Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
jungen Mannes und stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. Reflexartig begann er, den Hund zu streicheln, was ihn aber nicht davon abhielt, den Sheriff anzuschauen, als wollte er ihn mit seinen Blicken durchbohren.
Tom hatte sich lässig auf eine Ecke seines großen Schreibtischs gesetzt und machte eine unbeeindruckte Miene. Ursprünglich hatte Steven ihn als ziemlichen Bauerntrampel eingeschätzt, doch von dieser Meinung war er mittlerweile abgerückt. „Ich schätze, die meisten Leute in Stone Creek dürften deiner Meinung sein, wenn sie wüssten, dass ich dir angeboten habe, eine Weile bei mir auf der Veranda zu übernachten.“
„Warum sollte ich das machen?“, fuhr Byron ihn an. Als sich Andreas Griff um seine Schultern sichtlich verkrampfte, streifte er ihre Finger ab.
Tom sah zu Steven, der nickte und sich räusperte. „Byron“, begann er vorsichtig. „Ihre Mutter wurde verletzt …“
Der Junge sprang so abrupt auf, dass der Stuhl umkippte und sowohl Andrea als auch Elvis einen Satz nach hinten machten. „Was ist mit meiner Mom?“, wollte er wissen. „Wie schlimm …“
Beschwichtigend hob Steven beide Hände. „Das kommt alles wieder in Ordnung, Byron. Sie behalten sie noch für ein paar Tage im Krankenhaus, um sie zu beobachten, aber sie darf bald wieder raus.“
„Das war
er
, nicht wahr? Das war dieser verdammte Hurensohn Nathan Carter!
Er
hat meiner Mutter wehgetan!“
Melissa ging zu Andrea, die zitternd und mit aufgerissenen Augen dastand, und legte einen Arm um ihre Schultern, um sie tröstend zu drücken und sie festzuhalten, damit sie nicht zusammenbrach.
„Das ist jedenfalls das, was sie Deputy Ferguson erzählt hat, als er sie letzte Nacht ins Krankenhaus brachte“, erklärte Tom leise und nachdrücklich, während er Byron aufmerksam beobachtete. Genau wie Steven war er darauf gefasst, den Jungen zu überwältigen, sollte dessen Temperament mit ihm durchgehen. „Velda hat ein paar angebrochene Rippen, zwei blaue Augen und eine Platzwunde an der Lippe. Wenn sie eines nicht gebrauchen kann, dann ist das irgendeine Aktion von dir, mit der du dich nur wieder in Schwierigkeiten bringst.“
Byron beruhigte sich ein wenig, aber es genügte noch nicht, um Tom und Steven Entwarnung zu geben. Er fluchte leise und fuhr sich durch sein zerzaustes Haar, während ihm vor Wut Tränen in die Augen stiegen.
„Sie müssen doch gewusst haben, dass Nathan den Raubüberfall begangen hat“, sagte Steven mit ruhiger Stimme. „Warum haben Sie mir oder Tom nichts davon gesagt?“
Byron schien in sich zusammenzusinken, während er sich wieder auf seinen Stuhl setzte. Dann sah er Andrea so voller Sorge an, dass sogar Steven gerührt reagierte. „Das hätte ich schon noch gemacht, wenn der richtige Moment gekommen wäre“, antwortete er schließlich. „Aber ich saß hier fest, und Carter war irgendwo da draußen, wo er tun und lassen konnte, was er wollte. Ich hatte Angst um die Menschen, die mir wichtig sind.“
„Werden Sie mir denn jetzt sagen, wohin Sie letzte Nacht wollten, als Sie vor Sheriff Parker davonfuhren und im Graben gelandet sind?“ Vielleicht kannte Tom inzwischen die Antwort darauf, aber Steven tappte nach wie vor im Dunkeln.
Byron streichelte Elvis einen Moment, bevor er antwortete: „Ich bin einfach in Panik geraten. Ich wusste nicht, wohin ich fahren sollte. Ich wollte einfach nur verschwinden und mich irgendwo verstecken, damit ich nicht zurück ins Gefängnis muss.“
„Ich kann verstehen, warum du in Panik geraten bist“, gab Tom zurück und überraschte alle Anwesenden mit so viel Verständnis. Er hielt kurz inne, seufzte leise und fuhr dann fort: „Ich habe eine Suchmeldung rausgegeben, damit alle nach Carter Ausschau halten, und wir werden ihn auch erwischen. Aber es ist mein Job und der meines Departments, ihn zu schnappen und zurückzubringen, und nicht deiner, Byron. Falls du versuchst, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, bist du schneller wieder im Gefängnis, als du es dir vorstellen kannst, weil du im harmlosesten Fall nur gegen deine Bewährungsauflagen verstößt.“
Byron schluckte angestrengt und nickte. Gleichzeitig löste sich Andrea aus Melissas Arm und ging zu ihm, um ihm abermals eine Hand auf die Schulter zu legen. „Du solltest vorläufig bei Sheriff Parker bleiben“, sagte sie sanft zu ihm. „Es ist ein gutes Angebot, das er dir da macht, Byron. Er versucht, dir zu helfen.“
Ein schiefes Lächeln zeichnete sich auf Toms Gesicht ab.
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