Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
eine der Glastüren aufhalten konnte.
„Du musst nicht bleiben“, sagte sie zu ihm, als sie an ihm vorbei nach drinnen ging.
Aus Toms Büro am anderen Ende des Flurs waren laute Geräusche zu hören – eine Frau, die abwechselnd schluchzte und jammerte, und ein Hund, der aufgeregt bellte.
Steven reagierte nicht auf ihre Bemerkung, während Melissa resigniert seufzte. Seite an Seite eilten sie zum Büro des Sheriffs.
Als sie eintraten, drehte sich Velda Cahill zu ihnen um, die sich über irgendetwas schrecklich aufgeregt hatte. Ihr Blick wanderte an Melissa vorbei zu Steven, der hinter ihr in der Tür stehen geblieben war.
„Sie müssen meinem Jungen helfen!“, rief sie. Es musste sich herumgesprochen haben, dass er Strafverteidiger war.
Melissa versteifte sich leicht, doch das war auch schon der einzige erkennbare Hinweis darauf, dass sie wusste, was kommen würde. Seltsamerweise hatte sie es schon die ganze Zeit über gewusst: Byron Cahill war nach seiner Entlassung nicht lange auf dem rechten Weg geblieben. Spätestens am Morgen würde sie Anklage wegen bewaffneten Raubüberfalls gegen ihn erheben.
Während sich Steven leise mit Velda unterhielt, versuchte Melissa gar nicht erst, das Gespräch zu belauschen. Stattdessen sah sie kurz zu Tom Parker, dann drehte sie sich zu den altmodischen Arrestzellen im hinteren Teil des Büros um.
Byron saß in einer der Zellen, den Kopf nach vorn gebeugt, die Hände auf die Knie gelegt. Elvis saß vor der Zelle und beobachtete ihn aufmerksam.
„Was ist passiert?“, fragte Melissa Tom, ohne Byron aus den Augen zu lassen. Eine unheilvolle Vorahnung sagte ihr, dass sie und Steven sich bei der kommenden Auseinandersetzung gegenüberstehen würden.
Aber sie waren gefühlsmäßig miteinander verbunden, und darum konnten sie nicht vor Gericht gegeneinander antreten. Entweder übernahm sie die Anklage, oder Steven verteidigte Byron Cahill, aber beides zugleich war nicht möglich. Einer von ihnen würde sich aus dem Fall zurückziehen müssen.
Und das würde nicht sie sein, so viel stand fest.
15. KAPITEL
T om stand neben Melissa, die durch die Gitterstäbe hindurch Byron Cahill musterte, und berichtete, was vorgefallen war, nachdem er auf dem Parkplatz der Grange Hall mit Martine gesprochen hatte. Auf dem Weg zum Stop & Shop, wo er mit der Begutachtung des Tatorts seine Ermittlungen hatte beginnen wollen, wäre er fast von Mrs Cahills Wagen gerammt worden, als dieser aus einer Seitenstraße geschossen kam.
Tom hatte das mobile Blaulicht auf das Dach seines Privatwagens gesetzt und die Verfolgung des anderen Wagens aufgenommen, wobei er sich gewünscht hätte, auch über eine Sirene zu verfügen.
Der Fahrer war nicht langsamer geworden, und wäre Byron nicht einer Katze ausgewichen, die unvermittelt über die Straße gelaufen war, dann hätte er den Wagen seiner Mutter nicht in den Graben gefahren und die Verfolgungsjagd würde noch immer andauern.
„Ich habe nichts Verbotenes gemacht“, erklärte Byron und hob endlich den Kopf, um sie alle mit einem so verzweifelten Gesichtsausdruck anzusehen, dass Melissa das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen.
„Du hast nicht angehalten, als ich hinter dir war und das Blaulicht eingeschaltet hatte“, machte Tom ihm klar.
„Ich hatte Angst! Ich wusste, dass Sie mir nicht glauben würden!“
„Weißt du, warum ich dir nicht glaube, Byron?“, fragte Tom in fast freundlichem Tonfall. „Weil du nicht nur versucht hast, mir zu entkommen, sondern weil im Kofferraum des Wagens eine Skimaske und ein Rucksack voll mit Fünfern, Zehnern und Zwanzigern lagen.“
Melissa verschränkte die Arme vor der Brust. Sie wollte nicht, dass das stimmte. Andreas und Veldas wegen hatte sie gehofft, Byron würde sich nicht in Schwierigkeiten bringen und einen echten Neuanfang versuchen. Nun sprach alles dagegen.
„Wenn du nicht das Stop & Shop überfallen hast“, warf sie ein und musterte Byron, „wer war es dann?“
Elvis winselte leise, als hätte er Mitgefühl mit dem Verhafteten.
„Das weiß ich nicht“, antwortete Byron und sah zur Seite.
Die Jahre in ihrem Job hatten Melissa darin geschult, eine Lüge zu erkennen, wenn sie ihr aufgetischt wurde. Dass Byron Cahill nicht die Wahrheit sagte, war offensichtlich.
„Haben wir einen Fall?“, wollte Tom wissen.
Zwar war es eine rhetorische Frage, dennoch entgegnete Melissa müde: „Ich fürchte, den haben wir. Ich werde morgen früh formell Anklage erheben. Da Mr Cahill
Weitere Kostenlose Bücher