Die Corleones
während um den Tisch herum wieder applaudiert wurde. Schließlich traten die Männer einer nach dem anderen zu ihm, drückten ihm die Hand und wechselten ein paar Worte mit ihm.
Sonny, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte, schaute zu, wie sein Vater Hände schüttelte und jeden der Dons umarmte. Als Barzini an der Reihe war, umarmte Vito auch ihn wie einen lange verschollenen Bruder, und als Vito ihn wieder losließ, küsste Barzini ihn auf die Wange.
»Man könnte meinen, sie wären die dicksten Freunde«, sagte Sonny zu Tomasino, der sich zu ihm gesellt hatte.
»Das sind sie auch«, erwiderte Tomasino und klopfte Sonny auf den Rücken. »Jetzt ist alles vorbei. Und wir dürfen nett zu einander sein.« Er zwinkerte Sonny zu. »Darauf muss ich unbedingt mit meinem neuen Kumpel Luca anstoßen.« Er rieb sich die Narbe unter seinem Auge, lachte und setzte sich Richtung Buffet in Bewegung.
Sonny schaute noch ein letztes Mal zu seinem Vater hinüber, der mit Barzini und Tattaglia plauderte, und folgte Tomasino durch die Tür.
Bis alle gegangen waren, stand die Sonne tief über Saint Francis. Durch zwei Fenster fielen ihre Strahlen in geraden Linien auf die Überreste der Antipastiplatten und Tabletts mit Fleisch und Pasta. Nur die Corleones waren noch da, und auch sie machten sich zum Gehen bereit. Vito hatte sich einen Stuhl an den Tisch herangezogen. Genco und Tessio saßen links von ihm, Sonny und Clemenza zu seiner Rechten. Jimmy Mancini und Al Hats waren hinausgegangen und holten die Wagen. Für ein paar Minuten war es ruhig in dem Zimmer, und sogar der Lärm des Verkehrs war kurzzeitig nicht zu hören.
»Schaut mal«, sagte Clemenza und zog eine noch verschlossene Flasche Champagner aus einer Kiste unter dem Tisch. »Eine haben sie übersehen.« Er legte eine Stoffserviette um den Korken, und während die anderen zusahen, lockerte er ihn mit geübterHand. Als er knallte, stellte Tessio fünf Gläser auf ein Tablett, nahm eines für sich und schob die übrigen zu Vito hinüber.
»Heute war ein guter Tag.« Vito nahm ein Glas und ließ sich von Clemenza einschenken. »Jetzt sind wir die mächtigste Familie in New York«, fuhr er fort, während Clemenza die anderen Gläser füllte. »In zehn Jahren werden wir die mächtigste Familie in ganz Amerika sein.« Tessio rief: »Hört, hört!«, und alle hoben die Gläser und tranken.
Nachdem wieder Schweigen herrschte, stand Clemenza auf und musterte Vito, als wäre er sich über etwas im Unklaren. Nach kurzem Zögern sagte er mit großer Ernsthaftigkeit: »Vito«, was alle aufmerken ließ, denn für Clemenza war das ungewöhnlich. »Vito«, wiederholte er, »wir wissen alle, dass du mit Sonny andere Pläne hattest. Andere Träume …« Er nickte, was fast schon einer Verbeugung vor seinem Don gleichkam. »Aber nachdem die Dinge sich jetzt so entwickelt haben, können wir, so glaube ich, stolz auf unseren Santino sein, der erst vor Kurzem gezeigt hat, zu was er in der Lage ist und wie sehr er seinen Vater liebt. Lasst uns ihn in unserer Welt und in unserem Geschäft willkommen heißen. Sonny, du bist jetzt einer von uns!« Clemenza hob sein Glas und prostete Sonny zu. »
Cent’anni!
«, sagte er. Die anderen, darunter Vito, taten es ihm nach, riefen »
Cent’anni!
« und leerten ihre Gläser.
Sonny, der nicht wusste, wie er darauf reagieren sollte, sagte »Danke«, und alle lachten – außer Vito. Sonny schoss das Blut ins Gesicht. Er starrte sein Champagnerglas an und kippte es hinunter. Vito, dem nicht entgangen war, wie verlegen sein Sohn war, umfasste seinen Kopf und küsste ihn auf die Stirn, was von einer Runde Applaus begleitet wurde. Alle klopften ihm auf den Rücken und umarmten ihn, was Sonny dankbar erwiderte.
Sommer 1935 - 30.
Eileen stand an der Spüle und schrubbte den schwarzen Boden der Pfanne, die sie gestern Abend hatte anbrennen lassen. Sie wusste nicht, was sie mehr ärgerte: die Tatsache, dass es in ihrer Wohnung so heiß war wie in einer Sauna, sobald die Temperaturen wie an diesem sonnigen Juninachmittag über dreißig Grad anstiegen; das eiernde Klappern des billigen Ventilators auf dem Tisch hinter ihr, der nicht mehr zustande brachte, als die heiße Luft ein wenig umzurühren; oder Caitlins Gequengel, das ihr schon den ganzen Tag auf die Nerven ging. Jetzt gerade wollten die Aufkleber in ihrem Aufkleberbuch einfach nicht haften bleiben, weil es dafür zu warm war. »Caitlin«, sagte Eileen, ohne von ihrer Arbeit
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