Die Corleones
glatte, rotblonde Haar wie ihr Bruder, nur dass sie es lang trug. Im Schein der Straßenlampen wirkten ihre Augen tiefschwarz.
Sonny breitete die Arme aus, als wollte er sagen:
Was soll ich machen?
»Er wollte, dass ich ihn hierher fahre«, rief er, wobei er sich bemühte, nicht gleich die ganze Nachbarschaft zu wecken.
»Bring ihn rauf«, sagte Eileen und schloss das Fenster.
»Alles okay.« Cork richtete sich auf und atmete tief durch. »Schon besser.« Als Sonny ihm helfen wollte, hob er abwehrend die Hand.
Sonny schaute zu, wie Cork sich abmühte, erst den richtigen Schlüssel zu finden und ihn dann ins Schlüsselloch zu stecken. »
Cazzo!
Wie viel hast du denn getrunken?«
»Mach mir einfach die verdammte Tür auf, ja, Kumpel? Wenn das geschafft ist, komm ich schon alleine klar.«
Sonny nahm Cork den Schlüssel aus der Hand und schloss die Tür auf. »Die Wohnungstür ist bestimmt auch verriegelt.«
»Aye, gut möglich«, brummte Cork.
»Na, dann mal los.« Sonny legte Cork den Arm um die Taille und führte ihn die Treppe hinauf.
»Du bist ein guter Kumpel, Sonny Corleone«, sagte Cork viel zu laut.
»Brüll nicht so rum. Du weckst noch das ganze Haus.«
Eileen hörte, wie die beiden Jungs die Treppe heraufstolperten, und öffnete die Tür zu Caitlins Zimmer einen Spaltbreit, um einen Blick hineinzuwerfen. Das Kind schlief tief und fest, in den Armen eine ausgefranste gelbbraune Giraffe, die sie »Boo« nannte, wieso, wusste kein Mensch. Caitlin hatte sich kurz nach Jimmys Tod mit dem Plüschtier angefreundet, und in den Jahren seither hatte sie es immer mit sich herumgeschleppt. Sein Fell war inzwischen völlig verfilzt, die Farben waren verblasst, und es war kaum noch als Giraffe erkennbar – aber was konnte der weiche gelbbraune Stoffklumpen mit dem langen Hals, der von einem Kind umklammert wurde, schon anderes sein als eine Giraffe?
Eileen zog Caitlin die Quiltdecke bis zum Hals hoch und strich ihr durchs Haar.
In der Küche spülte sie die Kaffeekanne aus und holte eine Büchse Maxwell House aus dem Schrank. Als die Tür hinter ihr aufging und Sonny in die Küche trat, wobei er Cork fast tragen musste, drehte sie sich um und stemmte die Hände in die Hüften. »Ihr beide. Schaut euch doch mal an.«
»Ach, Schwesterchen.« Cork löste sich von Sonny und bemühte sich, aufrecht zu stehen. »Mir geht’s gut.« Er nahm den Hut ab und drückte die Faust hinein.
»Ihr seht auch wirklich großartig aus«, bemerkte Eileen.
»Wir haben nur ein bisschen gefeiert«, erwiderte Sonny.
Eileen musterte ihn mit kaltem Blick. An Cork gewandt sagte sie: »Siehst du das?«, und deutete auf eine Zeitung, die auf dem Küchentisch lag. »Die habe ich für dich aufgehoben.« Dann sah sie Sonny an. »Für euch beide.«
Cork trat vorsichtig an den Tisch, beugte sich über die Zeitung und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen das Bild eines elegant gekleideten jungen Mannes, der auf der Straße lag. Offenbar hatte ihm jemand eine Kugel in den Kopf gejagt. Ein kreisrunder Strohhut lag auf dem Gehsteig neben ihm. »Ach, das ist der
Mirror
«, sagte Cork. »Die suchen sich immer was Sensationelles.«
»Klar«, sagte Eileen. »Und mit dir hat das rein gar nichts zu tun, was?«
»Ach, Schwesterchen«, sagte Cork und drehte die Zeitung um.
»Komm mir nicht mit ›Schwesterchen‹. Du weißt genau, was ich meine.« Eileen drehte die Zeitung wieder auf die Vorderseite. »In genau solche Sachen bist du verwickelt. Und genau so wirst du enden.«
»Ach, Schwesterchen.«
»Und ich werde dir nicht eine Träne nachweinen, Bobby Corcoran.«
»Ich geh dann mal besser.« Sonny stand mit dem Hut in der Hand neben der Tür.
Eileen wandte sich zu ihm um, und ihr Blick wurde etwas weicher. »Ich setze frischen Kaffee auf«, sagte sie und machte sich an der Spüle zu schaffen.
»Nee«, sagte Cork, »nicht für mich. Ich bin völlig fertig.«
»Ich muss morgen früh arbeiten«, sagte Sonny.
»Na schön«, sagte Eileen. »Dann mach ich eben mir welchen. Nachdem ihr mich aus dem Bett geholt habt«, sie warf Cork einen vorwurfsvollen Blick zu, »kann ich jetzt eh nicht mehr schlafen.«
»Ach, Schwesterchen. Ich wollte doch nur Caitlin sehen und mit ihr frühstücken.« Cork ließ den Tisch los, an dem er sich mit beiden Händen festgehalten hatte, machte einen Schritt Richtung Spüle und stolperte. Sonny fing ihn gerade noch auf, bevor er zu Boden ging.
»Himmel Herrgott«, sagte Eileen, und zu Sonny: »Bring ihn ins
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