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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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auch gestorben. Vielleicht könnte sie sein Grab besuchen und sich im Jordan taufen lassen.
    Aber dann fiel ihr ein, dass sie kein Gold besaß für eine solche Reise, und der Gedanke an ihren Großvater erinnerte sie daran, dass sie als zukünftige
vescomtessa
von Narbona Verantwortung trug. Immerhin, es war schön zu träumen.
    Arnaut, den anderen weit voraus, ritt gerade einen flachen Hang entlang. Der Weg stieg stetig an, bis er einige hundert Schritt weiter um eine Biegung verschwand. Plötzlich vernahm er Stimmen. Es war, als schrie jemand um Hilfe, dann blieb es wieder still, nur um nach kurzer Zeit erneut flehentlich durch den Wald zu schallen.
    Er trieb Amir zur Eile an, und in schnellem Trab erklommen sie die leichte Anhöhe. Oben angekommen, verlangsamte er die Gangart, um sich einen Überblick zu verschaffen. Der Weg bog um den Hang herum und führte wieder hinab bis in eine Lichtung, ein Wiesengrund, der von Bäumen umgeben in einer Mulde lag. Und von dort kam das verzweifelte Geschrei.
    Jetzt sah er sie. Vier Kerle setzten einem Mann zu, den sie wie gekreuzigt auf den Rücken gezerrt hatten und der sich vergeblich zu wehren suchte. Zwei von ihnen hielten seine Arme fest, während ein dritter auf ihn einschlug. Der vierte versuchte, ihm die Stiefel von den Füßen zu ziehen, doch er strampelte wie ein Besessener und schrie unentwegt. Noch zwei Gauner wühlten durch die Satteltaschen eines mageren Gauls, und ein weiteres halbes Dutzend umstand die Gruppe und lachte grölend. Alle waren bewaffnet, mit Spießen, Messern oder schartigen Sicheln, zwei von ihnen trugen Bögen. Einer, der wie ihr Anführer aussah, stand mit den Fäusten in die Seiten gestemmt da und beobachtete grinsend das Geschehen. Er trug Helm und Lederpanzer, dazu ein langes Schwert an seiner Hüfte.
    Einem Mann in Not muss geholfen werden. Mehr bedurfte es nicht, um Arnaut zum unbedachten, sofortigen Angriff zu reizen. Oder war es gar sein unterdrückter Unmut über Felipe? Jedenfalls dachte er nicht einmal daran, in sein Horn zu blasen, sondern zerrte den Schild vom Rücken, riss sein Schwert aus der Scheide und stieß Amir die Sporen in die Flanken. Sie stoben in so wildem Galopp den Hang hinunter, dass die Erde bebte und die Steine von den Hufen flogen.
    »Rocafort!«, brüllte er seinen Schlachtruf und hielt mitten hinein in die völlig überraschte Räuberbande. Ohne dass Amir seinen Lauf merklich verlangsamte, trieb ihn Arnaut auf den Anführer zu. Der hatte nicht einmal Zeit, sein Schwert zu heben, da schulterte der Hengst ihn zur Seite, während Arnauts Klinge ihm in den Nacken fuhr.
    Nicht weiter auf den Getroffenen achtend, griff er jetzt die Bogenschützen an. Der eine wurde von Amir in die Schulter gebissen und niedergetrampelt. Der andere bemühte sich verzweifelt, einen Pfeil anzulegen, da traf ihn Arnauts Schwertstreich so mächtig über dem Ohr, dass der halbe Schädel wegflog.
    Arnaut drehte den Hengst im Kreis, suchte mit wildem Blick nach weiteren Angreifern, aber die übrigen Kerle waren wie zu Salzsäulen erstarrt, starrten entsetzt auf ihren Anführer, der in die Knie gesackt war, während ihm das Blut in zuckenden Fontänen zwischen den Fingern hervorschoss und das Gras besprühte.
    »Rocafort!«, brüllte Arnaut noch einmal, hob das blutige Schwert und gab Amir erneut die Sporen. Das war zu viel für die Männer. Sie flohen in alle Richtungen, schlugen sich in die Büsche, verloren sich im Wald. Selbst der gebissene Bogenschütze rappelte sich hoch und hinkte ihnen nach. Bevor Arnaut an Verfolgung denken konnte, waren sie verschwunden, auch wenn man sie noch lange durch das Unterholz trampeln hörte.
    Er blieb allein zurück mit den Gefallenen und dem halbnackten Opfer dieses Überfalls. Der Mann hatte sich inzwischen aufgerichtet und blickte benommen um sich, als könne er kaum fassen, was gerade geschehen war.
    Arnaut stieg vom Pferd und starrte einen Augenblick auf die blutige Waffe in seiner Hand. Sorgfältig wischte er sie an einem Grasbüschel sauber und ließ sie langsam, fast andächtig wieder in die Scheide gleiten. Bei Waffenübungen und Scheinkämpfen war er immer gut gewesen, aber nun lernte er zum ersten Mal, wie verheerend ein Schwertstreich sein kann. Er atmete tief durch, um sein Herz zu beruhigen, das ihm noch heftig in der Brust schlug.
    Bevor er sich dem armen Kerl zuwenden konnte, den er gerettet hatte, hörte man Hufschlag, und wenig später stürmte Felipe auf die Lichtung.
    »Was ist

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