Die Corleones
Mutter Gottes!« Bobby schlug die Hände vors Gesicht. »Eileen, wenn ich Sonny nicht erklären kann, was da passiert ist, bin ich so gut wie tot. Ich hab auf Vito Corleone geschossen. Nicht mit Absicht, aber trotzdem.«
»Sonny wird schon Vernunft annehmen.« Eileen legte ihrem Bruder die Hand um den Hals. »Wir warten ein oder zwei Tage, bis sich alles ein wenig beruhigt hat, und wenn Sonny bis dahin nicht auf der Suche nach dir bei mir aufkreuzt, gehe ich zu ihm. So oder so werde ich mit ihm reden. Wenn Sonny erst die ganze Geschichte kennt, wird er begreifen, was wirklich vorgefallen ist.«
»Dann muss er nur noch den Rest seiner Familie überzeugen.« Bobbys Tonfall legte nahe, dass das nicht einfach sein würde.
»Aye. Das könnte schwierig werden.« Eileen küsste Bobby auf die Schulter. »Sonny weiß mit Worten umzugehen, das musst du ihm lassen. Er wird seine Familie schon überzeugen. Darauf wette ich.« Als Bobby nicht antwortete, sondern nur teilnahmslos nickte und sich die Augen rieb, küsste Eileen ihn auf die Schläfen und sagte ihm, er solle ein wenig schlafen.
»Schlafen«, erwiderte Bobby. »Das ist eine gute Idee.« Damit warf er sich auf die Liege und zog sich das Kissen über den Kopf. »Weck mich, wenn ich mich wieder auf die Straße trauen kann.«
»Ach, dann müsstest du bis in alle Ewigkeit schlafen«, sagte Eileen, während sie hinausging, aber sie sagte es so leise, dass Bobby es nicht hören konnte.
Clemenza packte Sonny am Revers und zog ihn zu sich heran. »Fünf Minuten«, sagte er, »
capisc’
? Eine Minute länger, und ich komm dich holen.« Sie saßen auf der Rückbank von Clemenzas Buick, Jimmy Mancini und Al Hats auf den Vordersitzen, Jimmy hinterm Steuer. Sie hatten gerade erst vor dem Gebäude angehalten, in dem Mrs. Columbo wohnte, und Sandra schaute über ihnen aus dem Fenster. Kaum war Jimmy rechts rangefahren, verschwand Sandras Kopf hinter den Vorhängen. »Fünf Minuten«, wiederholte Clemenza, und Sonny brummte zustimmend und stieß die Wagentür auf. »Ihr bleibt bei ihm«, sagte Clemenza zu Jimmy und tippte ihm auf die Schulter.
Jimmy schaltete den Motor aus und schloss sich Hats an, der bereits ausgestiegen war und Sonny die Treppe zum Hauseingang hinauf folgte.
»
Che cazzo!
« Sonny fuhr herum und warf die Hände in die Luft. »Wartet im Wagen! Ich bin in zwei Minuten wieder da!«
»Geht leider nicht«, sagte Jimmy und wies mit einer Kopfbewegung auf Sandra, die in der Tür stand und sich die Hand auf die Brust presste, als befände sich Sonny in ernster Gefahr. »Wir warten hier«, sagte Jimmy, und er und Al wandten dem Hauseingang den Rücken zu und bezogen am Fuß der Treppe auf beiden Seiten Stellung.
Sonny schaute zu Clemenza hinüber, der mit gerunzelter Stirn auf der Rückbank saß, die Hände über dem Bauch gefaltet, stieß dann einen kaum hörbaren Fluch aus und eilte die Stufen hinauf. Sandra schlang die Arme um seinen Hals und drückte so fest zu, dass sie ihn fast umgerissen hätte.
»Puppengesicht«, sagte Sonny und löste sich aus ihrer Umklammerung, »ich muss mich beeilen.« Er trat einen Schritt zurück und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Ich wollte dir nur sagen, dass wir uns erst wieder sehen können, wenn diese ganze Sache mit der Parade vorüber ist.« Er drückte ihr einen kurzen, leidenschaftslosen Kuss auf die Lippen. »Aber mit mir ist alles in Ordnung. Das wird schon wieder.«
»Sonny …« Sandra wollte etwas sagen, verstummte aber sogleich. Sie sah aus, als würde sie bei jedem weiteren Wort in Tränen ausbrechen.
»Puppengesicht«, sagte Sonny noch einmal. »Ich verspreche dir, die ganze Angelegenheit hat sich bald erledigt.«
»Wie bald?«, brachte Sandra hervor und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Was ist denn überhaupt los, Sonny?«
»Nichts weiter«, erwiderte Sonny, verbesserte sich jedoch sofort. »Irgendwer hat da ein Blutbad angerichtet. Aber die Polizei wird das schon in Ordnung bringen. Die kriegen die Mistkerle, die das getan haben, und dann ist alles wieder beim Alten.«
»Ich verstehe das nicht«, sagte Sandra, ohne auf Sonnys Erklärung einzugehen. »In der Zeitung stehen schreckliche Dinge über deine Familie.«
»Den Unsinn glaubst du doch nicht etwa? Weil wir Italiener sind, meinen die, sie könnten alles über uns schreiben.«
Sandra blickte die Treppe hinunter zu Jimmy und Al, die wie Wachtposten auf dem Gehsteig standen. Beide hatten sie eine Hand in der Tasche und sie
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