Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
anzuhören.
„Bei ihm zu Hause“, brachte sie heraus und schaffte es nur mit Mühe, Melissa in die Augen zu sehen.
„Das dürfte Velda aber gefallen haben“, merkte Melissa an.
„Sie war arbeiten“, gab Andrea zurück. „Byron und ich waren allein. Etwa um halb zehn rief Velda aus der Cocktaillounge an und sagte Bescheid, dass sie sich nicht wohlfühle und sich auf den Heimweg mache. Byron solle sie abholen, und das war der Moment, als er feststellte, dass der Wagen verschwunden war.“
„Verschwunden? Meinen Sie gestohlen?“
„Byron wusste, wer den Wagen genommen hatte. Es war dieser Loser Nathan. Er hängt in letzter Zeit oft bei den Cahills rum. Byron kennt ihn noch von früher. Er sagte, dass er irgendwo unterkommen müsse, und ich vermute, Byron hatte Mitleid mit ihm.“ Andrea warf den Kopf leicht in den Nacken, um ihr Haar nach hinten zu schütteln. Das war ein gutes Zeichen, da es Melissa zeigte, dass die junge Frau allmählich zu ihrem gewohnten, beseelten Ich zurückkehrte. „Dieser Nathan ist eine falsche Schlange. Ein paarmal hat er mich angesprochen, ob ich ihm etwas Geld leihen könne, aber ich habe ihn jedes Mal abblitzen lassen. Und er prahlt damit, dass er wegen seines blauen Auges Deputy Ferguson verklagen und vom County Schmerzensgeld bekommen wird, damit er mit der Geschichte nicht an die Öffentlichkeit geht …“ Sie hielt inne, atmete tief durch und sprach dann weiter: „Von Deputy Ferguson hat er das Veilchen nicht, sondern von Velda.“
Das hörte sich so verrückt an, dass es durchaus die Wahrheit sein konnte. „Von Velda?“, fragte Melissa interessiert und zugleich voller Unbehagen. „Warum denn?“
„Sie hat ihn dabei erwischt, wie er ihre Handtasche durchwühlt hat. Byron und ich waren nicht da, aber sie hat uns später erzählt, dass sie ihm eine gelangt hat, weil er auch noch frech wurde. Und dann hat sie ihn rausgeschmissen. Aber natürlich kam er zurück, und Velda ließ ihn noch eine Weile im Wohnwagen unterkommen, weil sie meinte, die Polizei hätte es auf ihn abgesehen.“
„Wollten Sie mir das irgendwann erzählen?“, fragte Melissa gereizt. „Nathan Carters Behauptungen könnten nämlich Deputy Fergusons Karriere und vielleicht sogar sein Leben ruinieren.“
„Wir wussten nicht, dass er das dem Deputy angehängt hatte, bis er damit zu prahlen begann“, gab Andrea ein wenig schnippisch zurück. „Ich hätte schon nicht zugelassen, dass Deputy Ferguson die Schuld in die Schuhe geschoben bekommt. Und Byron hätte das auch nicht mitgemacht. Byron ist kein schlechter Mensch, Melissa.“
„Ich möchte das ja gern glauben“, erwiderte Melissa.
„Aber Sie tun es nicht“, sagte Andrea ihr auf den Kopf zu, während ihr erneut die Tränen kamen. Melissa antwortete nicht, woraufhin die junge Frau verzweifelt fortfuhr: „Verstehen Sie denn nicht? Nathan Carter hat den Überfall begangen, nicht Byron!“
Das klang durchaus überzeugend, hatte jedoch einen kleinen Schönheitsfehler. Nicht Nathan hatte versucht, mit dem erbeuteten Geld aus Stone Creek zu entkommen, sondern Byron. Und er hätte vermutlich nicht angehalten, wäre er nicht im Graben gelandet.
„Warum saß er dann am Steuer von Veldas Wagen, Andrea?“, fragte Melissa, nachdem sie ihre Gedanken wieder geordnet hatte. „Wenn Nathan den Überfall begangen und dabei eine Skimaske getragen hat, warum wollte Byron dann der Polizei entkommen?“
„Das weiß ich nicht.“
„Das wissen Sie also nicht“, wiederholte Melissa.
„Als Byron gesehen hat, dass der Wagen seiner Mom weg war, hat er mir gesagt, ich soll zu mir nach Hause fahren und da bleiben. Er hat gespürt, dass es Ärger geben würde, und er wollte nicht, dass ich da hineingezogen werde.“
„Und dann sind Sie nach Hause gefahren? Einfach so?“ Melissa hatte ihre Zweifel an dieser Geschichte, denn die Andrea, die sie kannte, ließ sich nicht gern Vorschriften machen.
„Ja“, erwiderte sie mit Nachdruck. „Byron war wirklich außer sich, und ich bekam Angst. Nicht vor Byron, sondern vor dem, was
ihn
so erschreckt hat.“
„Und Sie sind in Ihrer Wohnung geblieben, nachdem Byron Sie nach Hause geschickt hat?“
Andrea biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. „Nein. Die Crockett-Schwestern hatten im Polizeifunk von dem Raubüberfall gehört, und sie konnten es gar nicht abwarten, mir brühwarm zu erzählen, dass Sheriff Parker und alle seine Deputys auf der Jagd nach Byron waren. Ich geriet in Panik und fuhr
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