Die Corleones
treffe ich dich mit Absicht, und wenn du mich triffst, du kleiner Trottel, dann bring ich dich um.«
Sean musterte seine Brüder einen Moment lang beunruhigt, dann lachten alle drei, als Sean endlich kapierte, dass Willie ihn auf den Arm nahm.
»Los, kommt«, sagte Donnie. An Sean gewandt fügte er hinzu: »Tu einfach, was wir dir sagen.«
Im Treppenhaus roch es nach Essig. Die vergilbende Farbe blätterte von den Wänden, und das Linoleum auf den Stufen war brüchig und hatte Löcher. Das Holzgeländer war breit und glatt, und die Pfosten waren rund, der Abstand zwischen ihnen gleichmäßig. Als sie die Tür zum Dach hinter sich schlossen, fanden sie sich in trübem Halbdunkel wieder – das einzige Licht kam von irgendwo unterhalb des Treppenabsatzes.
»Was ist das für ein Geruch?«, fragte Sean.
»Irgendein Putzmittel.« Donnie ging zwei Absätze nach unten und blieb zwischen zwei Türen stehen, eine auf jeder Seite des Flurs.
»Hier ist es.« Sean deutete auf die Tür links von ihnen. »Er kommt immer zwischen sieben und halb acht. Er benutzt den Vordereingang an der Third. Kurz darauf geht in den Fenstern das Licht an. Er verbringt einige Zeit für sich, und um halb zehn, zehn tauchen nach und nach seine Kumpels auf.«
»Dann müssen wir jetzt eine Dreiviertelstunde warten«, sagte Donnie. »Und du bist dir sicher, dass du in den anderen Wohnungen niemand gesehen hast?«
»Da ist nie eine Menschenseele rein- oder rausgegangen«, sagte Sean. »Und auch die Fenster waren immer dunkel.«
Willie trat einen Schritt zurück, als wäre ihm gerade etwas Überraschendes eingefallen. Zu Donnie sagte er: »Meinst du, ihm gehört das ganze Gebäude?«
»Er hat ein Lagerhaus an der Park Avenue, ein Haus auf Long Island und dieses Gebäude an der Third? Himmel«, sagte Donnie. »Der muss wirklich Kohle machen!«
»Die Bude taugt doch nichts. Alle Viertelstunde schütteln dir die Züge die Knochen durch.«
»Umso besser für uns, wenn hier niemand wohnt«, sagte Sean. »Müssen wir uns keine Sorgen machen, dass irgendein Musterknabe die Bullen ruft.«
»Tja, sieht so aus, als würden seine Jungs eine Leiche finden, wenn sie hier aufkreuzen«, sagte Donnie. An Willie gewandt fügte er hinzu: »Falls uns genug Zeit bleibt, schneid ich ihm vielleicht den Schwanz ab und stopf ihn ihm ins Maul.«
»Heilige Scheiße, Donnie!« Sean trat einen Schritt zurück. »Verwandelst du dich jetzt in eine blutrünstige Bestie?«
»Hör auf, dich wie ein Mädchen zu benehmen«, zischte Willie. »Das hat der Bastard mehr als verdient!« Zu Donnie sagte er: »Da würden die anderen Makkaronis ganz schön dumm aus der Wäsche glotzen, was?«
Donnie ließ seine Brüder am Fuß der Treppe zurück und schaute sich im Flur um. Durch die Milchglasscheibe über der Tür am Ende der Treppe, die von den unteren Stockwerken heraufführte, fiel Licht herein. Das andere Ende des Flurs war dunkel. Als er über das ausgebleichte Linoleum zu seinen Brüdern zurückkehrte, setzte er prüfend einen Fuß vor den anderen. Das Gebäude war ziemlich heruntergekommen. Luca Brasi war kein Al Capone, der in königlichem Luxus lebte. Trotzdem, ihm gehörten wahrscheinlich nicht nur dieser Bau, sondern auch das Haus auf Long Island und das Lagerhaus an der Park Avenue, und allem Anschein nach zahlte er Kelly die Miete, denn soweit Donnie wusste, hatte das Mädchen in ihrem ganzen Leben noch keinen einzigen Tag ehrlich gearbeitet – und sie war immerhin fünfundzwanzig. Also verdiente Brasi nicht schlecht, auch wenner kein Al Capone war. »Ihr beiden!«, sagte Donnie und deutete die Treppe hinauf Richtung Dach. »Ihr wartet da oben, außer Sichtweite. Wenn er vor dieser Tür steht, pump ich ihn mit Blei voll. Allerdings«, fügte er hinzu, »werd ich mir vielleicht einen Moment Zeit lassen, um ein Wörtchen mit ihm zu reden, bevor ich ihn zur Hölle schicke.«
»Ich würd ihm auch noch gern die Meinung sagen«, erwiderte Willie.
»Überlass das Reden mir«, sagte Donnie. »Ihr beide rührt euch nur, wenn was schiefgeht. Dann kommt ihr die Treppe runtergerannt, bevor irgendjemand kapiert, was los ist.«
Sean drückte sich die Hand auf den Bauch und sagte: »Himmel, Donnie, mir ist übel.«
Donnie legte ihm die Hand auf die Stirn. »Meine Fresse, du bist ja ganz klamm!«
»Der hat nur Schiss, sonst nichts«, brummte Willie.
»Klar hab ich Schiss. Hab ich doch gesagt!« Und an Donnie gewandt: »Ich muss immer an Kelly denken. Wenn sie rausfindet, dass
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