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Die Corleones

Die Corleones

Titel: Die Corleones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Edward; Puzo Falco
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Wenn Sonny seinem Vater in jener Zeit auf der Straße begegnete, rannte er zu ihm hinüber, nahm seine Hand und quasselte über alles, was einem Kind eben so durch den Kopf ging. Sonny bemerkte, wie sich die anderen Männer seinem Vater gegenüber verhielten, und er war stolz, denn sein Vater war ein hohes Tier mit eigenem Geschäft, und alle, wirklich alle, behandelten ihn mit Respekt, so dass sich Sonny, als er noch ein kleiner Junge war, fast wie ein Prinz vorkam. Der Sohn einer einflussreichen Persönlichkeit. Er war elf Jahre alt, als alles anders wurde – vielleicht nicht völlig anders, denn er hielt sich noch immer für einen Prinzen, wenn auch ganz anderer Art.
    Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, in Kelly O’Rourkes Apartment über dem Friseurladen, hinter dem vertrauten schwarzen Gitterwerk der Feuertreppen, streifte eine schemenhafte Gestalt den Vorhang und schob ihn ein kleines Stück auf, so dass Sonny einen hellen Lichtstreif sehen konnte und dann rosafarbene Haut und rote Haare. Plötzlich hatte er das Gefühl, an zwei Orten gleichzeitig zu sein: der siebzehnjährige Sonny, der zum Fenster von Kelly O’Rourkes Wohnung im ersten Stock hinaufblickte, und der elfjährige Sonny, der auf der Feuerleiter oberhalb eines Fensters mit zugezogenem Vorhang kauerte und in das Hinterzimmer von Murphy’s Bar hineinschaute. An jenen Abend konnte er sich nur allzu gut erinnern. Es war spät gewesen, vielleicht halb zehn oder sogar zehn Uhr. Er war gerade erst ins Bett gegangen, als sein Vater und seine Mutter eine Auseinandersetzung hatten. Nicht laut, Mama erhob in Papas Gegenwart nie die Stimme, und Sonny konnte auch nicht verstehen, was sie sagten – aber der Tonfall war unmissverständlich. Seine Mutter war aufgebracht und machte sich Sorgen, dann wurde die Tür geöffnet, fiel ins Schloss, und die Schritte seines Vaters waren auf der Treppe zu hören. Damals hielt noch niemand am Hauseingang Wache, niemand wartete in dem großen Packard oder dem schwarzen Achtzylinder-Essex, um seinenVater zu fahren. An jenem Abend beobachtete Sonny durch sein Fenster, wie Vito Corleone aus dem Haus trat, den Treppenaufgang hinunterstieg und Richtung Eleventh Avenue davonging. Bis sein Vater um die nächste Ecke bog, war Sonny angezogen und hastete die Feuertreppe hinunter.
    Er hatte bereits mehrere Straßenblocks hinter sich gelassen, bevor er sich auch nur fragte, was er überhaupt vorhatte. Wenn sein Vater ihn erwischte, würde es ordentlich Prügel setzen, und warum auch nicht? Er befand sich draußen auf der Straße, obwohl er eigentlich im Bett sein müsste. Er runzelte die Stirn und ging etwas langsamer, und fast wäre er umgekehrt. Doch dann gewann seine Neugier die Oberhand, und er zog sich seine Wollmütze fast bis zur Nase hinunter und folgte seinem Vater. Er huschte von Schatten zu Schatten, stets darum bemüht, ausreichend Abstand zu halten. Als sie in das Viertel überwechselten, wo die irischen Kinder wohnten, nahm seine Besorgnis spürbar zu. In dieser Gegend durfte er nicht spielen, und selbst wenn, hätte er es sich nicht getraut, denn hier wurden italienische Kinder verprügelt, und er hatte Geschichten von Kindern gehört, die sich hierher verirrt hatten und verschwunden waren, um erst Wochen später als Wasserleichen im Hudson wieder aufzutauchen. Einen Straßenzug vor ihm beschleunigte sein Vater seine Schritte, die Hände in den Hosentaschen und den Kragen seines Jacketts gegen den kalten Wind hochgestellt, der vom Fluss herüberwehte. Sonny folgte ihm, bis sie fast an den Piers waren, dann sah er, wie sein Vater unter einem gestreiften Vordach stehen blieb, direkt vor einem Aufsteller, auf dem der Schriftzug
Murphy’s Bar and Grill
prangte. Sonny schlüpfte in einen Ladeneingang, und als sein Vater in die Bar hineinging, hallten Gelächter und singende Männerstimmen zu ihm heraus und wurden sofort wieder leiser, wenngleich sie nicht ganz verstummten. Er überquerte die Straße, wobei er sich möglichst zwischen den Laternen hielt, und eilte von Ladenlokal zu Ladenlokal, bis er sich direkt gegenüber vom Murphy’s befand. Von dort aus konnte er durch ein schmales Fenster die dunklen Umrisse von Männern sehen, die sich über eine Theke beugten.
    Nachdem sein Vater verschwunden war, duckte sich Sonny an eine dunkle Häuserwand und wartete, doch kurz darauf eilte er auch schon weiter, spurtete über das Kopfsteinpflaster zur anderen Straßenseite hinüber und in eine von Abfällen übersäte

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