Die Corleones
sich auf der Liege aus, stand auf, legte sich wieder hin, stand wieder auf und ging unruhig auf und ab, bevor er sich auf die Liege setzte und an dem Radio auf dem Nachttisch herumfummelte. Eine paar Minuten lang hörte er einem Boxkampf zu, dann drehte er wieder an dem großen Sendersuchknopf und beobachtete, wie ein schwarzes Band über eine Reihe von Zahlen glitt, bis er bei der
Guy Lombardo Show
angelangt war; eine ganze Weile lauschte er Burns and Allen, während Gracie in einem fort von ihrem verschwundenen Bruder erzählte, dann schaltete er das Radio aus, stand auf und ging zu einem der uralten Bücherschränke hinüber, um sich etwas zu lesen herauszusuchen, aber er konnte sich einfach auf keine drei Worte hintereinander konzentrieren. Schließlich setzte er sich wieder auf die Liege und ließ den Kopf in die Hände sinken.
Eileen hatte darauf bestanden, dass er in diesem Zimmer hinter der Bäckerei blieb, bis sie mit Sonny geredet hatte. Und sie hatte recht. Es war eine gute Idee. Er wollte sie und Caitlin nicht in Gefahr bringen. Wahrscheinlich sollte er sich woanders verstecken, aber er wusste nicht, wo. Immer wieder ging er in Gedanken durch, was passiert war. Er hatte auf Vito Corleone geschossen. Daran gab es nicht den geringsten Zweifel. Aber er hatte auf Dwyer gezielt, der Vito gerade eine Kugel in den Hinterkopf hatte jagen wollen. Und obwohl er aus Versehen Vito getroffenhatte, hatte er ihm wahrscheinlich trotzdem das Leben gerettet, da Dwyers Kugel ihr Ziel verfehlte. Wäre Vito nicht zu Boden gegangen, hätte sie ihn bestimmt getroffen. Und ihn getötet. So unglaublich es klang – wahrscheinlich hatte er Vito das Leben gerettet, indem er ihn angeschossen hatte.
Obwohl niemand sonst ihm das glauben würde, so hoffte Cork doch, Sonny überzeugen zu können. Sonny kannte ihn zu gut. Sie waren nicht einfach nur Freunde, sie waren fast wie Brüder. Sonny musste doch wissen, dass er, Bobby Corcoran, niemals auf Vito schießen würde. Cork würde ihm nur erklären müssen, dass er auf die Parade gegangen war, nachdem Mrs. O’Rourke ihm einen Besuch abgestattet hatte, dass er sich Sorgen um Sonny und seine Familie gemacht und dass er gesehen hatte, wie Dwyer sich von hinten an Vito anschlich, und dass er versucht hatte, ihn zu retten. Die Tatsachen leuchteten ein, wenn man sie nur ins rechte Licht rückte, und er wusste, dass Sonny das große Ganze sehen würde, und dann würde Cork sich darauf verlassen müssen, dass Sonny den Rest seiner Familie überzeugen konnte, und danach wäre alles wieder in Butter und er würde wieder ganz normal in der Bäckerei arbeiten können. Vielleicht bedankten sich die Corleones sogar dafür, dass er versucht hatte, ihnen zu helfen. Niemand hatte je behauptet, er sei ein Scharfschütze. Aber gütiger Himmel, er hatte sein Bestes getan!
Oben hörte er die Tür auf- und zugehen und Eileens Schritte auf der Treppe, dann öffnete sie die Tür, und er saß noch immer mit dem Kopf in den Händen auf dem Rand der Liege.
»Schau dich mal an«, sagte sie und stemmte die Hände in die Hüften. »Wie siehst du denn aus? Die Haare ganz zerwuschelt und so gebeugt, als würde das ganze Unglück der Welt auf dir lasten.«
Cork strich sich die Haare glatt. »Ich sitze hier und denke: Bobby Corcoran, hast du wirklich auf Vito Corleone geschossen? Und die Antwort ist immer dieselbe: Ja, das hast du, Mr. Corcoran. Du hast ihm eine Kugel in die Schulter gejagt, und Dutzende von Menschen haben es gesehen, nicht zuletzt Sonny.«
Eileen setzte sich neben Cork und legte ihm die Hand aufs Knie. »Ach, Bobby«, sagte sie und schwieg dann, während ihr Blick über die Reihen von Büchern glitt, die ihr gegenüber in den Schrank gestopft waren. Sie strich sich den Rock über den Knien glatt, hob die Hand und drückte ein Ohrläppchen zwischen Daumen und Zeigefinger.
»
Ach, Bobby
was?« Cork nahm die Hände vom Gesicht und sah seine Schwester an. »Was willst du mir sagen, Eileen?«
»Wusstest du, dass bei der Schießerei ein kleiner Junge ums Leben gekommen ist? Ein Kind im gleichen Alter wie Caitlin?«
»Ja. Ich hab ihn auf der Straße liegen sehen. Aber ich hab ihn nicht erschossen.«
»Das wollte ich damit nicht sagen«, entgegnete Eileen, aber ihre Stimme klang trotzdem ein wenig vorwurfsvoll.
»Herrgott noch mal, Eileen! Ich wollte Sonny helfen! Du hast doch selbst gesagt, dass ich hingehen soll!«
»Ich habe nicht gesagt, dass du eine Pistole mitnehmen sollst.«
»Heilige
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