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Die Corleones

Die Corleones

Titel: Die Corleones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Edward; Puzo Falco
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einem Tritt in die nächste Ecke. »Los, mach hin.« Er deutete die Treppe hinauf und wartete, bis Willie in der Finsternis verschwunden war. »Allzu lange dauert es jetzt nicht mehr«, sagte er und zog sich in einen dunklen Winkel zurück.
     
    Sie aßen bereits seit einer Stunde, und Sandra hatte die ganze Zeit über nicht ein Wort gesagt. So blieb es Sonny überlassen, von seiner Familie zu erzählen, von seinen Plänen, seinen Träumen undwas ihm sonst noch so einfiel, während Mrs. Columbo ihm mehrmals Kalbfleisch
parmigiana
auftat. Sie befanden sich in der Wohnung eines Vetters von Mrs. Columbo, in ihrer alten Wohngegend, wo sie einige Tage blieben, während ihr Vermieter ihr Apartment in der Arthur Avenue renovierte. Die Mahlzeit wurde auf einem kleinen runden Tisch mit einer weißen Tischdecke serviert, der an einem großen Fenster stand, das auf die Eleventh Avenue und auf eine der wackligen Fußgängerbrücken über die Bahngleise hinausging. Als Sonny noch klein gewesen war, hatte er oft auf der Brücke gesessen und die Beine baumeln lassen, während die Dampflokomotiven unter ihm hindurchfuhren. Er überlegte, ob er Sandra davon erzählen sollte, wie ihm zum ersten Mal das Herz brach, als er zusammen mit der hübschen, neun Jahre alten Diana Ciaffone auf ebendieser Brücke saß und ihr seine Liebe gestand, während die Welt hinter einer Dampfwolke verschwand und ein Zug klappernd und brüllend unter ihnen hindurchraste. Er wusste noch immer, wie Dianas Schweigen sich angefühlt und wie sie den Blick abgewandt hatte, bevor sie dann wortlos aufgestanden und davongegangen war. Als er daran zurückdachte, musste er lächeln, und Sandra fragte: »Was ist, Santino?«
    Ganz erschrocken darüber, Sandras Stimme zu hören, deutete Sonny auf die Eisenbahnbrücke und antwortete: »Mir ist nur eingefallen, wie ich früher, als ich klein war, gerne auf dieser Brücke gesessen bin und den Zügen nachgeschaut hab.«
    »Ah! Die Züge!«, rief Mrs. Columbo aus der Küche herüber. »Immer die Züge! Möge mich der Herr verschonen!«
    Sandra erwiderte Sonnys Blick und lächelte über das gewohnheitsmäßige Grummeln ihrer Großmutter. Ihr Lächeln schien für Mrs. Columbo um Entschuldigung zu bitten und zu sagen:
So ist sie nun mal, meine Großmutter
.
    Mrs. Columbo kam mit einer Schüssel sautierte Kartoffeln aus der Küche und stellte sie vor Sonny. »Die hat meine Sandra gemacht.«
    Sonny rückte seinen Stuhl vom Tisch ab und faltete die Hände über dem Bauch. Er hatte gerade drei Portionen Kalbfleisch mitLinguine in Marinarasoße verzehrt, von allerlei Gemüse und einer ganzen gefüllten Artischocke gar nicht zu reden. »Mrs. Columbo«, erklärte er, »ich sage das nicht oft, aber ich schwöre, ich bekomm keinen Bissen mehr runter!«
    »
Mangia!
«, rief Mrs. Columbo aus, ließ sich auf ihren Stuhl fallen und schob die Schüssel Kartoffeln noch näher zu ihm hin. »Sandra hat sie extra für dich gemacht!« Wie immer war sie ganz in Schwarz gekleidet, obwohl ihr Mann schon seit über zehn Jahren tot war.
    Sandra sagte zu ihrer Großmutter: »
Non forzare
…«
    »Mich musste noch nie jemand zum Essen zwingen!«, fiel ihr Sonny ins Wort. Er stürzte sich auf die Kartoffeln und machte ein großes Aufhebens darum, wie köstlich sie waren, während Sandra und ihre Großmutter ihn anstrahlten – offenbar bereitete nichts auf der Welt ihnen mehr Freude, als ihm beim Essen zuzuschauen. Nachdem er die Portion aufgegessen hatte, hob er die Hände und sagte: »
Non piú! Grazie!
«, und lachte. »Wenn ich noch einen Bissen esse, platze ich.«
    »In Ordnung.« Mrs. Columbo deutete in das winzige Wohnzimmer, das sich an die Küche anschloss. Die einzigen Möbelstücke darin waren ein Sofa, das an der Wand stand, ein niedriges Tischchen und ein Polstersessel. Über dem Sofa hing ein Ölgemälde des leidenden Antlitzes Jesu, daneben ein weiteres Ölgemälde der Jungfrau Maria, den Blick voller Trauer und Hoffnung himmelwärts gerichtet. »Setzt euch«, sagte Mrs. Columbo. »Ich bringe den Espresso.«
    Als Mrs. Columbo vom Tisch aufstand, nahm Sonny ihre Hand. »Das Essen war großartig«, sagte er und hauchte einen Kuss auf ihre Finger. »
Grazie mille!
«
    Mrs. Columbo betrachtete Sonny misstrauisch und sagte noch einmal: »Setzt euch. Ich bringe den Espresso.«
    Im Wohnzimmer nahm Sandra auf dem Sofa Platz. Das marineblaue Kleid, das sie trug, reichte ihr gerade bis unter die Knie. Mit einer beiläufigen Handbewegung strich sie

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