Die Comtessa
Fuhrleute mit ihren Ochsenkarren, einmal sogar ein Trupp bewaffneter Reiter, der ihnen zum Glück keine Beachtung schenkte.
Seit Peire Rogier sie begleitete, hatte Ermengarda weder Aug noch Ohr für Felipe und Arnaut. Selbst
Fraire
Aimar musste zurückstecken, denn sie schien an dem mageren Poeten einen Narren gefressen zu haben, wollte alles über ihn wissen, ließ sich Beispiele seiner Kunst vortragen oder die Feinheiten gewisser Verse erklären.
Der Mann stammte aus der Alvernhe und war angeblich Geistlicher gewesen, hatte es sogar bis zum Chorherrn der Kathedrale von Clermont gebracht. Doch dann hatte er dem tristen Einerlei des Kirchendaseins das freie Leben eines
joglars,
eines wandernden Spielmanns und Gauklers, vorgezogen. Ermengarda war begeistert, dass er ebenfalls auf dem Weg nach Catalonha war, und erhoffte sich noch viele Stunden ungetrübter Freude und Kurzweil.
»Das hast du von deiner Hilfsbereitschaft«, grummelte Severin. »Jetzt müssen wir uns die Ohren von hier bis Spanien mit seinen Liedern vollquäken lassen.«
»Irgendwann wird er ja wohl das Maul halten.«
»Und wenn nicht, binden wir ihm den Schnabel zu«, lachte Felipe. »Am besten mit seinem eigenen Gürtel.«
In ihrem Misstrauen dem Fremden gegenüber fühlten die drei jungen Männer sich seltsamerweise verbundener denn je. Es stärkte ihre Kameradschaft, und man musste es Felipe zugutehalten, dass ihm plötzlich klarwurde, dass er sich benommen hatte, als besäße er ein Pachtrecht auf Ermengarda. Beschämend nur, dass man von einem verdammten Spielmann vom Sockel gestoßen wurde.
Aber Rogier war kein Dummkopf. Er hatte die finsteren Blicke schon bemerkt und wie still die anderen geworden waren.
»Ich bitte um Gnade,
Midomna
«, sagte er deshalb zu Ermengarda. »Bis Barcelona ist es noch weit. Oder wollt Ihr an einem einzigen Morgen mein ganzes Hirn aussaugen?«
»Nein, gewiss nicht«, lachte sie. »Verzeiht meine Neugierde.«
Von da an nahm sich Rogier auf feinfühlige Art zurück. Er bemühte sich, Bruder Aimar in ein Gespräch zu ziehen, später dankte er Arnaut noch einmal für seine Rettung und ließ sich von ihm die Geschichte der abenteuerlichen Flucht erzählen.
»Das ist Stoff für ein
canso,
bei Gott!«, rief er, als Arnaut geendet hatte. »Oder für ein Heldenlied, ein episches Gedicht.«
»Ich glaube eher nicht«, mischte
Fraire
Aimar sich ein. »Von einer Dame ihres Standes soll man keine Lieder machen. Das geziemt sich nicht.«
»Schade, aber Ihr habt natürlich recht«, erwiderte Rogier, obwohl ihm dabei der Schelm aus den Augen blitzte.
Arnaut hatte eigentlich nichts gegen den
joglar.
Er fand, der Mann hatte etwas Unbekümmertes, war angenehm und freundlich im Umgang und besaß eine gute Prise Humor. Solche Eigenschaften waren gewiss unentbehrlich für einen fahrenden Sänger, der von Hof zu Hof zog und nur von der Hand in den Mund und der Gunst der adeligen Herren lebte.
In gewisser Weise, vielleicht weil er ihn aus den Klauen der Räuber befreit hatte, fühlte Arnaut sich sogar ein wenig verantwortlich für ihn. Er hatte beobachtet, wie Rogier Ermengarda ganz schamlos den Hof machte, aber mit einer so schalkhaften Leichtigkeit, dass man es nicht übelnehmen konnte, als sei es nur ein Spiel, das zu seiner Rolle gehörte, und nichts weiter. Trotzdem beneidete Arnaut ihn um seine höfische Gewandtheit. Dass Felipe zeitweilig seinen Platz an der Sonne eingebüßt hatte, störte ihn wenig.
Am fernen östlichen Horizont, nicht weit vom Meer gelegen, erkannten sie bald darauf die Mauern des Städtchens Perpinhá, doch hielten sie sich, wie verabredet, weiterhin abseits der Hauptstraßen und verfolgten ihren Weg auf die Berge zu.
Während Arnaut sich mit Rogier unterhielt, machte auch
Fraire
Aimar sich seine Gedanken. Er hatte bemerkt, dass zwischen Felipe und Arnaut ein gewisser Wettstreit um Ermengardas Gunst entstanden war, ein Umstand, der ihm Sorgen machte. Unbewusst, vielleicht ohne es zu wollen, spielte Felipe den Vorteil seiner Abstammung und seines hohen Ranges aus.
Arnaut litt es mit Unwillen, wusste aber nichts dagegenzusetzen, außer Entschlossenheit und Mut, den er wieder einmal gegen die Wegelagerer bewiesen hatte. Und der Tatsache, dass alle Mitglieder der Truppe, wenn es darauf ankam, auf ihn blickten und seiner Führung vertrauten. Seltsamerweise sogar Felipe.
Trotz dieser kleinen Spannungen hatten sich die Dinge auf dem Ritt durch die Berge eingespielt, es war ein Gleichgewicht entstanden.
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