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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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und fing sie geschickt auf.
    Peire leckte sich die Lippen. »Sie haben ganz heimlich getan«, grinste er dann. »Aber ich habe alles belauscht. Was gibst du mir, wenn ich es verrate?«
    »Hier!« Der Fremde streckte ihm die flache Hand entgegen, auf der die Münze im Licht der Sonne funkelte. Bruder Peire fasste zu, aber schnell hatte der Mann die Faust wieder geschlossen. »Zuerst musst du es mir sagen.«
    Peire blickte sich um. Außer ihnen war niemand zu sehen.
    »Sie sind nach Spanien«, raunte er. »Nach Catalonha. Zum Grafen dort wollen sie. Und über die Saumpfade in den Bergen wollten sie reiten, wo niemand sie vermutet.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich schwöre es beim Leib Jesu und allen Heiligen!«
    »Das ist gut. Sehr gut. Hier ist deine Belohnung.« Der Mann warf ihm die Münze zu. »Der Erzbischof wird sehr zufrieden sein. Ich werde ihm von dir berichten.«
    Peire starrte hocherfreut auf die Goldmünze in seiner Hand. Noch nie hatte er einen solchen Schatz besessen. Außerdem würde der Erzbischof von seinen guten Diensten erfahren und ihn vielleicht zu sich rufen. Er blickte auf. Der Fremde hatte sich schon abgewandt.
    »Ich heiße Peire«, rief er ihm etwas lahm hinterher. »Sag das dem Erzbischof.« Doch der Mann hörte ihn schon nicht mehr.

Castel Nou dels Aspres
    I m Grunde war Ermengarda froh, dass der
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die Verkleidung so leicht durchschaut hatte. Und so schlich sie sich bei erster Gelegenheit, ein gutes Stück Weg vom Ort des Überfalls entfernt, in die Büsche und entledigte sich des straff gebundenen Schals, der ihre Brüste flachgepresst und sie kaum hatte atmen lassen. Auch die hässliche Mütze verschwand in ihrer Tasche.
    Sie überlegte, ob sie den Schal, ein schönes Stück aus weinroter Seide, als Kopftuch tragen sollte, wie es sich für eine Frau geziemte. Besonders in Begleitung von Männern, die nicht zur Familie gehörten. Aber das würde sie schon von weitem als Frau verraten und nur Neugier erwecken. Außerdem genoss sie das ungewohnte Spiel des Windes im Haar.
    Zum Glück hatte sie es nicht zu kurz geschnitten, sondern trug es, wie eben auch viele junge Männer von Stand, bis fast auf die Schultern. In Castel Nou würde sie eine kundige Magd finden, um zu retten, was zu retten war. Ihren Schal schlang sie kurzerhand um den Hals und atmete tief durch. Die Änderungen waren kaum merklich, trotzdem fühlte sie sich endlich wieder wie eine junge Frau und nicht wie ein zu klein geratener Jägerlehrling.
    Inzwischen führte der Weg von den Bergen hinab in die Ebene, die sich zwischen der Corbieras und den Ausläufern des Pireneus befand. Am frühen Abend überquerten sie an einer Furt das Flüsschen Agli und erreichten kurz darauf das kleine Kloster Espira. Hier fanden sie freundliche Aufnahme, ein einfaches Mahl und für Ermengarda eine Kammer. Besonders genoss sie den Eimer mit heißem Wasser, den man ihr zum Waschen hinstellte, und ließ sich mit einem behaglichen Seufzer in das weiche Bett fallen, auch wenn es nur mit Stroh gefüllt war.
    Dann half sie den Mönchen, sich um Raimons Verwundung zu kümmern. Er schrie herzerbärmlich, als man vorsichtig den Panzer abzog und ihn aus dem
gambais
schälte. Der Verband war von Blut und Ausfluss durchtränkt, die Wunde pochte, war geschwollen und rot gerändert. Ein Pfropfen Eiter saß im Wundkanal, den der Pfeil geschlagen hatte. Als man den Eiter zu entfernen suchte, verlor er vor Schmerz fast das Bewusstsein. Sie wuschen die Wunde mit warmem Wasser aus, legten einen Wickel mit dickem Brei aus Schafgarbe an und ließen ihn vorsichtshalber zur Ader, um das vergiftete Blut abfließen zu lassen.
    Am nächsten Tag, er hatte gottlob eine ruhige Nacht verbracht, schien es Raimon besserzugehen. Sie halfen ihm, sein
gambais
überzuziehen, verzichteten aber auf den schweren Panzer und legten ihm einen Schlingverband um die Schulter, um den Arm zu entlasten.
    Fraire
Aimar, der den Weg von früheren Reisen her kannte, hatte nun die Führung übernommen. Die schmale Straße führte durch flaches, fruchtbares Land, mit Winterweizen bestellte Felder, Weingärten, Obst- und Olivenhaine. Pinien säumten an manchen Stellen den Wegrand oder hochgewachsene Platanen. Die Häuser der reichen Gutshöfe und feudalen Anwesen waren aus rotgebrannten Ziegeln und nicht aus unverputztem Feldstein wie die Hütten der Bauern in den Bergen. Obwohl sie sich weiterhin auf Nebenstraßen bewegten, begegneten ihnen nun weit mehr Menschen. Pilger auf der Wanderschaft,

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