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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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versuchen. Leicht wird das nicht. Denn sie hat keine Ahnung, wo sie ist. »I map«, flüstert sie zur Erklärung, faltet die Karte auseinander, versucht in stockendem Englisch von Wald und Wegen und Labyrinth zu erzählen. Vom Parkplatz, auf dem sie sitzt.
    »Start again. Look at your map, tell me the names on your map, tell me what the surroundings look like.«
    Sie versucht und versucht. Es wird ein seltsames Gespräch. Weiß diese Polizistin denn nicht, dass es im Wald außerhalb ihrer Stadt einen Zauberwald gibt? Weiß sie nichts vom Labyrinth, vom Wald, von …
    »Yes«, hört sie. »I think I understand. Please stay there until I come. Please.«
    Dann schaltet die Vernunft sich ein, sie umklammert das Telefon und sagt:
    »You come alone. ALONE! If not I …«
    »I’ll come alone«, hört sie, ehe sie die Verbindung beendet.
     
    Fünf Minuten vergehen. Zehn. Fünfzehn. Kein Wagen fährt vorbei. Kein Jäger mit Hund lässt sich sehen. Die Welt ist tot. Sonnig und kalt und eisigtot. Plötzlich kommt ihr ein Gedanke, etwas, das sie ganz einfach übersehen hatte. Sie kann hier nicht sitzenbleiben, sie darf nicht hier gefunden werden, wenn sie hier sitzenbleibt, dann hätte sie es sich sparen können, in der Kate alle Spuren zu entfernen und wegzuwischen. Sie lässt den Motor an. Fährt vom Parkplatz, zögert, dreht, fährt zurück, hält wieder an. Einmal, zweimal, immer wieder. Am Ende glaubt sie überall Menschen zu sehen. Sie liegen hinter jedem Strauch und jedem Grasbüschel, liegen und lauern und zielen auf sie, der Parkplatz ist umzingelt, sie sind hinter jedem Baumstamm, im Wald wimmelt es nur so von allen, die es auf sie abgesehen haben. Bald werden sie ihre Hunde loslassen. Sabbernde Hunde, die auf sie zustürzen. Sie hat keine Garantie dafür, dass die Frau ihr Wort halten wird. Mit einem Ruck verlässt ein Jeep einen »Parkplatz«, auf dem eigentlich Holz aufbewahrt wird, und rumpelt über einen Forstweg voller Tannenzweige und Reisig.
     
    Woher dieses Tier gekommen ist, weiß sie nicht. Sie konnte es kaum registrieren, da war es auch schon wieder verschwunden. Sie sah nur einen roten Schwanz blitzschnell über den Weg huschen und im Wald verschwinden. Und sah zugleich das, was sie bisher übersehen hatte, eine Abzweigung nach links, eine scharfe Kurve, die in denselben Wald führt. Sie hatte sie vorher nicht gesehen, war nicht in diese Richtung gefahren. Sie reißt das Lenkrad herum, wendet, fährt im Schritt weiter. Der Weg ist uneben. Aber er sieht anders aus, er sieht aus, als liege er hier schon seit langer Zeit im Wald. Und nach einer Weile geht er in einen Kiesweg über. Jetzt sieht er aus wie ein Weg, der hinausführt. Weit vor sich sieht sie einen Bus, der einen runden Platz verlässt. Busse, die an der Endhaltestelle kehrtmachen, fahren in die Stadt. Sie folgt dem Bus. Wenn der Fahrer einen Blick in den Spiegel geworfen hätte, hätte er einen Jeep Cherokee gesehen, der ganz langsam weiterfährt. Aber der Fahrer tut das nicht. Er hat nur Augen für die enge, kurvenreiche Straße.

22
    Kommissarin Halvorsen speichert nach dem letzten Anruf die Angaben im Display. Der Anruf stammte von einem Mobiltelefon. Sie notiert eilig die Nummer, reicht sie Vang.
    »Hier«, sagt sie. »Überprüfen. Und zwar sofort. Das war der ›Spatz‹.« Bei der letzten Auskunft fährt Kollege Vang zusammen, macht sich über das Telefon her und erteilt schon einen Befehl, noch ehe sie das Zimmer verlassen hat. Man könnte meinen, er sei normalerweise als Offizier tätig.
    Chef Sundt ist nicht allein im Büro, doch ein Blick auf Halvorsen genügt und sein Besuch ist verschwunden.
    »Sie hat angerufen«, sagte Anne-kin, »hat von einem Mobiltelefon aus angerufen. Vang überprüft gerade die Nummer. Sie hat gesagt, wo sie ist, genauer gesagt, sie hat einen Teufelswald erwähnt, durch den sie gefahren oder gegangen ist, und nicht einen einzigen Ortsnamen, aber der Wald liegt außerhalb von ›the terrible city‹, womit sie hoffentlich Trondheim meint, und ich habe gesagt, sie solle warten, bis wir kommen, nein, bis ich komme, denn ich soll unbedingt allein kommen, wenn nicht dann …«
    Sie schnappt nach Luft. Sieht ihren Chef an, er begreift immer schnell, das hier hat er begriffen.
    »Du bist sicher, dass sie das war?«, fragt er. Anne-kin nickt. »Hohe Bäume«, sagt sie. »Schlechte Straße, jede Menge Gestrüpp auf dem Boden, Parkplatz, kein Haus, keine Leute, ›no nothing‹. Eine elende Ortsangabe.«
    »Wie in

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