine Art Erpressung, Menerba? Berufe ich ein Gericht, dann legt Ihr das Geständnis vor?«
»Non, non, per Dieu!«,
rief er. »Ich will nur verhindern, dass Ihr Euch an ihr versündigt. Wenn Ihr erlaubt, nehme ich Euch die peinliche Angelegenheit aus den Händen und bringe Ermessenda in meine Festung. Und ich schwöre Euch, die wird sie nie mehr verlassen.«
»Ihr liebt sie also immer noch.«
Er senkte den Blick und hob wie hilflos die Schultern.
Er beschützt sie bis zum letzten Atemzug, dachte sie. Die Liebe dieses Mannes rührte sie mehr als alle Beteuerungen der angeblichen Unschuld ihrer Stiefmutter. Sollte es auch ihr beschert sein, Arnaut ihr ganzes Leben lang zu lieben?
»Und ist sie damit einverstanden?«
»Ich werde, mit Eurer Erlaubnis, sie gleich fragen.«
Ermengarda dachte lange nach, während Menerba still auf seinem Stuhl saß und auf ihre Entscheidung wartete.
»Nur unter einer Bedingung«, sagte sie schließlich. »Als Sühne für Eure Untreue meinem Vater gegenüber verzichtet Ihr ab sofort auf Euren Titel zugunsten Eures Sohnes Felipe. Er wird fortan über Euer Reich bestimmen.«
Menerba lächelte. »Ein milder Richterspruch. Und so habt Ihr uns beiden die Zähne gezogen. La Bela und mir. Aber nichts freut mich mehr. Ich danke Euch von ganzem Herzen,
Midomna.
«
Ermengarda brachte es immer noch nicht übers Herz, ihrer Stiefmutter gegenüberzutreten, zu tief war die Wunde, die ihr dieser Verrat geschlagen hatte. La Bela war wohl ohne Zögern einverstanden gewesen, zu ihrem alten Geliebten zurückzukehren, denn schon am nächsten Tag hatte Menerba einen bequemen Reisewagen bereitstehen, um sie heimzuführen.
Nina wollte wie selbstverständlich die Mutter begleiten.
»Ich erlaube es nicht«, sagte Ermengarda.
»Ich will bei Mama bleiben.«
»Ich lasse Mutter gehen, aber du bleibst hier. Das ist meine Bedingung, Nina. Im Übrigen, du bist jetzt vierzehn Jahre alt und wirst dich bald verloben.«
»Verloben? Mit wem?«
»Mit Don Manrique de Lara,
Senher
de Molina in Aragon. Er ist Graf Ramon Berenguers bester Freund, und die Verlobung findet auf seinen besonderen Wunsch hin statt. Die Laras sind eine edle Familie, auch mit Verbindungen zum König von Kastilien. Du könntest es nicht besser treffen.«
Nina Augen verengten sich. »Du willst mich nur loswerden, gib es doch zu. Du hast Angst, ich könnte etwas gegen dich tun so wie Mutter«, sagte sie voller Zorn. »Du selbst wolltest Alfons Jordan nicht heiraten, erinnerst du dich? Und nun schickst du mich nach Spanien? Eigentlich bist du genau wie Mama. Eine so schrecklich wie die andere. Alles wollt ihr beherrschen.«
Und dann brach sie in Tränen aus. »Ich will keinen Lara«, wimmerte sie. »Ich will Felipe heiraten.«
»Ach, Nina.«
Ermengarda nahm sie in die Arme und hielt sie ganz fest an sich gedrückt. »Nur du bist mir als Einzige geblieben, und ich liebe dich. Aber Felipe ist jetzt Raimons Schwester versprochen.« Sie streichelte Ninas blonden Schopf. »Wir können uns diese Dinge nicht aussuchen, sosehr wir es auch wünschen. Selbst ich nicht. Ich habe diesen Kerl aus Andusa am Hals und darf überhaupt niemanden mehr heiraten. Kinder werde ich wohl nie haben.«
Nun kamen auch ihr die Tränen.
»Versprich mir eines, Nina.«
»Was?«
»Ich bitte dich, nenn deinen ersten Sohn Aimeric, so wie unser Vater hieß. Und wenn er sechzehn Jahre alt ist, dann schick ihn zu mir, damit ich ihn zu meinem Nachfolger erziehen kann. So bleibt das Blut unserer
familia
erhalten. Versprich es.«
Nina nickte unter Schluchzen.
***
An einem späten Nachmittag saß Ermengarda allein am Fenster ihres Gemachs und schaute auf den Fluss hinunter. Sie hatte sich schön gemacht. Obwohl für wen? Die Sonne stand schon tief und golden über den Dächern von lo Borc. Eine sanfte Frühlingsbrise streichelte ihr Gesicht und füllte den Raum mit den Düften der Blumen aus dem neuen Garten, angereichert mit einem feinen Salzhauch vom nahen Meer und den kräftigeren Gerüchen der Fischbuden auf der Brücke, wo sich Möwen um Reste zankten, die man ihnen zuwarf.
Ein kleines Segelschiff kam vom Meer her den Fluss herauf. Kurz vor der Brücke ließen die Fischer das Segel fallen und den Kiel auf den schmalen Sandstrand auflaufen. Sie mussten tagelang auf hoher See gefischt haben, denn ihre Frauen kamen angerannt und warteten aufgeregt, bis die Männer von Bord sprangen, um ihnen endlich um den Hals zu
Weitere Kostenlose Bücher