Die Corleones
Polizisten umgeben, die wie Generäle gekleidet waren, und von einer Horde Amtsträger in Anzügen und Uniformen, aber seine korpulente Figur und die energische Art und Weise, mit der er seinen Hut schwenkte, ließen ihn deutlich hervorstechen. Eine Meute von Polizisten riegelte den Wagen ab, und vor ihnen erstreckte sich die Parade den Broadway entlang, so weit Cork sehen konnte. Hinter dem Bürgermeister und seiner Fraktion ritten zwei Polizisten auf Pferden; sie wirkten wie sich im Schneckentempo vorwärtsbewegende Platzhalter, die die Amtsträger von den Majoretten und dem Tschingderassabumm derMarschkapelle trennten, die »The Stars and Stripes Forever« spielte.
Cork schritt den Gehsteig entlang in die Gegenrichtung zur Prozession und hielt nach Sonny Ausschau. Eine Reihe grauer Wolken trieb über ihnen an den Häusern vorbei und schob sich immer wieder vor die Sonne, wodurch der Eindruck entstand, ein Flickwerk aus Licht und Schatten würde der Prozession folgen, die sich die Avenue entlangbewegte. Nachdem die Marschkapelle vorüber war, folgten ihr nur noch einzelne Ansammlungen von Leuten. Eine Gruppe von etwa einem Dutzend Männern, Frauen und Kindern trug ein Transparent, auf dem
Walter’s Stationary,
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Broadway
zu lesen war. Hinter ihnen schritt Hand in Hand ein vornehm gekleidetes Paar einher und winkte der Menge. In dem Moment, als Cork Luca Brasi auf der anderen Straßenseite entdeckte, trat Angelo Romero ihm in den Weg. Cork wich zurück und erkannte dann erst, dass es sein Freund war, der ihn da angrinste.
»Was zum Teufel suchst du denn hier, Cork?« Angelo packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn.
»Angelo«, erwiderte Cork, »was ist hier los?«
Angelo blickte auf die Straße und sah dann wieder Cork an. »Eine Parade. Was denkst denn du?«
»Danke«, sagte Cork, riss Angelo die Melone vom Kopf und schnippte gegen die rot-weiße Feder. »Ich hab einen Onkel in Irland, der mit so einem Hut rumläuft.«
Angelo nahm ihm den Hut aus der Hand. »Was hast du hier verloren?«
»Ich hab bei Gimbels eingekauft. Eileen hat was gebraucht. Und du?« Er deutete über die Straße. »Und Luca?«
»Die Corleones laufen bei der Parade mit. Wir passen auf, dass es keinen Ärger gibt.«
»Wo sind sie?« Cork ließ den Blick über die Straße schweifen. »Ich seh sie nirgends.«
»Sie sind noch ein Stück zurück«, sagte Angelo. »Los, komm. Willst du uns begleiten?«
»Nee«, sagte Cork. Er hatte zwei von Lucas Leuten entdeckt,Tony Coli und Paulie Attardi, die sich unter die Zuschauer gemischt hatten. Tony hinkte, seit ihm Willie O’Rourke ins Bein geschossen hatte. »Treibt sich Lucas ganze Gang hier herum?«
»Yeah«, erwiderte Angelo. »Luca und seine Jungs, ich und Vinnie und Richie Gatto.«
»Wo ist Nico?«, wollte Cork wissen. »Oder sind Griechen hier nicht erwünscht?«
»Das weißt du noch nicht? Die Corleones haben ihm einen Job im Hafen besorgt.«
»Ach ja, ich hab’s vergessen. Die Italiener möchten unter sich bleiben.«
»Nee, so sind sie nicht.« Angelo schien darüber nachzudenken. »Tom Hagen ist auch kein Italiener.«
»Darüber hab ich mich schon oft gewundert. Irgendwie ergibt das keinen Sinn.«
»Vergiss es«, sagte Angelo. »Komm doch einfach mit. Sonny freut sich bestimmt, dich zu sehen. Du weißt, dass es ihm gestunken hat, wie alles gelaufen ist.«
»Nee.« Cork trat einen Schritt von Angelo weg. »Ich hab noch was für Eileen zu erledigen. Ich arbeite jetzt für sie. Außerdem hab ich nicht den Eindruck, als bräuchtet ihr noch mehr Leute.« Er deutete zu Luca hinüber. »Himmel, der ist ja noch hässlicher geworden.«
»Yeah«, sagte Angelo. »Und allzu gut riechen tut er auch nicht.«
Cork schaute ein letztes Mal den Broadway hinauf und hinab. Aber er sah nur einen Haufen Leute, die sich die Parade anschauten, und Luca und seine Jungs, die die Leute beobachteten. »Na gut«, sagte er und versetzte Angelo einen Schubs. »Richte Sonny aus, dass ich mich bald mal melde.«
»Ist gut«, erwiderte Angelo. »Ich werd’s ihm sagen. Ach ja, ich soll dich auch von Vinnie grüßen. Ich hab das Gefühl, die Pappnase vermisst es, mit dir rumzuhängen.« Verlegen streckte er die Hand aus.
Cork schüttelte sie, schlug ihm auf die Schulter und machte sich dann auf den Weg zu Gimbels. Jemand hatte eine
Daily News
fallenlassen, und er bückte sich, um sie aufzuheben, als der Wind die Seiten umblätterte. Cork blickte zu den Wolken empor – plötzlich sah es nach Regen
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