Die Corleones
ihm erzählen, was passiert ist. Wahrscheinlich hat er von nichts eine Ahnung, und damit hat sich’s dann.«
»Und ich werde mir wie ein Idiot vorkommen.«
»Ihr seid alle beide Idioten«, sagte Eileen, zog Bobby an sich und küsste ihn auf die Wange. »Na los, red mit ihm. Es ist sowieso an der Zeit, dass ihr das Kriegsbeil begrabt.«
»Was ist mit Caitlin? Kommst du allein mit dem Laden klar?«
Eileen verdrehte die Augen. »Du hältst dich wohl für unabkömmlich, was?« Sie tätschelte Bobby das Knie und stand auf. »Bleib nicht zu lange weg«, sagte sie auf dem Weg in den Flur. In der Tür blieb sie stehen und deutete zur Küche. »Na los, geh schon.« Dann holte sie Caitlin.
Vito hielt Connie an der Hand und reichte Fredo ein Taschentuch. Sie befanden sich auf der Sixth Avenue zwischen der 32. und 33. Straße und warteten mit Hunderten von anderen darauf, dass die Parade begann. Fredo hustete, seit er am Morgen aufgestanden war, aber er hatte die Familie unbedingt begleiten wollen, und jetzt stand Carmella hinter ihm, hielt ihm die Hand auf die Stirn und sah Vito mit einem Stirnrunzeln an. Das Wetter war wechselhaft, einmal bewölkt, dann wieder sonnig; es versprach bald wärmer zu werden, aber im Moment, im Schatten von Gimbels Department Store, war es kühl, und Fredo zitterte. Hinter Carmella lieferten sich Sonny und Tom einen Scheinboxkampf mit Michael, der wegen der Parade ganz aufgeregt war und begeistert mitspielte; seine Boxhiebe glitten unter Sonnys Arm hindurch, und er rammte Tom spielerisch eine Schulter in den Bauch. Am anderen Ende der Straße stand Stadtrat Fischer mit einer Reihe von Honoratioren zusammen, darunter auch der Polizeichef, der eine gestärkte Uniform trug mit Bändern und Medaillen an der Brust. Als Vito und seine Familie an demStadtrat vorbeigekommen waren, hatte er ihnen nicht einmal zugenickt.
»Du bist krank«, sagte Vito. »Du zitterst ja.«
»Nein, bin ich nicht«, erwiderte Fredo und schob die Hand seiner Mutter beiseite. »Ich hab mich nur ein bisschen verkühlt, Papa.«
Vito hob ermahnend den Finger und rief nach Al Hats, der zusammen mit Richie Gatto und den Romero-Zwillingen die Menschenmenge im Auge behielt. Auf der anderen Straßenseite hatten sich Luca Brasi und seine Leute unter die Zuschauer gemischt. Als Al mit einer Zigarette zwischen den Lippen und den Fedora tief in der Stirn herbeischlenderte, riss Vito ihm die Zigarette aus dem Mund, trat sie aus und rückte seinen Hut zurecht. »Bring Fredo nach Hause«, sagte er. »Er hat Fieber.«
»Tut mir leid«, sagte Al zu Vito und meinte damit die Zigarette und dass er hier wie die Karikatur eines Ganoven herumlief. Er zog seine dunkelgraue Krawatte gerade, die nicht ganz zu seinem kastanienbraunen Hemd passen wollte. Zu Fredo sagte er: »Komm, junger Mann. Ich spendier dir noch einen Milchshake.«
»Wirklich?« Fredo warf seiner Mutter einen fragenden Blick zu.
»Klar«, sagte Carmella. »Das ist gut gegen das Fieber.«
»Habt ihr das gehört?«, rief Fredo seinen Brüdern zu. »Ich muss nach Hause, weil ich krank bin.«
Die Jungs hörten auf herumzualbern und traten zu Fredo und ihren Eltern. Sie waren von zahlreichen Menschen umgeben – vielen Italienern, aber auch Polen, Iren und einer Gruppe Chassidim, die schwarze Gewänder und schwarze Fedoras trugen. »Das tut mir leid«, sagte Michael zu Fredo. »Soll ich dir ein Autogramm vom Bürgermeister besorgen, wenn wir ihn treffen?«
»Warum sollte ich von diesem fetten Penner ein Autogramm wollen?«, erwiderte Fredo und versetzte Michael eine Schubs.
»Hört auf damit«, sagte Sonny und packte Michael am Kragen, bevor er sich bei Fredo revanchieren konnte.
Vito sah seine beiden jüngeren Söhne an und stieß einen Seufzeraus. Schließlich gab er Hats ein Zeichen, und dieser nahm Fredo am Arm und führte ihn davon.
»Tut mir leid, Papa«, sagte Michael und fügte rasch hinzu: »Meinst du, wir treffen den Bürgermeister? Meinst du, ich bekomm ein Autogramm von ihm?«
Vito nahm Connie auf den Arm und zog ihr das blaue Kleid über die Knie. »Deine Schwester benimmt sich wie ein Engel«, sagte er zu Michael.
»Tut mir leid, Papa, ehrlich«, erwiderte Michael. »Ich wollte mich nicht mit Fredo streiten.«
Vito sah ihn ernst an, bevor er ihm den Arm um die Schulter legte und ihn zu sich heranzog. »Wenn du ein Autogramm vom Bürgermeister möchtest, dann werde ich dafür sorgen, dass du eins bekommst.«
»Wirklich, Papa? Das kannst du?«
»Hey,
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