Die Corleones
seiner Tochter untergehakt und auf der anderen bei seiner Frau. Phillip Tattaglia und Anthony Stracci standen mit ihren Ehefrauen am Rand des Kreises, neben sich einige Kinder, die sich schüchtern umschauten. Heute feierten sie die Hochzeit seines ältesten Sohnes, und zu Vitos Freude hatte niemand abgesagt. Noch mehr freute er sich darüber, dass die Geschenke und Glückwünsche von Herzen kamen. Alle verdienten inzwischen gutes Geld. Alle waren in Feierstimmung.
Als das Lied zu Ende war und alles klatschte und Beifall rief, trat Genco zu Vito und den anderen auf das Podest, eine Holzschüssel mit Orangen in der Hand.
»Eh!«, schrie Clemenza, zog ein feuchtes Taschentuch aus seinem zerknitterten Jackett und wischte sich über die Stirn. »Woher kommen denn die ganzen Orangen?«
»Frag Sal«, erwiderte Genco und reichte Tessio die Schüssel. »Er ist heute Morgen mit Kisten davon aufgekreuzt.«
Tessio nahm sich, ohne auf Clemenzas Frage einzugehen, eine Orange und hielt sie prüfend in der Hand.
Genco legte Vito den Arm um die Schulter und sagte: »Großartig, Vito, wirklich großartig.«
Vito erwiderte: »Danke, mein Freund«, und Genco flüsterte ihm ins Ohr: »Bald heiratet noch jemand anderes.«
»Wer denn?«
Genco und Vito traten ein paar Schritte zurück, so dass Clemenza und Tessio nicht mithören konnten. »Heute Morgen haben wir Luigi Battaglia aufgespürt.«
»Wen?«
»Hooks. Lucas Ex-Kumpel, der ihn bei den Bullen verpfiffen hat und mit seinem Geld abgehauen ist.«
»Ah«, erwiderte Vito. »Und?«
»Wie sich herausstellt, betreibt er ein Restaurant irgendwo in West Virginia. Und jetzt heiratet er auch noch ein Mädchen von da unten.« Genco verzog das Gesicht über so viel Verrücktheit. »So haben wir ihn auch gefunden. Sein Name ist in der amtlichen Verlautbarung aufgetaucht. Der
imbecille
hat seinen richtigen Namen verwendet.«
»Weiß Luca davon?«
»Nein«, sagte Genco.
»Gut. Dann sorge dafür, dass das so bleibt. Luca muss von alldem nichts erfahren.«
»Vito, er hat Luca eine Menge Geld abgenommen.«
Vito hob den Finger. »Luca darf nichts davon erfahren. Nie. Kein Wort.«
Bevor Genco etwas erwidern konnte, kam Ursula Gatto auf das Podest, ihren zehnjährigen Sohn Paulie an der Hand, gefolgt von Frankie Pentangeli. Während Frankie Tessio und Clemenza umarmte, führte Ursula ihren Sohn zu Vito. Der Junge blieb vor ihm stehen und wiederholte die Worte, die er ganz offensichtlich auf Drängen seiner Mutter auswendig gelernt hatte. »Vielen Dank, Mr. Corleone, dass Sie uns zur Hochzeit von Santino und Sandra eingeladen haben.«
»Aber gerne«, sagte Vito und wuschelte ihm durchs Haar. Dann breitete er die Hände aus, und Ursula fiel ihm, Tränen in den Augen, in die Arme. Vito tätschelte ihr den Rücken und küsste sie auf die Stirn. »Du gehörst zu unserer Familie«, sagte er und wischte ihr die Tränen fort. »
La nostra famiglia!
«, wiederholte er.
»
Sì «
, sagte Ursula. »
Grazie
.« Sie wollte noch etwas sagen, konnte jedoch nicht sprechen, ohne zu weinen. Also nahm sie Paulie bei der Hand, küsste Vito noch einmal auf die Wange und wandte sich gerade zum Gehen um, als Tom Hagen sich dem Podest näherte.
Auf der anderen Seite des Gartens lehnte Luca Brasi an der Mauer und ließ den Blick über die Feiernden schweifen. Seine Miene war ausdruckslos, aber er hätte ebenso gut direkt zu Vito hinüberschauen können. Genco, dem das nicht entging, sagte: »Hast du in letzter Zeit mit Luca gesprochen? Er wird jeden Tag dümmer.«
»Er muss auch nicht klug sein«, erwiderte Vito.
Tom Hagen trat zu ihnen und umarmte Vito. Ihm folgten Tessio, Clemenza und Frankie Pentangeli, die sich alle plötzlich an der Unterhaltung beteiligen wollten. Tom hatte Gencos Bemerkung über Luca mitgehört. »Er rennt hier herum wie ein Zombie«, sagte er zu Genco. »Kein Mensch redet mit ihm.«
»Er stinkt ja auch zum Himmel!«, rief Clemenza. »Er müsste dringend mal wieder baden.«
Alle wandten sich zu Vito um und warteten auf seine Reaktion. Vito zuckte jedoch nur mit den Schultern und brummte: »Und wer sagt ihm das?«
Die Männer dachten einen Moment darüber nach, bevor sie in lautes Gelächter ausbrachen. »Wer sagt ihm das?«, wiederholte Tessio und wandte sich wieder seiner Orange zu.
Carmella kniete, Nadel und Faden zwischen den Lippen, vor Sandras Rocksaum. Eine der zahllosen Perlenschnüre, die das weiße Satinkleid schmückten, hatte sich gelöst, und Carmella hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher