Die Corleones
hätte er wegen irgendetwas seine Meinung geändert. Er ging zu Nicky hinüber, der noch immer auf dem Pflaster kniete, zog ihm die Pistole über den Kopf und hievte sich seinen bewusstlosen Körper über die Schulter. Nachdem er ihn in den Kofferraum geworfen hatte, stieg er ein, ließ den Wagen an und fuhr mit seinen Jungs langsam davon.
10.
Vito schaltete den schweren Essex einen Gang herunter, und der Achtzylinder grummelte, bevor er wieder gleichmäßig vor sich hin brummte. Vito fuhr durch Queens und bog gerade vom Francis Lewis Boulevard ab, auf dem Weg zu dem Anwesen auf Long Island, um mit seiner Familie zu picknicken. Carmella, die Connie auf dem Schoß hatte, saß neben ihm, und die beiden klatschten in die Hände und sangen: »
Backe, backe, Kuchen, der Bäcker hat gerufen!
« Sonny saß neben Carmella am Fenster, die Hände auf den Knien; mit den Fingern trommelte er eine Melodie, die nur er hörte. Michael, Fredo und Tom saßen auf der Rückbank. Fredo hatte endlich aufgehört, Fragen zu stellen, wofür Vito äußerst dankbar war. Der Essex bildete den mittleren Wagen eines Korsos. Vor ihnen fuhr Tessio mit einigen seiner Männer in einem schwarzen Packard, und Genco folgte ihnen in seinem alten Nash mit den großen, runden Scheinwerfern. Al Hats saß mit Genco auf der Rückbank, und Eddie Veltri, der ebenfalls zu Tessios Männern gehörte, fuhr. Vito trug legere Khakihosen und eine gelbe Wolljacke über einem blauen Hemd mit breitem Kragen. Für ein Picknick war das genau das Richtige, aber er kam sich trotzdem seltsam vor, als würde er nur Freizeit spielen.
Es war früh am Morgen, noch nicht einmal zehn Uhr. Der Tag war ideal für einen Ausflug, der Himmel blau und wolkenlos, das Wetter mild. In Gedanken kehrte Vito jedoch immer wieder zu seinen Geschäften zurück. Luca Brasi hatte zwei von Cinquemanis Jungs umgelegt, und ein dritter, Nicky Crea, wurde seit Tagen vermisst. Vito wusste nicht, inwieweit das ihn und seine Familie berührte, aber er würde es wohl bald herausfinden. Mariposa hatte ihn gedrängt, mit Luca Brasi zu verhandeln, etwas, das er sonst nie getan hätte. Und jetzt dieser Schlamassel! Eigentlich gab es keinen Grund, warum Mariposa ihn dafür verantwortlich machen sollte, aber Giuseppe war dumm, und somit war alles möglich. Vito war sich darüber im Klaren, dass es nur eine Frageder Zeit war, bis er sich Mariposa vornehmen musste. Es gab da verschiedene Möglichkeiten, an denen er arbeitete, und diese gingen ihm fortwährend durch den Kopf, während er Tessio hinterherfuhr. Er hatte inständig gehofft, sie könnten ihr neues Anwesen beziehen, bevor der Ärger losging, aber die Bauarbeiten nahmen mehr Zeit in Anspruch als vorgesehen. Für den Augenblick vertraute er darauf, dass Mariposa und seine Capos noch eine Weile mit Rosario LaConti beschäftigt sein würden.
»Ist es das?«, fragte Fredo.
Vito war gerade hinter Tessio in die lange Einfahrt des Grundstücks eingebogen. Rotgoldene Blätter flatterten von den Bäumen herunter, die den Weg säumten.
»Schaut euch die ganzen Bäume an!«, rief Fredo.
»Was hast du denn erwartet?«, sagte Michael. »Schließlich sind wir hier auf dem Land.«
»Ach, halt die Klappe, Mikey.«
Sonny wandte sich um und maulte: »Könnt ihr beiden vielleicht mal aufhören?«
»Ist das die Mauer?«, fragte Fredo und kurbelte das Fenster herunter. »Ist das die Schlossmauer, von der du erzählt hast, Mama?«
»Ja, das ist sie«, antwortete Carmella. Zu Connie sagte sie: »Schau! Wie ein Schloss!«
»Die hat aber ganz schön viele Lücken«, sagte Michael.
»Sie ist ja auch noch nicht fertig, du Besserwisser«, erwiderte Tom.
Vito parkte den Wagen hinter Tessio, und Eddie hielt mit dem Nash neben ihm. Clemenza wartete am Tor – oder jedenfalls dort, wo das Tor sein würde, wenn alles fertig war. Er stand, an den Kotflügel seines Wagens gelehnt, neben Richie Gatto, der sich eine Zeitung unter den Arm geklemmt hatte. Clemenza, der an einem Becher Kaffee nippte, sah in Freizeitkleidung massiger aus als sonst, vor allem im Vergleich zu dem sehnigen Gatto. Kaum hatte der Essex angehalten, sprangen Sonny und die Jungen hinaus. Vito dagegen ließ sich noch einen Moment Zeit und bewunderte die hohe Steinmauer, die das ganze Grundstück umgab und stellenweise drei Meter hoch war. Die Guilianos hatten sieerrichtet, eine Familie, die seit Jahrhunderten mit Stein arbeitete. Die kunstvolle Mauer war mit einem Betonsims gekrönt, aus dem
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