Die Corleones
hinzu.
Darüber musste Vito lachen. Ja, er hatte zusammen mit Clemenza aus einer vornehmen Villa einen Teppich gestohlen. Clemenza hatte ihm erzählt, der Teppich sei ein Geschenk, als Dankeschön für einen Gefallen, den Vito der reichen Familie getan hatte. Allerdings vergaß er zu erwähnen, dass die Familie von der ganzen Sache nichts wusste. »Los, komm schon«, sagte Vito zu Clemenza. »Gehen wir uns erst mal dein Haus anschauen.«
Richie Gatto, der noch immer am Tor Wache hielt, rief Vito etwas zu. Als Vito sich umdrehte, sah er, dass Richie neben derFahrertür eines weißen Lieferwagens stand. Auf dem Wagen prangte der rote Schriftzug
Everyready Furnace Repair
. Zwei stämmige Männer in grauen Overalls schauten zum Fenster heraus, sichtlich erstaunt über die vielen Männer, die sich auf dem Anwesen aufhielten. Gatto kam zu Vito herübergetrabt und sagte: »Die beiden behaupten, sie seien von der Stadt und müssten in deinem Haus den Heizkessel prüfen. Es würde nichts kosten.«
»In meinem Haus?«, sagte Vito.
»Ohne Termin?«, fragte Genco. »Die tauchen hier einfach so auf?«
»Die sind harmlos. Ich hab sie mir genau angeschaut. Die machen keinen Ärger.«
Genco sah zu Clemenza hinüber, und Clemenza klopfte Richies Jackett ab, um zu sehen, ob er eine Pistole dabei hatte.
Richie lachte und sagte: »Was denkst du denn? Dass ich vergesse, wofür du mich bezahlst?«
»Wollte nur auf Nummer sicher gehen«, erwiderte Clemenza und drehte sich zu Vito um. »Was soll’s. Lass sie den Heizkessel prüfen.«
»Sag Eddie, er soll bei ihnen bleiben«, sagte Vito zu Richie und hob den Finger. »Lasst sie nicht einen Moment im Haus allein,
capisc’
?«
»Klar«, sagte Gatto. »Ich lass sie nicht aus den Augen.«
»Gut.« Vito legte Clemenza die Hand auf den Rücken und führte ihn zu seinem Haus hinüber.
Außer Sichtweite übten Michael und Fredo im Garten hinter Vitos Haus Werfen. Tessio und Sonny standen in der Nähe und unterhielten sich, und Tessio rief den Jungen immer mal wieder etwas zu, meist um ihnen zu erklären, wie man einen Baseball warf oder fing. Connie spielte vor der Hintertür des Hauses mit Dolce – sie hielt einen kleinen Ast hoch, und die Katze schlug nach den Blättern. In der Küche, hinter Connie, war Tom mit Carmella allein geblieben, was nur selten vorkam. Mit irgendjemand allein zu sein, war im Haushalt der Corleones überhaupt die Ausnahme – immerkamen Verwandte und Freunde zu Besuch, und die Kinder rannten einem zwischen den Beinen herum. In der Küche standen noch keine Geräte, aber Carmella zeigte Tom, wo alles hinkommen würde. »Da drüben«, sagte sie und hob die Augenbrauen, »soll ein Kühlschrank hin.« Sie richtete den Blick auf Tom, um zu betonen, was sie sagte: »Ein elektrischer Kühlschrank.«
»Nicht übel, Ma.« Tom hockte rittlings auf einem der beiden wackligen Stühle, die er in die Küche getragen hatte – offenbar hatten die Arbeiter sie vergessen.
Carmella faltete die Hände und sah Tom eine Weile schweigend an. »Ich kann es noch immer nicht fassen«, sagte sie schließlich. »Du bist richtig erwachsen geworden.«
Tom setzte sich aufrecht hin und blickte an sich herunter. Er trug ein hellgrünes Hemd und hatte sich einen weißen, gerippten Pullover über die Schultern gelegt. Das hatte er den Jungs an der NYU abgeschaut. »Ich?«, erwiderte er. »Ich soll erwachsen sein?«
Carmella beugte sich zu ihm herab und kniff ihn in die Wange. »Immerhin gehst du aufs College!« Sie ließ sich auf den zweiten Stuhl fallen und seufzte, während sie sich wieder in der Küche umsah. »Ein elektrischer Kühlschrank«, flüsterte sie, als wäre schon allein die Vorstellung erstaunlich.
Tom wandte sich um und schaute durch die Tür mit dem bogenförmigen Sturz in das große Esszimmer hinüber. Für einen Augenblick sah er wieder das beengte Zimmer in der ärmlichen Wohnung vor sich, wo er mit seinen Eltern gelebt hatte. Aus dem Nichts tauchte das Bild von seiner Schwester auf. Sie war kaum aus den Windeln heraus, ihre Haare waren verstrubbelt, ihre Waden voller Schmutz, und sie wühlte in einem Kleiderhaufen auf dem Boden, auf der Suche nach etwas Sauberem zum Anziehen.
»Was hast du?«, fragte Carmella. Fast klang sie ein wenig wütend, aber Tom wusste, dass sie sich nur Sorgen machte.
»Was?«
»Woran denkst du gerade?«, fragte Carmella. »Was machst du denn für ein Gesicht!« Sie schüttelte den Kopf.
»Ich hab nur an meine Familie gedacht. Meine
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